OGH 2Ob71/94

OGH2Ob71/9410.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertraud B*****, vertreten durch Dr.Gerhard Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Peter W*****, 2. Johann W*****, und

3. ***** Versicherungs-Aktiengesellschaft, ***** alle vertreten durch Dr.Georg Maxwald und Dr.Georg Bauer, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 500.000,-- sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 22. Juni 1994, GZ 2 R 92/94-21, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 28.Jänner 1994, GZ 8 Cg 179/92a-13, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Durch einen vom Erstbeklagten allein verschuldeten Unfall wurde der Ehegatte der Klägerin als Insasse des vom Zweitbeklagten gehaltenen und bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW Mazda 929 getötet.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten den Ersatz eines Verdienst- und Unterhaltsentganges in der Höhe von 500.000,-- S. Sie brachte vor, es sei ihr in der Zeit vom 7.6.1990 bis 6.6.1992 ein Gesamtschaden von S 612.488,63 entstanden, abzüglich einer seitens der drittbeklagten Partei geleisteten Akontozahlung in der Höhe von 50.000,-- S ergebe sich ein restlicher Schadenersatzanspruch von 562.488,63 S. Aus prozessualer Vorsicht werde vorläufig nur ein Teilbetrag von 500.000,-- S begehrt. Die Klägerin sei seit der Geburt des ersten Kindes im Jahre 1980 allein mit der Haushaltsführung und Kinderbetreuung beschäftigt gewesen, ihr verstorbener Gatte sei unterhaltspflichtig gewesen. Nach dem Unfall erzielte Erträgnisse aus der Landwirtschaft seien auf Mehrarbeit der Klägerin zurückzuführen und nicht zu ihren Ungunsten in Anschlag zu bringen. Das ihr im Erbweg zugekommene Hälfteeigentum am Bauerngut sei nicht als Vorteil anzurechnen.

Die beklagten Parteien wendeten ein, der Klägerin sei aufgrund des Hälfteeigentums auch die Hälfte aus den Erträgnissen der Landwirtschaft zugekommen. Die Klägerin habe daher den Unterhalt auch schon vor dem Unfall aus ihrem eigenen Einkommen bestreiten können. Im Rahmen der Vorteilsausgleichung müsse sich die Klägerin anrechnen lassen, daß sie im Erbweg Alleineigentümerin der Liegenschaft geworden sei. In Abzug zu bringen seien auch der Eigenverbrauch des getöteten Ehegatten und der Unterhalt der drei minderjährigen Kinder. Die Klägerin habe gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, weil sie nicht eine landwirtschaftliche Hilfskraft eingestellt und den Betrieb im bisherigen Umfang aufrechterhalten habe. Ein weiterer Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht sei darin zu erblicken, daß sie 19,6 ha Nutzungsgründe nur um einen Jahrespachtzins von 85.000,-- S verpachtet habe, während tatsächlich ein solcher von 121.167,-- S erzielbar gewesen wäre; überdies habe sie grundlos die Pensionspferdehaltung aufgegeben. Von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten und der Versicherungsanstalt der Bauern seien an die Klägerin erhebliche Zahlungen geleistet worden. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände sei ein Anspruch der Klägerin auf entgangenen Unterhalt nicht mehr gegegeben.

Das Erstgericht verurteilte die beklagten Parteien zur Zahlung von S 369.797,-- und wies das Mehrbegehren ab.

Dabei wurden im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Der Gatte der Klägerin und diese waren aufgrund eines Schenkungsvertrages vom 2.5.1978 Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG F*****, W*****gut in A*****. Das uneingeschränkte Wirtschafts- und Fruchtgenußrecht auf der gesamten Liegenschaft kam dem Ehegatten der Klägerin zu. Dieses Recht kann von der Geschenknehmerin laut Schenkungsvertrag einseitig aufgekündigt werden. Wertmäßig ist dieses Recht etwa dem angemessenen Unterhaltsanspruch der Klägerin gleichzusetzen. Der Gatte der Klägerin bezog von der Sozialversicherung der Bauern eine Unfallsrente, und zwar 1989 von S 7.067,-- und 1990 bis zu seinem Tod von S 3.033,--. Eine eigene Viehhaltung erfolgte nicht. Da der Betrieb für den Vollerwerb vor allem bei viehloser Wirtschaftsweise viel zu klein war, wurden verschiedene Nebenerwerbsquellen genutzt, und zwar

