OGH 9ObA213/94

OGH9ObA213/9416.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Eva-Maria Sand und Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Reinhold H*****, Vertragsbediensteter, ***** vertreten durch Dr.Edeltraud Bernhart-Wagner, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde *****, vertreten durch Dr.Harald Beck und Dr.Klaus Dörnhöfer, Rechtsanwälte in Eisenstadt, wegen Feststellung (Streitwert S 50.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3.8.1994, GZ 32 Ra 77/94-35, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. Dezember 1993, GZ 17 Cga 1267/93a-28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die funktionelle Versetzung des Klägers vom Posten eines "Städtischen Verwalters" zum Schulwart der Volksschule rechtswidrig und somit unzulässig war, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend sind den Ausführungen der Revisionswerberin, ein unkündbarer Dienstnehmer müsse unter dem Primat einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwaltung von mehreren vertragsändernden Versetzungsmöglichkeiten eben jene hinnehmen, die seinen Interessen noch am ehesten Rechnung trage, vorerst die für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen entgegenzuhalten:

Nach seinem auf das VBG 1948 gegründeten schriftlichen Dienstvertrag wurde der Kläger ab 1.1.1975 als "Städtischer Verwalter" für den örtlichen Verwaltungsbereich der Stadtgemeinde R***** aufgenommen. Bereits im Dienstvertrag wurde er sondervertraglich hinsichtlich des Kündigungsschutzes den Dienstnehmern gleichgestellt, die das 50. Lebensjahr schon überschritten hatten. Die beklagte Partei verzichtete damit bewußt auf den Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 lit g VBG (Änderung des Arbeitsumfanges, der Organisation des Dienstes oder der Arbeitsbedingungen). Bis zu seiner Versetzung am 1.5.1992 übte der Kläger als "Städtischer Verwalter" Tätigkeiten im Bereich der Weinwirtschaft, Friedhofsverwaltung, des Marktwesens, Straßenwesens und Parkwesens aus. Sein Tätigkeitsbereich änderte sich im Laufe der Jahre zwar dadurch, daß jeweils gewisse Aufgaben weggefallen oder dazu gekommen sind; der Kläger arbeitete aber nie manuell, sondern war mit einer gewissen Selbständigkeit im wesentlichen mit der Anordnung und Beaufsichtigung der ihm übertragenen Arbeiten, die von ihm unterstellten Arbeitern ausgeführt wurden, befaßt. Dies war den zuständigen Organen der beklagten Partei seit dem Jahre 1975 bekannt und bewußt.

Seit seiner Versetzung, gegen welche der Kläger vergeblich protestiert hatte, ist er als Schulwart der Volksschule beschäftigt. Nunmehr obliegen ihm Arbeiten, die er eigenhändig auszuführen hat und deren Schwergewicht in Reinigungs- und Aufräumungstätigkeiten liegt. So hat er etwa unter anderem bestimmte Räume der Schule zu reinigen, Fester zu putzen, Papierkörbe zu entleeren und Waschbecken sowie die Damenklosetts zu reinigen. Er kann keine Anordnungen mehr erteilen oder die Arbeit anderer beaufsichtigen. Hatte er früher seine Tätigkeit als "Städtischer Verwalter" mit einer gewissen Selbständigkeit und Eigeninitiative in den verschiedensten Bereichen durchzuführen, ist er nunmehr auf eine Tätigkeit verwiesen, die er im Vergleich dazu zu Recht für ansehensmindernd hält.

Abgesehen davon, daß eine zwingende Organisationsänderung außer der Stillegung der restlichen Weingartenflächen nicht festgestellt wurde, ist aus der "Teleologie des VBG" nichts für den Standpunkt der beklagten Partei zu gewinnen. Auch wenn der Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 lit g VBG - inzwischen auch schon wegen des Alters des Klägers - nicht herangezogen werden darf, ist daraus nicht zu schließen, daß ein kündigungsgeschützter Vertragsbediensteter aus Gründen der Änderung der Organisation des Dienstes oder des Arbeitsumfangs nach Wahl des Dienstgebers auf jedweden anderen Arbeitsplatz versetzt werden könnte. Für den Bereich der funktionellen Versetzung bleibt der Inhalt des abgeschlossenen Dienstvertrages maßgeblich, in dessen schriftliche Ausfertigung ua gemäß § 4 Abs 2 lit d VBG die Art der Beschäftigung aufzunehmen ist. Der Kläger wurde nicht nur als "Städtischer Verwalter" aufgenommen; er hat diese Funktion in einer dieser Bezeichnung entsprechenden Weise auch rund 17 Jahre ausgeübt, so daß die Ausfüllung des vereinbarten Rahmens im Verlauf des Dienstverhältnisses den Voraussetzungen des Dienstvertragabschlusses entsprach (Arb 7468; infas 1992 A 146 ua). Die Frage der Rechtmäßigkeit seiner Versetzung ist aber nicht anders zu beurteilen wie sonst die Rechtmäßigkeit der Versetzung von Arbeitnehmern im allgemeinen (vgl Schindler, Der Versetzungsschutz des Vertragsbediensteten, DRdA 1987 422).

Demnach ist die Versetzung eines Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz, die unter Außerachtlassung der arbeitsvertraglichen Schranken erfolgte, gesetzwidrig und unwirksam. Für die arbeitsvertragliche Beurteilung einer Versetzung ist dabei nicht entscheidend, ob die Versetzung iSd § 101 ArbVG verschlechternd ist, sondern ob sie durch den Inhalt des Arbeitsvertrages gedeckt ist (vgl Arb 6662, 8480, 10.472; DRdA 1980/5 [Spielbüchler]; infas 1990 A 28 uva). Richtig ist, daß bei praktisch unkündbaren (definitiven) Arbeitsverhältnissen das Weisungsrecht des Arbeitgebers bezüglich der Verwendung des Arbeitnehmers nicht zu eng begrenzt werden darf, weil auch der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw der Definitivstellung redlicherweise nicht damit rechnen durfte, daß er bei einer Änderung der Umstände ein arbeitsloses Einkommen beziehen werde (Arb 8451; DRdA 1993/43 [Mosler]; 9 Ob A 171 bis 173/94 ua). Die Dispositionsmöglichkeiten des Arbeitgebers im Hinblick auf den Einsatz des Arbeitnehmers bei unkündbaren Arbeitsverhältnissen gehen daher weiter als bei Fehlen eines entsprechendes Kündigungsschutzes. Aber auch bei Unkündbarkeit gibt es Grenzen in der Zumutbarkeit der neuen Beschäftigung, die nicht unbedingt in unmittelbarer Nähe der Gleichwertigkeit (vgl infas 1991 A 39 und 40) liegen müssen (Mosler aaO 368; Spielbüchler zu DRdA 1990/5, 141 f, der darauf hinweist, daß ohne besondere Anhaltspunkte für einen Vorbehalt auf Ebene der vereinbarten Dienste eine Verpflichtung, andere Dienste zu leisten als die vereinbarten, auch in solchen Fällen nicht angenommen werden darf).

Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, liegt die Versetzung des Klägers aber auch nicht mehr im Rahmen der Zumutbarkeit. Die Beschäftigung des Klägers als "Städtischer Verwalter" erfolgte bis zu seiner Versetzung in einer Weise, die primär als koordinierende und kontrollierende Tätigkeit bezeichnet werden kann. Nach seiner Versetzung beschränkt sich sein Aufgabenbereich im wesentlichen auf manuelle Arbeiten, deren Schwergewicht auf Reinigungs- und Aufräumetätigkeiten liegt.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 40 und 50 Abs 1 ZPO begründet.

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