Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Zollwachebeamte Walter P***** und der chinesische Staatsangehörige Zhi Hao C***** des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, der Angeklagte C***** als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB, schuldig erkannt und zu bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen verurteilt.
Danach haben sie in Klingenbach, und zwar
1. Walter P***** in der Zeit vom 12.November bis zum 30.Dezember 1989 zu wiederholten Malen als Zollwachebeamter der Grenzkontrollstelle Klingenbach mit dem Vorsatz, den Staat an seinem konkreten Recht auf kontrollierte Einreise ausländischer Staatsangehöriger ins Bundesgebiet zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er zumindest 27 Sichtvermerke für chinesische Staatsangehörige ausstellte, ohne in jedem einzelnen Fall die Identität des jeweiligen Sichtvermerkwerbers mit der im Reisepaß eingetragenen Person, dessen persönliche Verhältnisse sowie die Voraussetzungen für eine gesicherte Wiederausreise des Sichtvermerkwerbers zu prüfen;
2. Zhi Hao C***** am 30.Dezember 1989 dadurch, daß er gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Hongwei Z***** den Walter P***** durch Anbieten und Zahlen eines nicht mehr näher festzustellenden Entgeltes zu zumindest einer der im Punkt 1. angeführten Straftaten veranlaßte, den Genannten zur Ausführung des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt bestimmt.
Rechtliche Beurteilung
Die Angeklagten bekämpfen die sie betreffenden Schuldsprüche mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, die sie nominell (der Angeklagte P***** bloß summarisch) jeweils auf die Z 5, 5 a, der Angeklagte C***** überdies auf die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO stützen; die Strafaussprüche fechten sie mit Berufung an.
Nach den wesentlichen erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen durften im Jahre 1989 auch die Beamten der Grenzkontrollstelle Klingenbach Sichtsvermerke für einreisewillige Fremde ausstellen, wobei diese - jeder für sich gesondert und eigenhändig - ein Antragsformular (allenfalls unter Mithilfe des Kontrollorgans) auszufüllen hatten. Vor Erteilung des Sichtsvermerks hatte der Beamte unter Anlegung eines strengen Maßstabes in jedem einzelnen Fall zunächst zu prüfen, ob nicht ein - die Einreise hindernder - Versagungsgrund nach § 25 Abs 3 lit b bis f PaßG 1969 vorlag (zB nach lit e leg. cit.: wenn die Wiederausreise des Fremden in rechtlicher und materieller - das heißt finanzieller - Hinsicht nicht gesichert war). Nur wenn kein solcher Sichtvermerksversagungsgrund vorlag, durfte der Beamte sodann im Rahmen des ihm eingeräumten (an und für sich großzügig handzuhabenden) freien Ermessens unter Berücksichtigung der im § 25 Abs 2 PaßG normierten Kriterien - nämlich der öffentlichen Interessen, insbesondere der wirtschaftlichen und kulturellen Belange, der Arbeitsmarktlage und der Volksgesundheit - den Einreisesichtvermerk erteilen.
In wissentlicher Mißachtung dieser maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen stellte der Angeklagte P***** als Zollwachebeamter der Grenzkontrollstelle Klingenbach in der Zeit vom 12.November bis zum 30. Dezember 1989 für 27 (in den Entscheidungsgründen - US 6 - namentlich genannte) chinesische Staatsangehörige, deren Reisepässe er sich vorher von Angehörigen einer chinesischen Schlepperbande (gesammelt) vorlegen ließ, (8-29 Tage gültige) Einreisesichtvermerke aus, ohne in jedem einzelnen Fall persönlich mit den einreisewilligen Fremden Kontakt aufzunehmen, ohne die Identität des jeweiligen Sichtvermerkswerbers anhand der im Reisepaß eingetragenen Personaldaten zu überprüfen und ohne zu erforschen, ob allenfalls ein Sichtsvermerksversagungsgrund vorlag. Insbesondere unterließ er es auch zu erheben, ob die Einreisewerber die für den Aufenthalt im Inland und für die Wiederausreise erforderlichen Geldmittel besaßen und ob Grund zur Annahme bestand, sie würden trachten, in Österreich eine Beschäftigung anzunehmen. Er hielt es dabei stets zumindest ernsthaft für möglich und fand sich auch innerlich damit ab, daß die Republik Österreich dadurch in ihrem konkreten Recht "auf kontrollierte Einreise ausländischer Staatsangehöriger bzw deren Zurückweisung im Falle des Vorliegens eines Sichtvermerksversagungsgrundes" (gemeint: in ihrem konkreten Recht, nur solche Ausländer einreisen zu lassen, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, insbesondere deren Wiederausreise in rechtlicher und materieller Hinsicht gesichert ist) geschädigt wurde.