Futtermittelverkauf

Vermietung des Nebenhauses und Vermietung von Einzelzimmern im Hauptgebäude

Pensionspferdehaltung

Vermietung von Kleingartenflächen

Christbaumkultur

Zupacht von Ackerflächen.

Seit dem Unfall vom 7.6.1990 ist die Klägerin Alleineigentümerin der Liegenschaft. Nach dem Unfall wurde das Wirtschaftsjahr zu Ende geführt, jedoch rückwirkend die gesamte landwirtschaftlich nutzbare Fläche des Betriebes von 19,6 ha zu einem Pachtzins von 85.000,-- S wertgesichert pro Jahr verpachtet. Die Zupachtung und die Pensionspferdehaltung wurden aufgegeben; nur zwei Pferde wurden für S 1.000,-- monatlich ohne jede Pflegezusage behalten.

Aus der Landwirtschaft wurden folgende Einkommen erzielt:

Vom 7.6.1989 bis 6.6.1990 S 569.017,--,

vom 7.6.1990 bis 6.6.1991 S 395.445,-- und

vom 8.6.1991 bis 6.6.1992 S 188.996,--.

Die erzielte Pacht von S 85.000,-- ist unangemessen niedrig, es hätten jährliche Mehreinnahmen von 36.167,-- S erzielt werden können. Die Pensionspferdehaltung wäre durch Einstellung einer selbständigen Arbeitskraft ohne weiteres Zutun der Klägerin weiterzuführen, es bedürfte dazu keiner Investitionen. Die Einnahmen würden sich zwar gegenüber den im Jahr 1989/1990 erzielten verringern, aber noch immer eine deutliche Einkommensquelle darstellen. Von der Christbaumkultur sind keine Erträge zu erwarten. Von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern und der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten wurden an die Klägerin in den Zeiträumen vom 7.6.1990 bis 6.6.1991 und vom 7.6.1991 bis 6.6.1992 je S 35.660,20 und S 26.685,80 geleistet.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß eine Gegenüberstellung der Einkommen einen Einkommensverlust der Klägerin für den Zeitraum vom 7.6.1989 bis 6.6.1990 von S 111.236,-- ergebe, für den Zeitraum 7.6.1991 bis 6.6.1992 einen solchen von S 317.695,--. Unter weiterer Berücksichtigung von Mindereinnahmen der Klägerin in der Höhe von S 95.512,--, unter Berücksichtigung der Akontozahlung der drittbeklagten Partei in der Höhe von S 50.000,-- und des zu erwartenden Einkommenszuwachses aus Wirtschaftsverpachtung und Pensionspferdehaltung in der Höhe von 104.646,-- S errechne sich der Einkommensverlust der Klägerin mit S 369.797,--, welcher Betrag ihr zuzusprechen sei.

Das von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht hob den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurück; der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt.

Das Berufungsgericht wies auf schwerwiegende Begründungsmängel der erstgerichtlichen Entscheidung hin, wie etwa jenen, daß das Erstgericht für den Zeitraum 7.6.1991 bis 6.6.1992 sowohl Mindereinnahmen berücksichtigte, die sich aus der Gegenüberstellung des in diesem Zeitraum erzielten Einkommens mit dem gesamten vor dem Unfallsereignis erzielten Einkommen ergeben als auch solche, die sich aus einer anderen Berechnungsmethode (das nunmehr erzielte Einkommen wurde nur der Hälfte des vor dem Unfall erzielten Einkommens gegenübergestellt) ergeben. Das Urteil weise außerdem zahlreiche sekundäre Feststellungsmängel auf, die darauf zurückzuführen seien, daß sich das Erstgericht in keiner Weise damit auseinandergesetzt habe, wie der "Entgang" im Sinne des § 1327 ABGB zu ermitteln sei. Die bisherigen Beweisergebnisse reichten auch bei weitem nicht aus, um die für eine abschließende Beurteilung noch erforderlichen Feststellungen treffen zu können, sodaß zufolge der Begründungs-, Feststellungs- und Stoffsammlungsmängel eie Aufhebung der angefochtenen Entscheidung unvermeidbar sei.

