OGH 7Ob34/94

OGH7Ob34/9418.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ilse H*****, vertreten durch Dr.Josef Hofer, Rechtanwalt in Wels, wider die beklagte Partei W***** Versicherung Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Zamponi, Weixelbaum & Partner, Rechtsanwälte OEG in Linz, wegen S 400.000,- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 27.Mai 1994, GZ 4 R 265/93-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4.September 1993, GZ 8 Cg 58/92-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

17.550 (darin enthalten S 2.925 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin ist die Begünstigte aus einer Lebensversicherung mit Unfalltod-Zusatzversicherung, die Ing.Franz H***** bei der beklagten Partei abgeschlossen hatte. Der Versicherung lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Unfall- und Fluggastunfallversicherung (U/Flug 1975) zugrunde. Ing.Franz H***** erlitt am 20.7.1989 mit einem von ihm gelenkten PKW einen Unfall, an dessen Spätfolgen er am 9.1.1990 verstarb.

Die Klägerin begehrte die Zahlung der Versicherungssumme von S 400.000 als Leistung aus der Unfalltod-Zusatzversicherung.

Die beklagte Partei wendete ein, daß eine Bewußtseinsstörung des Ing.Franz H***** zum Unfall geführt habe, so daß der Ausschlußtatbestand des Art 3 II Z 6 der U/Flug 1975 vorliege.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Nach seinen Feststellungen ist es nicht erwiesen, daß der Gefäßverschluß der Halswirbelsäulenarterie, die nach den Behauptungen der beklagten Partei die Bewußtseinsstörung verursacht haben soll, bereits vor dem Unfall eingetreten ist. Vielmehr sind die Schädigung der Arterie und die daraus resultierenden Durchblutungsstörungen des Gehirns auf die schwere Schleuderverletzung der Halswirbelsäule zurückzuführen, die Ing.Franz H***** durch das Unfallsgeschehen erlitten hat. Der Beifahrer im verunglückten PKW hatte entgegen den Behauptungen der klagenden Partei bei Ing.Franz H***** vor dem Unfall keine Bewußtseinsbeeinträchtigung oder Störungen des Erinnerungs- und Sprachvermögens festgestellt. Ing.Franz H***** hatte zu seinem Beifahrer auch nicht gesagt, daß ihm schlecht oder "schwarz vor den Augen" geworden sei. Der geltend gemachte Ausschließungsgrund liege daher nach Ansicht des Erstgerichtes nicht vor.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil. Der Beweis- und Mängelrüge der beklagten Partei hielt es entgegen, daß selbst bei Richtigkeit der Behauptung der beklagten Partei, dem Versicherten sei vor dem Unfall schlecht und schwarz vor den Augen geworden, kein Indiz für eine Bewußtseinsstörung im Sinn des Art 3 II Z 6 der U/Flug 1975 vorliege. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine ausreichende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Eingrenzung des Begriffes der Bewußtseinsstörung fehle.

Die Revision der beklagten Partei ist jedoch entgegen dieser Ansicht mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits mehrfach mit dem in Art 3 II Z 6 U/Flug 1975 bzw in Art 3 III Z 7 der AUVB 1965 und Folgebestimmungen enthaltenen Begriff der unfallskausalen Bewußtseinsstörung - wenn auch vor allem im Zusammenhang mit einer Alkoholsierung - befaßt. Das Gericht zweiter Instanz hat die Grundsätze dieser Entscheidungen und der darin zitierten Lehre richtig angewandt (vgl SZ 61/176 mwN; Prölss-Martin, VVG25 2042 f mwN).

Das Gericht zweiter Instanz hat auch in Übereinstimmung mit einhelliger Judikatur und Lehre zutreffend ausgeführt, daß der behauptete Ausschluß vom Versicherer zu beweisen ist. Ob die vorliegenden Umstände eine Bewußtseinsstörung und deren Kausalität für den Unfall indizieren, ist von der jeweiligen konkreten Situation abhängig und verbietet daher eine generelle Aussage. In der Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz, daß die bloße - im vorliegenden Verfahren im übrigen bislang nicht als erwiesen angenommene - Tatsache, daß einem PKW-Lenker schlecht und "schwarz" vor den Augen wird, noch nicht zur Annahme hinreiche, der Lenker habe eine Bewußtseinsstörung erlitten und sei derart beeinträchtigt, daß das Geraten in einen Schleudervorgang und der Anprall an die Leitlinie nach allgemeiner Lebenserfahrung nur damit erklärbar wäre, - sodaß ein Beweis des ersten Anscheins nicht vorliege und die Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr nicht gegeben seien - , kann eine krasse Fehlbeurteilung dieses Einzelfalles nicht erblickt werden.

Da die klagende Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision aus dem ausgeführten Grund hingewiesen hat, stehen ihr gemäß §§ 41 und 50 ZPO die Kosten für diesen Schriftsatz zu.

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