Der Angeklagte Zhi Hao C***** - konstatierte das Erstgericht weiter - fuhr am 30.Dezember 1989 mit einem Taxi in die Nähe der österreichisch-ungarischen Grenze, nahm dort die Reisepässe des Yunchong H***** und des Changjing Z***** sowie von fünf weiteren (namentlich nicht mehr identifizierbaren) einreisewilligen chinesischen Staatsangehörigen an sich, legte sie samt den ausgefüllten Antragsformularen dem (Grenzdienst versehenden) Angeklagten P***** vor, der sodann gültig, jedoch inhaltlich rechtswidrig (wegen des Fehlens der materiellrechtlichen Voraussetzungen) die Einreisesichtvermerke ausstellte. Als Mitglied der Schlepperbande war sich der Angeklagte C***** bewußt, daß diese sieben Personen mittellos waren und die meisten von ihnen in Österreich eine Beschäftigung suchten, sie daher bei korrekter Amtsführung des Zollwachebeamten keine Sichtvermerke erhalten hätten. Ihm war nicht nur bekannt, daß Walter P***** grundsätzlich bereit war, unter Verletzung seiner Amtspflicht auf die geschilderte Weise Einreisebewilligungen zu erteilen, sondern es kam ihm geradezu darauf an, den Genannten zum Mißbrauch seiner Amtsbefugnis in den genannten sieben Fällen zu bestimmen. Er war sich ferner darüber im klaren, daß die von ihm angestrebte und über sein Ansinnen bewirkte Handlung des Walter P***** zu einer Schädigung des konkreten Rechtes der Republik Österreich führte.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P*****:
Unter der gebotenen Gesamtbetrachtung der (vorstehend wiedergegebenen) entscheidenden Urteilskonstatierungen gehen zunächst die unter Punkt I.1. der Beschwerdeschrift erhobenen Vorwürfe dieses Rechtsmittelwerbers fehl, denenzufolge das Erstgericht "das Gesetz unrichtig zitiert hat" und "weder § 25 Abs 4 lit. c. Paßgesetz 1969 noch eine andere Gesetzesstelle die auf S. 5, Absatz 1 des angeführten Urteiles getroffenen Feststellungen [wonach § 25 Abs 4 lit. c. Paßgesetz den Sichtvermerkswerber verpflichte, den Nachweis über den Besitz für den Aufenthalt im Bundesgebiet und der Wiederausreise erforderlichen Mittel zu erbringen, wobei mit Ausnahme der Fälle zwingender humanitärer Gründe die Behörden einen strengen Maßstab anzulegen hätten] zu tragen vermögen".