Zur Abgrenzung der erforderlichen Verfahrensergänzung legte das Berufungsgericht die maßgebliche Rechtslage wie folgt dar:

"Entgangen" im Sinn des § 1327 ABGB sei alles, was die Hinterbliebenen erhielten, wenn der zur Unterhaltsleistung Verpflichtete nicht getötet worden wäre (EFSlg. 36.204). Bei der Berechnung dieses Entganges sei es unzulässig, die Einkünfte der Witwe vor und nach dem Tod einander gegenüberzustellen, sondern sei der Unterhaltsentgang, nicht aber die Einkommens- oder Vermögensdifferenz zu berechnen (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 157). Zu klären sei, was der Witwe unter Berücksichtigung der Zuwendungen an die anderen Familienmitglieder von den Erträgnissen des bäuerlichen Familienbetriebes zu Lebzeiten ihres Mannes zukam. Ferner sei zu ermitteln, mit welchem Anteil die Witwe an den Erträgnissen des Wirtschaftslebens in den dem Tod des Gatten folgenden Jahren partizipierte. Die Differenz zwischen dem, was der Witwe vor, und dem, was ihr nach dem Tod ihres Gatten aus den Reinerträgnissen der Bauernwirtschaft bei Aufteilung auf sämtliche Familienmitglieder zugekommen sei, bilde den Entgang der Witwe im Sinne des § 1327 ABGB (ZVR 1973/95). Für die Ermittlung des Beistandsentganges sei grundsätzlich das maßgebend, was der Getötete tatsächlich geleistet habe, auf den Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflicht sei nicht abzustellen (EFSlg. 60.057 f und 48.677 f). Ferner sei der Unterhaltsentgang aufgrund des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen zu berechnen (EFSlg. 63.277), wobei dem Unterhaltsberechtigten aber brutto soviel an Schadenersatz zu leisten sei, daß ihm netto jener Betrag verbleibe, den er als Unterhaltsleistung erhalten hätte. Es seien daher Bruttobeträge zuzusprechen, die den Unterhaltsentgang unter Berücksichtigung der zu leistenden Einkommensteuer voll abgelten (SZ 60/68 [richtig: SZ 60/67]; Reischauer in Rummel2, Rz 22a zu § 1327). Ferner sei im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu beachten, daß sich die Witwe Erträgnisse aus dem ererbten Liegenschaftsanteil und ihr aufgrund des Unfalles ihres Mannes zugekommene Renten anrechnen lassen müsse; die wirtschaftlichen Vorteile seien dem Unterhaltsentgang und sonstigen wirtschaftlichen Nachteilen gegenüberzustellen (EFSlg 4.742). Der schadenersatzberechtigte Hinterbliebene müsse sich nur die Einkünfte aus der ihm durch den Tod des Unterhaltspflichtigen angefallenen Erbschaft, nicht aber auch deren Stammwert, anrechnen lassen (ZVR 1977/172). Ebenso müsse sich die Witwe Eigeneinkommen aus einer erst nach dem Tod ihres Mannes aufgenommenen Berufstätigkeit nicht auf Ansprüche nach § 1327 ABGB anrechnen lassen, sondern nur solches Einkommen, das sie schon zu Lebzeiten des Mannes freiwillig zur Gänze oder teilweise zur Bestreitung ihres Unterhaltes verwendete (EFSlg 63.278). Erziele die Witwe einen Ertrag aus der Erbschaft, so sei zu prüfen, wieweit dieser Ertrag auf ihren Arbeitseinsatz zurückgehe. Bei Erbschaft eines Unternehmens sei von dessen Erträgen vor der Vorteilsanrechnung der Unternehmerlohn für die unternehmerisch tätige Witwe abzuziehen. Leiste die Witwe Arbeit oder Mehrarbeit, die ihr im Rahmen der Schadensminderungspflicht an sich nicht zumutbar sei, so dürfe der durch diese Arbeit erzielte Ertrag nicht dem Haftenden zugutekommen. Dies sei insbesonders auch bei bäuerlichen Betrieben zu berücksichtigen, wenn etwa durch den Tod des Mannes die Frau ganz oder teilweise dessen Arbeit mitübernehme. Es könne grundsätzlich nicht verlangt werden, daß die Witwe über das Ausmaß hinaus arbeite, das ihrer Tätigkeit im Betrieb vor dem Tod des Mannes entspreche. Tue sie es dennoch, müsse der daraus gezogene Vorteil ihr und nicht dem Schädiger zugutekommen (EFSlg 63.281, 63.278, 41.136; Reischauer, aaO, Rz 18 zu § 1312).

