OGH 10ObS255/94

OGH10ObS255/9423.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Fritz Stejskal (Arbeitgeber) und Dr.Ingrid Schwarzinger (Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Minka L*****, vertreten durch Dr.Beatrix Wollner, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Juni 1994, GZ 32 Rs 64/94-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits-und Sozialgerichtes Wien vom 24.November 1993, GZ 15 Cgs 82/93w-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es hierauf zu verweisen (§ 48 ASGG).

Rechtliche Beurteilung

Auszugehen ist davon, daß die Klägerin mit Rücksicht auf die gesundheitsbedingten Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit, insbesondere der funktionellen Einarmigkeit nur mehr in der Lage ist, als Portierin, Betriebs- oder Bauplatzwächterin oder Lagerplatzaufseherin zu arbeiten. Das Erstgericht stellte dazu weiter fest, daß auf diesen Arbeitsplätzen derzeit tatsächlich nur männliche Arbeitskräfte beschäftigt werden und weibliche Arbeitskräfte keine Aussicht auf Beschäftigung haben. Frauen würden mit Aufsichtsstätigkeiten nur in Verbindung mit Bürohilfsdiensten betraut, die die Klägerin aber nicht ausüben könne.

Es trifft zu, daß der Oberste Gerichtshof ausgesprochen hat, daß bei Prüfung der Verweisung Arbeitsplätze außer Betracht zu bleiben hätten, die speziell dem Versicherten nicht zur Verfügung stehen, weil sie ausschließlich Angehörigen des anderen Gerschlechts vorbehalten seien (SSV-NF 2/128 ua). Wurde damals auf die rein faktische Situation auf dem Arbeitsmarkt abgestellt, so muß dies nunmehr modifiziert gesehen werden, weil sich in der Zwischenzeit die Rechtslage geändert hat. Das BG über die Gleichbehandlung von Mann und Frau im Arbeitsleben, BGBl 1979/108 hat durch die Novelle vom 27.6.1990, BGBl 1990/410 eine erhebliche Ausgestaltung erfahren. Untersagt wird nunmehr jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses (§ 2 Abs 1 Z 1). Gemäß § 2 a GleichbG ist der Arbeitgeber bei Verletzung dieses Gleichbehandlungsgrundsatzes zum Schadenersatz verpflichtet. Es ist daher davon auszugehen, daß grundsätzlich alle Arbeitsplätze auch Frauen offen stehen. Der in der oben genannten Entscheidung (SSV-NF 2/128) ausgeprochene Grundsatz kann daher nur mehr für Fälle aufrecht erhalten werden, in denen positivrechtliche Verbote die Beschäftigung von Frauen untersagen (FrNArbG, Verordnung über die Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für weibliche Arbeitnehmer) oder eine solche Untersagung im Einzelfall im Verordnungsweg erfolgt (§ 24 Abs 5 ANSchG) bzw in Fällen in denen der Inhalt der Tätigkeit spezifisch an das Geschlecht gebunden ist.

Wohl räumt das Gleichheitsbehandlungsgesetz einer Frau keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Erlangung eines bestimmten Arbeitsplatzes ein. Ein solcher Anspruch besteht aber ganz allgemein nicht. Eine Frau, die ungeachtet der Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz bei Konkurrenz mit einem männlichen Bewerber unterliegt, befindet sich in einer vergleichbaren Situation wie ein älterer Arbeitnehmer, dem bei der Stellenbewerbung ein jüngerer vorgezogen wird. Dabei ist die Situation der Frau nocht vergleichsweise günstiger, weil in ihrem Fall ein gesetzliches Diskriminierungsverbot besteht und der potentielle Arbeitgeber bei nachweislicher Verletzung des Gleichbehanldungsgebotes mit einem Schadenersatzanspruch der übergangenen Frau rechnen muß, was geeignet sein könnte, seine Entscheidung zugunsten der Frau zu beeinflussen. Solche Schutzbestimmungen fehlen aber für ältere Arbeitnehmer.

Ungeachtet des Umstandes, daß tatsächlich nur eine geringe Zahl von Stellen für Aufsichtstätigkeiten mit Frauen besetzt ist, ist daher davon auszugehen, daß dieser Arbeitsmarkt auch Frauen offen steht. Die Klägerin, deren Invalidität unbestritten nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen ist, kann daher auf diese Tätigkeiten verwiesen werden. Wenn es der Klägerin nicht gelingen sollte, einen Arbeitsplatz zu erlangen, liegt der Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit, nicht jedoch der der Invalidität vor.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Umstände, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht, noch ergeben sich Hinweise für solche Gründe aus dem Akt.

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