Wenngleich es zutrifft, daß sich diese bekämpfte (fallbezogen aber gar nicht relevante) Feststellungspassage in dieser Form nicht unmittelbar aus der angeführten Norm ergibt, sie vielmehr vom Schöffengericht aus Punkt B.1.c. der "Richtlinien für die Erteilung von Sichtvermerken" im Erlaß des Bundesministeriums für Inneres vom 28. Dezember 1970, Zahl 106000-24/70 (243 erster Absatz/II), entnommen wurde, bringen die sonstigen Entscheidungsgründe, die der Nichtigkeitswerber allerdings übergeht, unmißverständlich und rechtskonform zum Ausdruck (US 4 f), daß sowohl nach der zitierten Bestimmung des Paßgesetzes (vgl Hermann ua Paß-, Fremdenpolizei- und Asylrecht3 Anm 4 zu § 25) als auch nach dem angeführten Erlaß (243 letzter Absatz/II) zunächst (zwingend) - unter Anlegung eines strengen Maßstabes (vgl 243 dritter Absatz/II) - das Vorliegen eines allfälligen Sichtvermerksversagungsgrundes im Sinne des § 25 Abs 3 lit b bis f PaßG zu prüfen ist und für den Fall (aber auch nur dann), daß bei dieser Prüfung nicht bereits ein solcher Versagungsgrund hervorgekommen ist, eine (vom Beschwerdeführer ersichtlich gemeinte)
- großzügig zu handhabende (vgl 245 zweiter Absatz/II) - Ermessensentscheidung dahin zu treffen ist, ob von einem grundsätzlich vom Einreisewerber zu erbringenden Nachweis des Ausschlusses eines allenfalls dennoch weiterhin möglichen, aber noch nicht konkretisierten (weiteren) Versagungsgrundes abgesehen (§ 25 Abs 4 PaßG 1969) und sohin das begehrte Visum erteilt werden kann. Auf der Basis eben dieser dem Angeklagten P***** bekannten Rechtsvorschriften hat aber das Erstgericht - der Beschwerde zuwider
- mit mängelfreier Begründung dargelegt, daß der Beschwerdeführer als Grenzzollwachebeamter bei der ihm obliegenden grundsätzlichen Prüfung, ob ein gesetzlicher Versagungsgrund vorlag, vor Erteilung der 27 inkriminierten Einreisesichtvermerke im Wissen um die Pflichtwidrigkeit gehandelt hat (US 2 iVm US 6 f).
Mangels Festhalten am gesamten entscheidenden Tatsachensubstrat wird daher mit diesem Vorbringen weder ein formaler Begründungsmangel (Z 5) noch ein - der Sache nach allenfalls vermeintlicher - materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund (Z 9 lit a) prozeßordnungsgemäß dargetan.
Nicht zielführend sind ferner die unter Punkt I.2. angeführten Einwände:
Zum einen liegt es klar auf der Hand, daß es sich bei der (irrigen) Monatsbezeichnung "Juni" (US 6 fünfte Zeile) bloß um einen versehentlich unterlaufenen (unbeachtlichen und berichtigungsfähigen) Schreibfehler handelt, zumal im Spruch (US 1 f) der genaue Zeitraum und in den Gründen (US 6) die einzelnen tataktuellen Tage exakt angeführt sind. Zum anderen erfolgte der - auch unter Punkt I.4. der Beschwerdeschrift relevierte - Hinweis im Urteil (US 5 letzter Absatz) auf den Erlaß des Bundesministeriums für Inneres vom 15.März 1990, Zahl 81649/40-III/12/90 (ON 41/I), zwar zu Unrecht (dieser trat nämlich erst Monate nach dem Ende der aktuellen Tatzeit [30.Dezember 1989] in Kraft und wurde erst am 29.März 1990 an die Grenzkontrollstellen weitergegeben [419/I]), aber dessenungeachtet ohne Nachteil für den Nichtigkeitswerber, weil die Tatrichter aus der zitierten Passage erkennbar keine für ihn belastenden Schlüsse tatsächlicher oder rechtlicher Art gezogen haben, sodaß alle bezüglichen Beschwerdeargumente (einschließlich jener zu Punkt I.4.) als unbeachtlich auf sich beruhen können.
