OGH 13Os168/94

OGH13Os168/9416.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. November 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Markel, Dr. Mayrhofer und Dr. Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kahofer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred S* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Manfred S* sowie über die Beschwerde des Angeklagten Alexander B* gegen das Urteil und den damit gemäß § 494 a StPO gemeinsam ergangenen Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. Juli 1994, GZ 5 d Vr 4455/94‑44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0130OS00168.9400000.1116.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Manfred S* und die Beschwerde des Angeklagten Alexander B* werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Manfred S* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

 

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Manfred S* und Alexander B* des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (A), Manfred S* auch des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach haben in Wien

(zu A) Manfred S* und Alexander B* nachts zum 7. Mai 1994 im bewußten und gewollten Zusammenwirken fremde bewegliche Sachen nachgenannten Personen mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, und zwar:

1 dem Oswald M* ein Säckchen Zuckerl durch Einbruch in ein Transportmittel;

2 dem Werner F* 3.000 S Bargeld und eine Stange Wurst durch Einsteigen in ein Gebäude;

(zu B) Manfred S* allein am 7. April 1994 Sonja N*, Johann K* und Claudia K* durch die Äußerung: "Ihr werdet schon sehen, ich bringe Euch alle nach der Reihe um", zumindest mit einer Körperverletzung gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Den Schuldspruch wegen § 107 Abs 1 StGB (B) bekämpft der Angeklagte S* mit einer auf die Z 4, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er (außer mit Berufung) aus dem Grunde der Z 11 leg cit an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist unbegründet.

Mit seiner Verfahrensrüge (Z 4) behauptet der Angeklagte eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte durch die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Vernehmung des Zeugen Dr. Timotheus A* (des Hausarztes der Familie K*) zum Beweis dafür, daß die Zeugin N* keinen Nervenzusammenbruch erlitten habe, der Arzt gar nicht gerufen worden sei und deshalb die Aussagen der Zeugen nicht glaubwürdig seien. Er weicht damit unzulässig von seinem Antrag in erster Instanz ab.

Dem im Hauptverhandlungsprotokoll beurkundeten und damit für das Rechtsmittelverfahren allein bedeutsamen Beweisthema (S 272 f) aber, "daß die Frau N* nicht wirklich in Furcht und Angst versetzt wurde", kam von vornherein keine Relevanz zu, weil es nicht darauf ankommt, daß ein Bedrohter tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzt wurde (Leukauf‑Steininger Komm3 § 107 RN 8).

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet eine nicht ausreichende Begründung der Feststellung, der Zeuge K* habe die Haustür geöffnet und sei vom Angeklagten unsanft beiseitegeschoben worden, sowie des konstatierten Wortlautes der inkriminierten drohenden Äußerung. Die Rüge ist jedoch unbegründet, weil der Beantwortung der Frage, ob der Zeuge Johann K* die Tür öffnete oder die allenfalls neben ihm stehende Zeugin Claudia K* (S 235), ebensowenig eine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt, wie dem Umstand, ob der Zeuge K* beiseitegeschoben wurde. Den Wortlaut der Drohung wiederum stützte das Erstgericht auf die von ihm für glaubwürdig erachteten Angaben der drei Bedrohten. Woraus sich aber aus den Zeugenaussagen "enorme Widersprüche" hinsichtlich des Wortlautes der drohenden Äußerung ergeben sollen, vermochte der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, haben doch sowohl die Zeugin N* als auch die Zeugen K* bekundet, alle "mit dem Umbringen" bedroht worden zu sein.

Die Rüge, die Tatrichter wären der Verantwortung des Angeklagten, er hätte nur eine "Watschen" angedroht, nicht gefolgt, obwohl die Zeugin N* dies selbst angegeben habe, beruht auf einem Mißverständnis: Nicht gefolgt wurde dieser Verantwortung insoweit, als der Beschwerdeführer glauben machen wollte, er hätte (nur) der Zeugin N* lediglich eine Ohrfeige in Aussicht gestellt, nicht jedoch auch allen Anwesenden mit den festgestellten Worten gedroht.

Bei seinem Vorbringen gegen die festgestellte subjektive Tatseite vermengt der Beschwerdeführer das Vorhaben des Täters (seine Absicht, in Furcht und Unruhe zu versetzen) mit dessen allfälliger Verwirklichung, worauf es, wie bereits oben dargelegt, gar nicht ankommt.

Mit der Bezeichnung als "Freigänger" hat das Erstgericht unmißverständlich die auch den Zeugen bekannte Tatsache bezeichnet, daß dem Beschwerdeführer Ausgang aus der Strafhaft gewährt worden war (US 5). Darauf "allein", wie die Beschwerde behauptet, wurde aber die Annahme der Täterschaft nicht gestützt. Auf die daraus für die Bedrohten abgeleitete Gefährlichkeit haben diese selbst hingewiesen, sodaß der Einwand, es bestünde kein denkmöglicher Zusammenhang zwischen Täterpersönlichkeit und Tat, unbegründet ist.

Soweit der Beschwerdeführer zu sämtlichen Feststellungen Aktenwidrigkeit behauptet, verkennt er diesen Nichtigkeitsgrund. Ein Urteil ist nämlich nur dann aktenwidrig, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage (oder Urkunde) unrichtig wiedergibt, nicht jedoch, wenn (hier sogar: unwesentliche) Zeugenaussagen teilweise einander widersprechen, dies aber vom Gericht gewürdigt wird und widerspruchsfreie Feststellungen getroffen werden.

Insgesamt vermag sohin die Mängelrüge, Urteilsnichtigkeit begründende Fehler nicht aufzuzeigen.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) ist nicht geeignet, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die dem Schuldspruch zugrundeliegenden Feststellungen zu erwecken.

Da sich die Rechtsrüge (Z 9 lit a) von den festgestellten Tatsachen entfernt, hiebei insbesondere das konstatierte innere Vorhaben, nämlich die Absicht, drei Opfer zugleich in Furcht und Unruhe zu versetzen und die zur wörtlichen Drohung hinzukommenden und diese bestärkenden Aggressionshandlungen ignoriert, gelangt sie nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Strafzumessungsrüge (Z 11) vermag keine unrichtige (rechtliche) Beurteilung von für die Strafbemessung maßgebenden entscheidenden Tatsachen oder einen unvertretbaren Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung aufzuzeigen. Denn die Bedrohung von drei Personen (was die Beschwerde unzulässig negiert) ist als Fall gleichartiger Idealkonkurrenz (Leukauf‑Steininger Komm3 § 28 RN 3) durchaus erschwerend (Leukauf‑Steininger Komm3 § 33 RN 3).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d StPO), sodaß über die noch unerledigte Berufung des S* (s auch ON 55) und die noch aufrechte Beschwerde des B* (s ON 48) das örtlich zuständige Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 285 i StPO).

 

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