OGH 10ObS269/94

OGH10ObS269/946.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber Mag.Dr.Friedrich Hötzl und Dr.Theodor Zeh in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Balthasar H*****, Landwirt, ***** vertreten durch Dr.Helfried Penz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, wegen Unfallheilbehandlung, Versehrtenrente und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21.Juni 1994, GZ 5 Rs 56/94-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 7.April 1994, GZ 47 Cgs 23/94z-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger betreibt allein eine (von den Eltern gepachtete) Land- und Forstwirtschaft mit einem Einheitswert von 77.000 S. Dazu gehören ua 54 ha Wald, Obstbäume, eine Alm und 15 Stück Vieh. Sein Bruder Johann, der über eine Ausbildung als Käser verfügt, aber keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb hat, hilft ihm unentgeltlich ua bei Heu- und Holzarbeiten und beim Schneiden der Obstbäume. Ohne diese Mithilfe könnte der Kläger seinen Betrieb nicht bewirtschaften. Am 9.10.1993 half der Kläger seinem Bruder beim Schlägern von fünf Buchen, die dieser gekauft hatte. Das Buchenholz war vorwiegend als Brennholz für den privaten Haushalt des Bruders und teilweise für die Herstellung von Stielen für Hacken, Schaufeln und "Zepine" (= Sapinen oder Sappeln) vorgesehen, die der Kläger für seinen Betrieb benötigt und die von seinem Bruder später auch angefertigt wurden. Bei den Schlägerungsarbeiten wurde der Kläger von einer herabrollenden Buche am Oberschenkel getroffen, über steiles Gelände gestoßen und schwer verletzt. Die Mithilfe des Klägers bei den Schlägerungsarbeiten stellte ua eine Gegenleistung für die Hilfe seines Bruders in der Landwirtschaft dar.

Das Erstgericht wies das auf die Unfallheilbehandlungskosten, eine Versehrtenrente im Ausmaß von mindestens 20 vH der Vollrente, jedenfalls aber auf Feststellung, daß es sich bei dem Ereignis vom 9.10.1993 um einen Arbeitsunfall handle, gerichtete Klagebegehren ab.

Nach seiner rechtlichen Beurteilung sei der Unfall kein Arbeitsunfall iS des § 175 Abs 1 ASVG, aber auch nicht iS des Abs 2 Z 5 und des Abs 3 Z 4 der zit Gesetzesstelle.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.

Es vertrat die Rechtsmeinung, daß der Unfall kein Arbeitsunfall iS des § 175 Abs 2 Z 5 ASVG sei, weil bei den Schlägerungsarbeiten nicht die Beschaffung von Holz für Arbeitsgeräte, sondern die Aufarbeitung der Buchen zu Brennholz für den Haushalt des Bruders im Vordergrund gestanden sei. Der letztgenannte entscheidende, wesentliche und völlig private Zweck der Arbeit habe den betriebsbezogenen Zweck so in den Hintergrund gedrängt, daß diesem keine wesentliche Bedeutung zukomme. Der Unfall gelte aber auch nicht als Arbeitsunfall iS des Abs 3 Z 4 leg cit, weil er sich nicht bei Arbeiten im Rahmen der Nachbarschaftshilfe für einen anderen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb ereignet habe.

In der Revision macht der Kläger unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend. Er beantragt, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Die Beklagte erstattete keine Revisionbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 3 ASGG zulässige Revision ist nicht berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes durch das Berufungsgericht ist richtig (§ 48 ASGG). Sie entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senates:

Nach der E SSV-NF 5/58 wird die Mithilfe beim Hausbau einer Hilfskraft des Betriebes, die eine Gegenleistung für erbrachte Arbeit in der Landwirtschaft ist, zwar im Interesse des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes geleistet, hat aber keinen unmittelbaren Einfluß auf die Verbesserung der Organisation dieses Betriebes. Ein Unfall bei einer solchen Mithilfe ist daher kein Arbeitsunfall nach § 175 Abs 1 ASVG. Es handelt sich nur um die Abstattung des sonst üblicherweise in Geld gezahlten Lohnes durch eigene Arbeit. Arbeiten außerhalb des eigenen land(forst)wirtschaftlichen Betriebes sind jedoch nur dann nach § 175 Abs 3 Z 4 ASVG geschützt, wenn sie im Rahmen der Nachbarschaftshilfe für einen anderen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb verrichtet werden. Diese Bedingung trifft - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auf die Mitarbeit des Klägers bei der Schlägerung von fünf Buchen nicht zu. Dabei handelt es sich zwar um Arbeiten im Rahmen der Nachbarschaftshilfe für seinen Bruder. Da dieser aber keinen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb führte, wurde diese Nachbarschaftshilfe nicht für einen anderen derartigen Betrieb geleistet.

Eine Tätigkeit, die zum Teil im betrieblichen und zum Teil im privaten Interesse entfaltet wird, steht nur dann unter Unfallversicherungsschutz, wenn die betrieblichen Interessen gegenüber den privaten nicht erheblich in den Hintergrund treten (SSV-NF 3/150; 5/10; 6/24; 6/50; 7/79 und 7/106 jeweils mwN). Selbst wenn man davon ausginge, daß sich der Unfall des Klägers bei einer mit seiner Beschäftigung als Land- und Forstwirt zusammenhängenden Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgerätes (Gewinnung von Rohmaterial für Holzstiele von in der Land- und Forstwirtschaft des Klägers benötigten Arbeitsgeräten) ereignet hätte, würde dieses betriebliche Interesse gegenüber dem an der Brennholzgewinnung für den privaten Haushalt des Bruders so in den Hintergrund treten, daß es nur mehr als Nebenzweck und "Gelegenheitsursache" für die Mithilfe bei der Schlägerung von fünf Buchen angesehen werden könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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