Soweit der Beschwerdeführer einerseits (unter Punkt I.3.) "die der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegte Annahme (US 7), es hätte eine gesetzliche Vorschrift bestanden, in jedem einzelnen Fall mit den einreisewilligen Fremden Kontakt aufzunehmen", als aktenwidrig rügt und andererseits vermeint, "die Feststellung ..., der Angeklagte habe in keinem einzigen Fall überprüft, ob ein Sichtvermerksversagungsgrund vorliegt", sei durch die Aktenlage nicht gedeckt (I.5.), verkennt er nicht nur das Wesen der Aktenwidrigkeit (vgl hiezu (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5 E 185), sondern übergeht zudem die (selbstverständliche) Tatsache, daß der kontrollierende Grenzbeamte naturgemäß nur dann in die Lage versetzt wird, seiner vorschriftsgemäßen (sich ua auch auf die Identität des Einreisewerbers mit der im Reisedokument beurkundeten Person und die finanziellen Voraussetzungen für die Wiederausreise erstreckenden) Prüfungspflicht nachzukommen, wenn er anhand eines vorgelegten Reisedokuments im persönlichen Kontakt mit dem jeweiligen Einreisewerber dessen Identität zweifelsfrei erkennen (§ 22 Abs 4 PaßG; 225, 231 f, 237 f/II; Hermann ua aaO Anm 7) und ihn über den Besitz der für den Aufenthalt in Österreich und für die Wiederausreise erforderlichen Mittel vernehmen kann. Kommt noch hinzu, daß laut dem zitierten Erlaß vom 28.Dezember 1970 ein Ansuchen um Erteilung eines Grenzsichtvermerkes in der Regel mündlich in Form einer Niederschrift (mit dem Einreisewerber) festzuhalten und das (dreisprachig aufgelegte) Antragsformular eigenhändig (bei Bedarf unter Anleitung und Mithilfe des Beamten) auszufüllen ist (235/II). Ob in den hier aktuellen Fällen beim (zeitlich nachfolgenden) Grenzübergang keine oder noch eine gesonderte Überprüfung der einzelnen Reisenden erfolgte, ist nach dem Gesagten daher unerheblich.
Was hingegen den weiteren Beschwerdevorwurf anlangt, genügt der Hinweis darauf, daß der Angeklagte bei seiner Vernehmung sowohl vor der Sicherheitsbehörde (271/I) als auch vor dem Untersuchungsrichter (483/I) selbst eingestanden hat, die Sichtvermerkswerber seien nicht am Grenzübergang anwesend gewesen, sondern hätten irgendwo anders gewartet; er persönlich habe die Antragsteller nicht gesehen, vielmehr habe ihm ein Kontaktmann mehrere Pässe und die Antragsformulare überreicht. In der Hauptverhandlung deponierte er, er habe "nichts überprüft" (431/II), und bekannte schließlich ein:
"Ich hätte das aber so [gemeint: vorschriftsgemäß] machen sollen und müssen" (469/II). Angesichts dieser Beweisgrundlagen kann demnach von der relevierten Aktenwidrigkeit keine Rede sein.
Da dem Angeklagten P***** lediglich in bezug auf die 27 namentlich angeführten chinesischen Sichtvermerkswerber Amtsmißbrauch vorgeworfen wird, mag es durchaus zutreffen, "daß er sich [in anderen Fällen] stichprobenweise Geld zeigen ließ". Den Urteilsannahmen widerspricht aber auch die - unter Punkt I.5. der Beschwerdeschrift erneut relevierte - Aussage des Zeugen Bingren C***** nicht, wonach er dem ihm bei Erlangung des Einreisevisums behilflich gewesenen "Chinesen" den Reisepaß und 500 holländische Gulden übergeben habe (81 f/I), bzw er ca 2.000 holländische Gulden und noch etwa 100 US-Dollar bei sich gehabt habe (470/II).
Mit dem Beschwerdehinweis, es sei "unrichtig, daß die Zeugin Xia Xu X***** (richtig: vgl 201 ff, 213 ff/I: Xiao Xue X*****) den Angeklagten P***** belastet bzw gewußt hat, daß Geld an den Zollwachebeamten geflossen sei", trachtet der Beschwerdeführer bloß einmal mehr auf unzulässige - demnach unbeachtliche - Art und Weise gleich einer gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung andere (für ihn günstigere) Schlüsse aus der (auch) ihn belastenden (vom Erstgericht ohnehin ausführlich und kritisch gewürdigten - US 12 f) Aussage der (Beschuldigten) Xiao Xue X***** (201 ff, ON 16/I) zu ziehen, ohne damit einen formellen Begründungsmangel aufzuzeigen (Z 5) oder erhebliche Bedenken gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung zu erwecken (Z 5 a).
