OGH 13Os184/94

OGH13Os184/9414.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Dezember 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kahofer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Reinhard G***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung anläßlich der Beratung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. August 1994, GZ 6 Vr 891/93-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Gemäß § 285 f StPO wird die Einholung tatsächlicher Aufklärungen darüber angeordnet, ob im Zeitpunkt der Zustellung der Urteilsabschrift an den Verteidiger das Hauptverhandlungsprotokoll (vom 18.August 1994) fertiggestellt und dem Akt angeschlossen war.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeführer behauptet unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 3 StPO, daß anläßlich einer Akteneinsicht durch seinen Verteidiger am 6.September 1994 - und damit nach der bereits am 31. August 1994 erfolgten Zustellung des Urteiles vom 18.August 1994 - dessen Bitte um Aushändigung einer Abschrift des Hauptverhandlungsprotokolls vom 18.August 1994 mit dem Bemerken verwehrt wurde, daß das Protokoll noch nicht übertragen worden sei.

Seinem schriftlichen Antrag vom 12.September 1994 auf Übertragung und Zustellung einer Protokollsabschrift sei bis dato nicht entsprochen worden.

Wenngleich die Übertragung des Hauptverhandlungsprotokolls (nunmehr) im Akt unter ON 32 erliegt, und vor dem Urteil (ON 33) einjournalisiert ist, wird die Behauptung des Beschwerdeführers durch den auf seinem Antrag vom 12.September 1994 (ON 35) handschriftlich angebrachten Amtsvermerk vom 13.September 1994, "bei Frau Z***** (= Schriftführerin) betreiben" gestützt. Hinzu kommt, daß eine (allenfalls gleichzeitig mit der Urteilsausfertigung erfolgte) Zustellung auch des Hauptverhandlungsprotokolls nach der Aktenlage nicht ausgewiesen ist (vgl Rückschein S 3 p).

Der Zeitpunkt der Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls ist aber insofern von wesentlicher Bedeutung, als davon die Rechtswirksamkeit der Zustellung der Urteilsausfertigung an den Verteidiger zur Rechtsmittelausführung abhängt (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 271 E 29 ff).

Vor Aufklärung über diese vom Beschwerdeführer behauptete Formverletzung (§ 285 f StPO) kann über seine Rechtsmittel nicht entschieden werden.

Liegt der relevierte Mangel aber vor, ist sogleich die neuerliche Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Verteidiger zu veranlassen, um diesem die volle Frist zur Ausführung der vom Angeklagten angemeldeten Rechtsmittel in ungeschmälerter Kenntnis des Hauptverhandlungsprotokolles zu wahren.

Die Akten sind mit entsprechend belegtem Bericht - der übrigens bereits im Rahmen des Vorlageberichtes zu erstatten gewesen wäre - umgehend - allenfalls unter Beachtung der Fristen des § 285 Abs 1 StPO - wieder vorzulegen.

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