Spruch:
Das Gesetz wurde verletzt
1. im Verfahren des Bezirksgerichtes Hernals AZ 9 U 660/92 durch das Unterlassen der gemäß § 494 a Abs 8 aF (= Abs 7 nF) StPO vorgeschriebenen unverzüglichen Verständigung, in der genannten Gesetzesbestimmung und
2. im Verfahren des Landesgerichtes für Strafsachen Wien AZ 6 b Vr 11.818/90
a) durch den Beschluß vom 15.März 1994 (ON 22) in der Bestimmung des § 48 Abs 3 StGB sowie
b) durch die Verständigung der Bundespolizeidirektion Wien (Strafregisteramt) von diesem Beschluß schon vor seiner Rechtskraft, in der Bestimmung des § 4 Abs 1 StRegG.
Text
Gründe:
Christian K***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.Jänner 1991, GZ 6 b Vr 11.818/90-15, des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt und zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.
Wegen einer Veruntreuung, begangen innerhalb der Probezeit, verurteilte ihn das Bezirksgericht Hernals mit Strafverfügung vom 25. November 1992, GZ 9 U 660/92-4, zu einer Geldstrafe. Zugleich sah es nach Abs 1 Z 2 des § 494 a StPO vom Widerruf der vom Landesgericht gewährten bedingten Strafnachsicht ab und verlängerte nach Abs 7 (aF) die Probezeit auf fünf Jahre. Die Verständigung des Landesgerichtes hievon veranlaßte das Bezirksgericht allerdings erst nach Rechtskraft seiner Entscheidung am 14.April 1994 in der Endverfügung. Mittlerweile hatte allerdings das Landesgerichtes für Strafsachen Wien nach Beischaffung einer Strafregisterauskunft - in der die neue (damals noch nicht rechtskräftige) Verurteilung durch das Bezirksgericht Hernals noch nicht aufschien - mit Beschluß vom 15. März 1994 (GZ 6 b Vr 11.818/90-22) die mit Urteil vom 16.Jänner 1991 ausgesprochene bedingte Nachsicht der Strafe für endgültig erklärt. Dieser Beschluß wurde gemäß der richterlichen Anordnung - ohne vorherige Zustellung an die Verfahrensparteien - sofort am 24. März 1994 an das Strafregisteramt abgefertigt. Erst nachher wurde der Strafakt der Staatsanwaltschaft zur Einsicht in den Beschluß vom 15. März 1994 und in die (mittlerweile auch eingelangte) Verständigung des Bezirksgerichtes Hernals zugestellt. Die Anklagebehörde erhob jedoch keine Beschwerde (siehe ON 23 und 25 in 6 b Vr 11.818/90 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien).
Rechtliche Beurteilung
Mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ist die Generalprokuratur im Recht:
Zunächst verstößt die Vorgangsweise des Bezirksgerichtes Hernals gegen § 494 a Abs 8 aF (Abs 7 nF) StPO, wonach unverzüglich, somit gleich nach der Beschlußfassung und ohne Rücksicht auf den Eintritt der Rechtskraft (EvBl 1989/64; 12 Os 131,132/90 uva), das Landesgericht von der Probezeitverlängerung zu verständigen gewesen wäre.
Diese Säumnis des Bezirksgerichtes Hernals hatte eine Verletzung des § 48 Abs 3 StGB durch das Landesgericht für Strafsachen Wien bei seiner Beschlußfassung vom 15.März 1994 zur Folge. Die gesetzliche Voraussetzung für die endgültige Strafnachsicht nämlich, daß die Probezeit schon abgelaufen ist, lag - obgleich für das Landesgericht nicht erkennbar - zum Zeitpunkt der Beschlußfassung infolge rechtswirksamer, wenn auch noch nicht rechtskräftiger Probezeitverlängerung (SSt 56/18, EvBl 1989/64) durch das Bezirksgericht Hernals nicht vor.
§ 4 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 1 StRegG zuwider verständigte auch das Landesgericht für Strafsachen Wien die Bundespolizeidirektion Wien (Strafregisteramt) von seinem damals noch nicht rechtskräftigen (siehe § 498 Abs 1 StPO) Beschluß auf endgültige Strafnachsicht.
Diese Gesetzesverletzungen waren festzustellen.
Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien über die endgültige Strafnachsicht ist rechtswirksam und zum Nachteil des Verurteilten (weil die Staatsanwaltschaft dagegen keine Beschwerde erhoben hat) jetzt nicht mehr abänderbar. Er macht die - an sich gesetzmäßige - Probezeitverlängerung gegenstandslos (14 Os 117,118/90; 13 Os 3, 4/91 uam).
Davon ist das Strafregisteramt durch das Landesgericht für Strafsachen Wien in Kenntnis zu setzen (vgl 14 Os 12, 13/93).
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