Das unter I.6., 7. und 8. der Beschwerdeschrift enthaltene Vorbringen argumentiert gleichfalls am entscheidenden Urteilssachverhalt vorbei, demzufolge dem Angeklagten P***** keineswegs - wie der Beschwerdeführer irrig vermeint - Mißbrauch der Amtsgewalt bei Ausübung des freien Ermessens angelastet wird, sondern - wie dargelegt - mit einwandfreier Begründung allein die amtsmißbräuchliche Ausstellung von 27 Sichtvermerken, ohne sich vorher im Sinne der maßgebenden Bestimmungen bei der zwingend anzustellenden Erstprüfung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der gesetzlichen Sichtvermerksversagungsgründe Gewißheit verschafft zu haben. Im Rahmen dieser Vorprüfung war aber für die Ausübung freien Ermessens kein Raum (vgl erneut Hermann ua aaO Anm 4). Soweit diese Beschwerdeausführungen - der Sache nach - teilweise als Rechtsrüge (Z 9 lit a) gedeutet werden könnten, verfehlt der Beschwerdeführer jedoch mangels Festhalten am entscheidenden Urteilssachverhalt eine gesetzmäßige Ausführung des (vermeintlichen) materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes.
Entgegen dem Beschwerdeeinwand (I.8.) hat das Erstgericht in einer Gesamtschau aller relevanten Verfahrensergebnisse sowie unter Verwertung des von den Beteiligten gewonnenen persönlichen Eindrucks die für das aktuelle Erscheinungsbild des Verbrechens des Amtsmißbrauchs erforderliche Vorsatzkomponente in Form der Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) in bezug auf den Befugnismißbrauch mit zureichender (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), denkmöglicher, lebensnaher und plausibler Begründung aus dem äußeren Tatgeschehen bzw aus dem nach außen hin in Erscheinung getretenen Verhalten des Beschwerdeführers erschlossen (US 6 ff). Bei dem als "widersprüchlich" gerügten Satz im letzten Absatz der Urteilsseite 14 hinwieder handelt es sich um keine Tatsachenfeststellung, sondern lediglich um eine (mit der Z 5 unanfechtbare - Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 E 2, 26, 34) angeführte Erwägung des Schöffenerichtes, warum es unter den gegebenen Umständen ausschloß, daß gerade dem Beschwerdeführer die qualifizierte Vorsatzform der Wissentlichkeit gefehlt haben sollte.
Die weiteren Beschwerdeargumente (I.9.) schließlich ergehen sich bloß in spekulativen und hypothetischen Überlegungen über (fallbezogen) nicht entscheidende, weil die Lösung der Schuldfrage nicht berührende Umstände (so etwa über das Tatmotiv des Angeklagten, die Höhe der ihm zugekommenen Geldbeträge, die ordnungsgemäß erfolgte Ablage der Antragsformulare sowie über im Jahre 1991 anläßlich eines Verkehrsunfalls erlittene schwere Verletzungen), die weder für sich allein noch im Zusammenhang mit dem übrigen Beschwerdevorbringen geeignet sind, einen formellen Begründungsfehler aufzuzeigen (Z 5) oder/und sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken (Z 5 a).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten C*****:
Zu Unrecht behauptet dieser Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge (Z 5), das Urteil gründe sich "in maßgebenden, entscheidenden Tatsachen auf Umstände, die nicht Gegenstand der Hauptverhandlungen waren", weil der Akteninhalt - mit Ausnahme des Hauptverhandlungsprotokolls ON 106 - in der Hauptverhandlung vom 22.Juni 1994 nicht verlesen worden sei.
