OGH 14Os161/94

OGH14Os161/9410.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Jänner 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Schaffer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Adolf F***** wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31.Mai 1994, GZ 12 a Vr 4.196/93-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der freischaffende akademische Maler (Bühnenmaler) Adolf F***** der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (1) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (2) schuldig erkannt und unter Bedachtnahme gemäß § 21 Abs 3 FinStrG auf ein früheres Urteil zu einer zusätzlichen Geldstrafe von 250.000 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt.

Darnach hat er in Wien vorsätzlich in mehreren Tathandlungen

1. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch die Abgabe unrichtiger Erklärungen über die Höhe seiner Umsätze und Einkünfte in den Kalenderjahren 1988 und 1989 bewirkt, daß bescheidmäßig festzusetzende Abgaben, nämlich Umsatz- und Einkommensteuer für diese Jahre zu gering festgesetzt und dadurch hinterzogen wurden, und zwar

im Jahr 1988 Einkommensteuer von ..... S 126.198,-

Umsatzsteuer von ........ S 25.600,-

im Jahr 1989 Einkommensteuer von ..... S 946.850,-

Umsatzsteuer von ........ S 172.150,-

2. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen von Umsatzsteuer für die Zeiträume Jänner bis Dezember 1990 und April bis Dezember 1991 in Höhe von S 174.730,- durch Nichtentrichtung bewirkt, wobei er diese Verkürzung nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten hat.

Rechtliche Beurteilung

Der Sache nach nur den Schuldspruch wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (1) bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Die Mängelrüge (Z 5) des Beschwerdeführers schlägt durch.

Der Angeklagte hat sich bereits im Abgabenverfahren (S 11), sodann beim Untersuchungsrichter (S 60) und in der Hauptverhandlung (S 93, 99, 101) darauf berufen, daß er einen Großteil der ihm in den Jahren 1988 und 1989 zugeflossenen "Subhonorare" an die Mitarbeiter seiner Arbeitsgruppe "weitergegeben" habe, und unter Hinweis darauf die "Forderungen" der Abgabenbehörde (gemeint: die bescheidmäßig festgestellte Einkommensteuer für 1988 und 1989) als überhöht bezeichnet (S 93, 96, 98, 101). Entsprechende Belege hat er dem Finanzamt allerdings trotz mehrfacher Aufforderung nicht vorgelegt und die Abgabenbescheide schließlich in Rechtskraft erwachsen lassen.

Das Erstgericht räumte ausdrücklich ein, daß diese Verantwortung des Angeklagten, einen Teil seiner Einkünfte weitergegeben zu haben, richtig sein mag (US 6, 7). Es führte jedoch aus, daß dies nichts an "seinem Verhalten" ändere, weil er diese Einnahmen jedenfalls der steuerlichen Behandlung zuzuführen gehabt hätte, die Folgen dieser Unterlassung daher selbst zu tragen habe und seine Weigerung, an der Feststellung seiner Steuerpflicht mitzuwirken, nicht zur Straffreiheit abgabendeliktischen Verhaltens führen könne (US 8).

Diese Begründung reicht zur Widerlegung der Verantwortung des Angeklagten deshalb nicht aus, weil sie sich nur auf die Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bezieht, die vom Beschwerdeführer ohnedies nicht bestritten worden ist. Sein Einwand betraf hingegen das objektive Tatbestandsmerkmal der Abgabenverkürzung und den darauf gerichteten Vorsatz, hat er doch damit der Sache nach zum Ausdruck gebracht, daß er in Ansehung der von ihm bloß für andere in Empfang genommenen und an diese weitergeleiteten Beträge seiner Auffassung nach nicht einkommensteuerpflichtig sei, weshalb insoweit von vornherein eine Abgabenverkürzung nicht hätte eintreten können.

Die aus den Abgabenbescheiden übernommenen Einkommensteuerbeträge wurden von der Finanzbehörde durch einfache Hinzurechnung der durch Kontrollmitteilungen bekannt gewordenen Honorare zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit neu ermittelt (S 9, 100 f). Grundlage der Einkommensteuer für Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs 3 Z 2 und Abs 4 Z 1 EStG) ist der Gewinn. Bei der Ermittlung des Gewinnes sind Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlaßt wurden, zu berücksichtigen (§ 4 Abs 4 EStG). Der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben darf dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden. Durchlaufende Posten, das sind Beträge, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt oder verausgabt werden, scheiden dabei aus (§ 4 Abs 3 EStG). Da die Verantwortung des Angeklagten gerade darauf hinauslief und die in den Finanzakten erliegenden Honorarnoten für das Jahr 1989 tatsächlich auf die Tätigkeit einer Arbeitsgruppe hinweisen, hätte das Erstgericht die Behauptungen des Angeklagten über die Annahme einer überhöhten Besteuerungsgrundlage durch das Finanzamt nicht als unerheblich abtun dürfen. Sollte der Angeklagte in den Jahren 1988 und 1989 weniger Gewinne erzielt haben, als den Einkommensteuerbescheiden zugrunde liegen, hätte er auch weniger Einkommensteuer hinterzogen, als aus den Abgabenbescheiden ersichtlich ist.

Demnach durfte es aber das Erstgericht nicht bloß dahingestellt sein lassen, ob überhaupt und bejahendenfalls in welcher Größenordnung der Angeklagte Honorare weitergegeben hat. Es hätte vielmehr darüber nähere (allenfalls am Zweifelsgrundsatz zu orientierende) Feststellungen treffen und daran den Verkürzungsvorsatz messen müssen, zumal angesichts des angenommenen Hinterziehungsbetrages von etwa 1,5 Mio S die Gerichtszuständigkeit (§ 53 Abs 1 lit b FinStrG) in Frage steht. Der Umstand, daß sich der Angeklagte im Abgabenverfahren völlig passiv verhalten hat, entbindet das Gericht nicht von seiner eigenständigen Begründungspflicht (OGH 21.11.1991, 14 Os 127/90 verst Senat = EvBl 1992/26), wenn es die Ergebnisse des Abgabenverfahrens übernimmt.

Obwohl gegen den Schuldspruch wegen Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (2) in der Beschwerde keine inhaltlichen Einwände vorgebracht werden, mußte auch dieser wegen des untrennbaren Zusammenhanges (§ 289 StPO) der Aufhebung verfallen, da derzeit nicht feststeht, ob im zweiten Rechtsgang insgesamt die für die Gerichtskompetenz maßgebenden strafbestimmenden Wertbeträge erreicht werden.

Ohne Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen war schon aus diesen Gründen das angefochtene Urteil bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zur Gänze aufzuheben und eine neue Hauptverhandlung anzuordnen (§ 285 e StPO), womit die Berufung des Angeklagten gegenstandslos ist.

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