OGH 5Ob141/94

OGH5Ob141/9413.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Rupert W*****, geboren am *****, *****, vertreten durch Dr.Hans Kaska, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen Vormerkung des Eigentumsrechtes ob der EZ ***** Grundbuch ***** *****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 4.Mai 1994, GZ 18 R 267/94, womit infolge Rekurses des Heinrich K*****, geboren am *****1930, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Alfred Mitterlehner, Öffentlicher Notar in Grein, der Beschluß des Bezirksgerichtes Grein vom 9.Februar 1994, TZ 155/94 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Heinrich K***** sen., geboren 1902, ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch ***** *****, bestehend aus dem Grundstück Nr. ***** Wald im Ausmaß von 2001 m2 samt dem darauf befindlichen Einfamilienhaus S*****.

Mit Übergabsvertrag auf den Todesfall vom 29.10.1979 "verkaufte" Heinrich K***** sen. diese Liegenschaft an Rupert W***** um den nach dem Tod zu bezahlenden Übergabspreis von S 100.000,--. Der Vertrag wurde in Kenntnis des Umstandes, daß der Übernahmspreis dem wahren Wert nicht oder auch nicht annähernd entspricht, geschlossen (Punkt 5. des Vertrages); der Vertrag enthält keinen Verzicht auf einen Widerruf.

Mit Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 6.11.1984 schenkte Heinrich K***** sen. dieselbe Liegenschaft seinem Sohn Heinrich K***** jun., geboren am *****1930. Zur Sicherstellung dieses Eigentumsanspruchs wurde ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für Heinrich K***** jun. vereinbart und im Grundbuch einverleibt (CLNr. 1; TZ 1783/1984).

Am 3.2.1994 beantragte Rupert W***** unter Vorlage des Übergabsvertrages auf den Todesfall vom 29.10.1979 und des Sterbebuchauszuges vom 24.11.1993 die Vormerkung seines Eigentumsrechtes im Grundbuch. Er brachte vor, der Geschenkgeber Heinrich K***** sen. sei am 12.10.1993 verstorben, das eingetragene Veräußerungsverbot stehe der Verbücherung früherer Verfügungen des Verstorbenen nicht im Wege.

Das Erstgericht bewilligte antragsgemäß einerseits die Löschung des für Heinrich K***** jun. eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbot und andererseits die Vormerkung des Eigentumsrechtes für Rupert W*****.

Dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Heinrich K***** (jun) gab das Rekursgericht Folge; es änderte den angefochtenen Beschluß im Sinne der Abweisung des Antrages auf Durchführung der begehrten Grundbuchshandlungen ab. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit einem 50.000,-- S übersteigenden Betrag und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.

Rechtlich führte es aus, auszugehen sei davon, daß Heinrich K***** sen. mit dem als "Übergabsvertrag" bezeichneten Vertrag vom 29.10.1979 Rupert W***** eine Liegenschaft im Ausmaß von 2001 m2 samt einem darauf befindlichen Einfamilienhaus in der Gemeinde *****, S***** um einen Übergabspreis von (nur) 100.000,-- S auf den Todesfall übergab, sodaß ein krasses Mißverhältnis zwischen dem Wert des Übergabsobjektes und dem Übergabspreis vorliege und der Vertrag zumindest teilweise unentgeltlicher Natur sei. Den Parteien sei auch bekannt gewesen, daß zumindest ein Teil der Leistung als geschenkt angesehen werde, sie hätten nämlich in Punkt 5. ausdrücklich angeführt, es sei bekannt, daß der Übernahmspreis dem wahren Wert nicht oder nicht annähernd entspreche. Daß der Antragsteller den Vertrag als Schenkung ansehe, ergebe sich auch daraus, daß er den Übergeber im Antrag selbst, als Geschenkgeber bezeichne. Beim Übergabsvertrag auf den Todesfall vom 29.10.1979 handle es sich somit um eine gemischte Schenkung auf den Todesfall.

Gemäß § 956 ABGB (Schenkung auf den Todesfall) sei eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tode des Schenkenden erfolgen solle, mit Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeit als ein Vermächtnis gültig. Nur dann sei sie als ein Vertrag anzusehen, wenn unter anderem der Schenkende sich des Befugnisses, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben habe. Bei der Schenkung auf den Todesfall müsse der Verzicht auf den Widerruf der Schenkung in der Vertragsurkunde ausdrücklich erklärt werden.