Abgesehen davon, daß dieses Vorbringen die gebotene Substantiierung dahingehend vermissen läßt, auf welche nicht verlesene Aktenteile das Erstgericht welche entscheidenden Tatsachen gestützt hat, demnach dem Gebot der gesetzmäßigen Ausführung des relevierten Nichtigkeitsgrundes nicht gerecht wird (§ 285 a Z 2 StPO), übergeht der Nichtigkeitswerber, daß inhaltlich des (vollen Beweis machenden) Protokolls über die am 22.Juni 1994 gemäß § 276 a StPO (wegen Zeitablaufs) neu durchgeführte Hauptverhandlung (467/II), dessen Berichtigung der Beschwerdeführer im übrigen nicht beantragt hat, nicht nur das Hauptverhandlungsprotokoll vom 10.November 1993 (ON 106) verlesen, sondern gemäß § 252 Abs 2 StPO auch "die beantragten Verlesungen" (vgl hiezu Punkt 4. der Anklageschrift - 401/II -) vorgenommen wurden, die sich unter anderem auf die Anzeigen sowie auf die Erhebungen der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland beziehen. Überdies wurden im Verlaufe der Hauptverhandlungen vom Vorsitzenden beiden Angeklagten sowie den vernommenen Zeugen wiederholt Ergebnisse des Vorverfahrens vorgehalten (zB 431, 433 ff, 440 ff, 468, 470 ff/II). Solcherart sind aber die relevanten Ergebnisse des Vorverfahrens im Sinne des § 258 Abs 1 StPO tatsächlich zum Gegenstand der Hauptverhandlung geworden und durften somit im Urteil verwertet werden, weshalb die behauptete Nichtigkeit dem angefochtenen Urteil nicht anhaftet (Mayerhofer/Rieder aaO § 258 E 6 a f; § 285 Z 5 E 117 f).
Unberechtigt ist auch der weitere Beschwerdeeinwand der Aktenwidrigkeit, die nach Meinung des Beschwerdeführers darin gelegen sein soll, "daß sich aus den Hauptverhandlungsprotokollen kein einziger Hinweis ergibt", daß er den Angeklagten P***** zum Mißbrauch der Amtsgewalt angestiftet habe.
Eine Aktenwidrigkeit liegt indes nur dann vor, wenn der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 E 185), nicht aber, wenn der Beschwerdeführer prozeßordnungswidrig (und überdies unsubstantiiert) die - wie dargelegt - vom Schöffengericht aus der Gesamtheit der erhobenen Beweise (einschließlich der im Kern für glaubwürdig beurteilten auch den Angeklagten C***** belastenden Verantwortung der im Vorverfahren vernommenen Xiao Xue X***** - vgl 205 ff, ON 16, 533 ff/I iVm US 12 f und 15 f -) im Einklang mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen gezogenen Erwägungen übergeht, die die mängelfrei konstatierte Bestimmungstäterschaft des Beschwerdeführers zu tragen vermögen.
Es versagt aber auch die Tatsachenrüge (Z 5 a), in der erneut mit den (verfehlten) Argumenten der Mängelrüge sowie mit einzelnen aus dem Zusammenhang genommenen, isoliert betrachteten Sätzen über unwesentliche Details aus den Aussagen der Zeugen Rudolf L*****, Bingren C***** und der Beschuldigten X***** der Versuch unternommen wird, die belastenden Depositionen der Letztgenannten als unglaubwürdig abzuqualifizieren und den "gesamten Verfahrensergebnissen" die taugliche Sachverhaltsbasis für die angefochtenen Schuldsprüche abzusprechen. Solcherart vermag der Beschwerdeführer aber weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen, noch auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 a E 2).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entbehrt zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie nicht vom gesamten, mängelfrei begründeten und die Schuldsprüche der beiden Angeklagten in objektiver und subjektiver Richtung stützenden Tatsachensubstrat ausgeht, sondern bloß einzelne aus dem Zusammenhang gelöste Passagen des dem Urteil zugrunde gelegten Erlasses vom 28.Dezember 1970 (ON 72/II) berücksichtigt und auf diese Weise daraus den (verfehlten) Schluß zieht, daß mangels strafbaren Verhaltens des Angeklagten P***** auch der Angeklagte C***** freizusprechen sei. Um Wiederholungen zu vermeiden, genügt dazu der Hinweis auf die eingangs wiedergegebenen wesentlichen erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen, die der Beschwerdeführer rundweg übergeht, sowie auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P*****, bei welcher die - der Sache nach - gleichartigen Beschwerdeeinwände behandelt wurden.
Aus den dargelegten Gründen waren demnach die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 Abs 1 Z 1 und Z 2 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285 i StPO).
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