OGH 12Os165/94

OGH12Os165/9417.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.November 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut und Dr.E.Adamovic als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hradil als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht Eisenstadt zum AZ Vr 951/94 anhängigen Strafsache gegen Celal O***** und einen anderen Beschuldigten wegen des Vergehens nach § 81 Abs 1 Z 1, Abs 2 FrG und einer anderen strafbaren Handlung über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Celal O***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 10.Oktober 1994, AZ 22 Bs 439/94, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Celal O***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Über Celal O***** wurde im oben angeführten Verfahren wegen des (dringenden) Verdachtes der Vergehen nach §§ 81 Abs 1 Z 1, Abs 2 FrG, 223 Abs 2, 224 (als Beteiligter nach § 12 dritter Fall) StGB am 6. September 1994 aus den Haftgründen des § 180 Abs 2 Z 2 und 3 lit b StPO die Untersuchungshaft verhängt (ON 18) und mit Beschluß vom 19. September 1994 (ON 23) deren Fortsetzung bis längstens 19.Oktober 1994 angeordnet.

Seiner dagegen gerichteten Beschwerde gab das Oberlandesgericht Wien nicht Folge und verfügte die Fortsetzung der Untersuchungshaft mit Wirksamkeit bis 12.Dezember 1994 (ON 26). Es bejahte den dringenden Verdacht, daß Celal O***** am 17.Jänner sowie 16. und 30.April 1993 von seinem Wohnort Ternitz aus als führendes Mitglied einer Schlepperorganisation gewerbsmäßig an der illegalen Ein- bzw Ausreise von bis zu 30 türkischen Staatsangehörigen, welche teils mit - über seine Veranlassung gefälschten - Schweizer Sichtvermerken ausgestattet waren, dadurch mitwirkte, daß er den Bus W 1756 MW türkischen Busfahrern mit dem Auftrag zur Verfügung stellte, diese Personen von Ungarn aus nach Österreich und teilweise weiter nach Deutschland zu bringen. Die Haftgründe der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr sah es weiterhin als gegeben an, während es eine Unangemessenheit der bisherigen Untersuchungshaft ebenso wie deren Substituierbarkeit durch gelindere Mittel (§ 180 Abs 5 StPO) verneinte.

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten ist nicht berechtigt.

Sie versagt zunächst mit den Einwänden gegen den dringenden Tatverdacht. Diesen leitete das Oberlandesgericht nämlich keineswegs allein aus dem - isoliert betrachtet nicht aussagekräftigen - Ergebnis der Telefonüberwachung, sondern zutreffend vor allem aus dem Erhebungsergebnis der Sicherheitsbehörde, insbesondere den durch andere Beweisergebnisse gestützten Angaben des Atila K***** und dem Umstand ab, daß der betreffende (mit einem Versteck für Passagiere ausgestattete) Reisebus nach vorliegenden Urkunden in der alleinigen Verfügungsmacht des Beschuldigte stand (7 f, 15 f, 97 f, 271).

An der Richtigkeit dieser Beurteilung vermögen die allein gegen das Ergebnis der Telefonüberwachung ins Treffen geführten Argumente nichts zu ändern. Hinsichtlich der Beförderung von Hüsniye S***** und Yildiz T***** gehen sie von vorneherein ins Leere, weil das Oberlandesgericht in diesem Umfang den (im übrigen mittlerweile gänzlich weggefallenen - 365) Tatverdacht ohnehin nicht als dringend beurteilte (351 f).

Im übrigen sei nur am Rande erwähnt, daß sich die Verdachtslage durch die inzwischen vorliegende Auswertung der bei der Hausdurchsuchung sichergestellten Unterlagen des Beschuldigten noch verstärkt hat (ON 27).

Mit dem auf die wiederholt und gewerbsmäßig erfolgte Mitwirkung an gewinnträchtiger Schleppertätigkeit als führendes Mitglied einer derartigen Organisation gerichteten dringenden Tatverdacht begründete der Gerichtshof zweiter Instanz aber auch zutreffend den Fortbestand der Tatbegehungsgefahr. Dieser wird durch den Einwand, der betreffende Reisebus werde seit längerem nicht mehr benützt und sei derzeit nicht fahrbereit, die damit beförderten Personen hätten für das geleistete Entgelt (von etwa 4.000 DM pro Person; 97 f) ohnehin die vereinbarte Transportleistung erhalten, übermäßige Gewinne fänden zudem in den Vermögensverhältnissen des Beschuldigten keine Bestätigung, nicht in Frage gestellt.

Im Hinblick auf das Vorliegen dieses Haftgrundes erübrigt es sich, bei Prüfung der behaupteten Grundrechtsverletzung auch noch auf den weiters angenommenen - inzwischen wegen Fristablaufes (§ 194 Abs 1 StPO) ohnehin weggefallenen - Haftgrund der Verdunkelungsgefahr einzugehen (ÖJZ-LSK 1993/51).

Die Beschwerde versagt auch insoweit, als sie eine Unverhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft mit der Begründung einwendet, im konkreten Fall "dürfte es auch bei einem Schuldspruch zu keiner unbedingten Freiheitsstrafe kommen". Kann doch vorliegend angesichts der Modalitäten der den Tatverdacht begründenden Umstände - siehe oben - derzeit weder mit objektiv nachvollziehbarer Wahrscheinlichkeit gesagt werden, daß die bloße Androhung der Vollziehung der zu erwartenden Strafe allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, den Beschwerdeführer von strafbaren Handlungen abzuhalten, noch ausgeschlossen werden, daß es der Strafvollstreckung deshalb bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen der gegenständlichen Art durch andere entgegenzuwirken.

Inwieweit die Haftzwecke schließlich durch die Abnahme von Reisepaß und Führerschein und die Weisung, jeden Aufenthaltswechsel unverzüglich anzuzeigen, bei einem in der Organisation der Schleppertätigkeit vom Inland aus bestehenden Verdacht gebannt werden könnten, ist nicht erkennbar.

Da Celal O***** mithin durch den bekämpften Beschluß in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt ist, war spruchgemäß zu erkennen.

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