Zu prüfen sei, ob der in § 956 zweiter Satz ABGB geforderte Verzicht auf den Widerruf der Schenkung auch bei einer gemischten Schenkung auf den Todesfall ausdrücklich erklärt werden müsse. Das Geschäft bilde nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes meist eine unzertrennliche Einheit, sodaß nicht Schenkungsrecht für den unentgeltlichen Teil und Kaufrecht für den entgeltlichen Teil anzuwenden, sondern der Vertrag als Einheit zu werten sei (vgl SZ 52/36). Bezüglich der Form des Vertrages sei wohl auch bei der gemischten Schenkung das Schenkungsrecht anzuwenden, weil der Zweck der Schenkungsnormen, den Schenker vor Übereilung zu schützen auch dann zutreffe, wenn das Geschäft nur teilweise unentgeltlich geschlossen werde (Koziol-Welser, Grundriß I9 203 mwN). Auch die gemischte Schenkung sei bei überwiegender Unentgeltlichkeit an die Formvorschriften der Schenkung gebunden (SZ 50/101; Schubert-Rummel ABGB2 Rz 6 zu § 956). Bei der Übergabe eines Einfamilienhauses mit einem Grund von ca. 2000 m2 um einen Preis von 100.000,-- S überwiege die Unentgeltlichkeit, weil der wahre Wert des Objektes bereits im Jahr 1979 jedenfalls ein Vielfaches dieses Preises betragen habe. Deshalb seien die Formvorschriften des § 956 ABGB auf diese vorliegende gemischte Schenkung auf den Todesfall anzuwenden. Dies bedeute, daß der Übergabsvertrag auf den Todesfall vom 29.10.1979 nicht als Vertrag gültig sei, weil er keinen Verzicht auf den Widerruf des geschenkten Teils enthalte, sondern als bloßes Vermächtnis anzusehen sei, das einseitig widerrufen werden könne. Im vorliegenden Fall sei dieses Vermächtnis durch den neuen, in der Urkundensammlung erliegenden Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 6.11.1984 tatsächlich widerrufen worden, so daß die Vormerkung des Eigentumsrechtes für den Antragsteller zu Unrecht erfolgt sei. Damit erübrige sich aber auch eine amtswegige Löschung des eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbotes, weil für eine solche Löschung kein Antrag vorliege und eine amtswegige Löschung ohne gleichzeitige Eintragung beantragter Rechte im Gesetz nicht vorgesehen sei. Wenngleich das Verbot nach der Judikatur mit dem Tod des Begünstigten gegenstandlos werde, heiße dies nicht, daß es amtswegig zu löschen sei, sondern bloß, daß es anderen Verfügungen nicht mehr im Weg stehe und die Löschung beantragt werden könne.

Der Einheitswert der Liegenschaft sei im Vertrag vom 29.10.1979 mit 94.000,-- S angegeben, weshalb eine 50.000 S übersteigende Bewertung jedenfalls angebracht sei. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, es entspreche der oberstgerichtlichen Rechtsprechung, daß bei überwiegender Unentgeltlichkeit die Formvorschriften der Schenkung auf eine gemischte Schenkung anzuwenden seien.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Rupert Wieland mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß der erstgerichtliche Beschluß wieder hergestellt werde. Der Rekurs sei zulässig, weil nach der Entscheidung SZ 59/174 (fälschlich zitiert SZ 59/173) auch im Fall eines krassen objektiven Mißverhältnisses zwischen den wechselseitigen Leistungen allein noch nicht zwingend auf das Zutreffen der für die Annahme einer reinen oder gemischten Schenkung unabdingbar notwendigen subjektiven Voraussetzung des Einverständnisses der Vertragspartner über die (teilweise) Unentgeltlichkeit der beabsichtigten Vermögensverschiebung geschlossen werden könne. Das Vorliegen des Schenkungswillens sei eine beweisbedürftige Tatsache, die im Grundbuchsverfahren, wenn sie sich nicht zweifelsfrei aus den beigebrachten Urkunden ergebe, nicht geklärt werden könne. Eine gemischte Schenkung liege nicht schon dann vor, wenn die Leistung der einen Seite objektiv wertvoller sei, als die der anderen, sie müsse vielmehr iS einer Schenkung in der Gestaltung des Rechtsgeschäftes zum Ausdruck gebracht werden. Das Rekursgericht sei daher von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes einerseits zur Frage der Beurteilung der Kriterien einer gemischten Schenkung, andererseits zur Frage, wie weit diese Beurteilung im Grundbuchsverfahren vorgenommen werden könne, abgewichen, wobei die gegenständliche Frage, wie weit im Grundbuchsverfahren es zulässig sei, einen vom Vertragstext abweichenden Vertragswillen der Entscheidung zugrundezulegen, von erheblicher Bedeutung sei. Im Notariatsakt werde ausgedrückt, daß die Vertragsteile den Vertrag - als Kaufvertrag bzw als Übergabsvertrag auf den Todesfall - in Kenntnis der Ungleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung abgeschlossen haben. Dennoch sei nicht die Form einer Schenkung, sondern eines Kaufvertrages in Form eines Übergabsvertrages gewählt worden. Mangels Überprüfbarkeit der Motive und des Willens der Vertragsparteien im Grundbuchsverfahren unterlägen Kaufverträge auf den Todesfall nicht dem Formzwang des § 956 ABGB.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die vom Rekursgericht für seine Abweisung gebrauchten Gründe, in welchem Umfang das Vorliegen einer gemischten Schenkung zu berücksichtigen sei, nicht teilt; er ist aber nicht berechtigt.

Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen einer

genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche

Eintragung ua nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt

der beigebrachten Urkunden begründet erscheint und die Urkunde in der

Form vorliegt, die zur Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung

oder Anmerkung erforderlich ist (§ 94 Abs 1 Z 3 und 4 GBG). Urkunden,

die Grundlage für den Erwerb oder Umänderung eines dinglichen Rechtes

bilden sollen, müssen einen gültigen Rechtsgrund enthalten (§ 26 Abs

2 GBG), wobei es genügt, daß aus den in der Urkunde angeführten

Sachverhaltmerkmalen der zur Erwerbung oder Umänderung des Rechts

geeignete Grund eindeutig entnommen werden kann (EvBl 1976/54 = NZ

1977, 117; EvBl 1977/195 = JBl 1978, 381 ua). Der Urkundeninhalt muß

in formaler Hinsicht unbedenklich sein und darf auch materiellrechtlich keine Zweifel aufkommen lassen. Eine Berücksichtigung von Umständen, die erst durch außerhalb des Urkundeninhalts liegende Tatsachen eine bestimmte Auslegung ergeben oder eine Bedachtnahme auf einen nicht urkundlich erwiesenen, sondern nur allenfalls zu erschließenden Willen der Vertragsteile kommt nicht in Betracht (§ 96 GBG). Das bei einem Schenkungsvertrag unabdingbar notwendige Einverständnis der Vertragspartner über die Unentgeltlichkeit der beabsichtigten Vermögensverschiebung kann daher im Grundbuchsverfahren nur dann angenommen werden, wenn es sich aus den beigebrachten Urkunden ergibt (EvBl 1977/195 = JBl 1978, 381; NZ 1983, 184; SZ 55/91; SZ 59/174; NZ 1987, 160 ua). Kommt aber nach dem Urkundeninhalt die Beurteilung eines Rechtsgeschäftes als Schenkung oder als Vertrag mit überwiegender Schenkungsabsicht in Betracht, wäre auf die Einhaltung der für diese Vertrage erforderlichen Formvorschriften Bedacht zu nehmen (vgl Hofmeister in NZ 1985, 76; NZ 1989, 227 [Hofmeister]).

Die Rechtsordnung begnügt sich regelmäßig mit der "subjektiven Äquivalenz", nur wenn das objektive Wertverhältnis ("objektive Äquivalenz") besonders grob gestört ist, räumt sie der Partei nachträglich eine Möglichkeit ein, die Vertragsgerechtigkeit zu wahren (Koziol-Welser Grundriß I9 ,97). Am anderen Ende wird der weite Bereich der subjektiven Äquivalenz durch die für unentgeltliche bzw gemischt entgeltliche Rechtsgeschäfte geltenden Formvorschriften begrenzt (§ 883 iVm § 1 Abs 1 lit d NotZwG und § 956 ABGB; vgl Schubert-Rummel ABGB2 Rz9 zu § 938).

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Urkunde selbst, daß die Vertragsteile Leistung und Gegenleistung als subjektiv inäquivalent angesehen haben. Daraus folgt, daß auf das Vorliegen einer gemischten Schenkung zu schließen ist. Insoweit unterscheidet sich der nunmehr zu entscheidende Sachverhalt von dem der SZ 59/174, in dem sich aus dem Vertrag kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer subjektiven Inäquivalenz, die mangels eines Beweisverfahrens nicht geprüft werden konnte, ergab. Mangels Vorliegens eines Widerrufsverzichtes des Geschenkgebers gemäß § 956 zweiter Satz ABGB erfolgte die Abweisung der begehrten Grundbuchshandlungen zu Recht. Gerade dieser Widerrufsverzicht entspricht dem Sinn und Zweck des Formgebotes, den Geschenkgeber vor Übereilung, dh übereilter Fassung des Schenkungswillens zu schützen (Hofmeister aaO).

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