Eine besondere Rolle bei der Berechnung des Entganges nach § 1327 ABGB spielten die "fixen Haushaltskosten". Darunter verstehe man alle jene Kosten der Haushaltsführung, die sich durch den Wegfall des Verstorbenen in ihrer Höhe nicht wesentlich ändern und Unterhaltscharakter haben (EFSlg 36.223). Darunter fielen etwa Leistungen des Getöteten für Miete und Strom (EFSlg 63.286). Auch Kosten der Erhaltung und des Betriebes eines Kraftfahrzeuges könnten dazu gehören, wenn dieses zur Befriedigung der Bedürfnisse aller Haushaltsangehöriger verwendet wurde und sich die Betriebs- und Erhaltungskosten durch den Wegfall eines von ihnen nicht wesentlich ändern (EFSlg 60.050). Bestehe der Haushalt aus mehreren Personen und überlebten neben einem Ehegatten Kinder, so stelle sich die Frage, ob der Kostenersatz hinsichtlich dieser Fixkosten insgesamt dem überlebenden Ehegatten zugesprochen werden solle oder diesem und den Kindern anteilig. Nach der überwiegenden Rechtsprechung stehe der überlebenden Witwe der gesamte Kostenersatz zu, wenn sie für die Kinder allein unterhalts- und sorgepflichtig sei (ZVR 1980/323; Reischauer, aaO, Rz 32 zu § 1327).

Im vorliegenden Fall sei die Behauptung der Klägerin, wonach sie im landwirtschaftlichen Betrieb nie mitgearbeitet habe, von Bedeutung. Das Erstgericht habe dazu zwar noch keine Feststellungen getroffen, doch stünden der sich mit ihrem Vorbringen deckenden Parteienaussage der Klägerin in diesem Punkte keine anderen Beweisergebnisse entgegen. Da sich der verstorbene Gatte der Klägerin auch hinsichtlich deren Liegenschaftshälfte das Fruchtgenußrecht vorbehalten hatte, seien ihm allein die gesamten Erträgnisse aus der Nutzung der Landwirtschaft zugekommen. Die Klägerin habe daher seit der Aufgabe ihres Berufes nach der Geburt des ersten Kindes kein eigenes Einkommen mehr gehabt und somit einen Anspruch gegenüber ihrem Gatten auf Unterhalt, ohne sich ein eigenes Einkommen anrechnen lassen zu müssen. Der verstorbene Gatte habe somit der Klägerin und auch den drei Kindern (daß solche vorhanden seien, habe das Erstgericht ebenfalls noch nicht festgestellt) vom erzielten Einkommen Unterhalt geleistet.

Bei der Berechnung des Unterhaltsentganges der Klägerin sei daher zunächst das gesamte Nettoeinkommen des Verstorbenen einschließlich seines Einkommens aus unselbständiger Erwerbstätigkeit zu ermitteln. Neben den Abschreibungen für Anlagevermögen werde dabei auch zu bedenken sein, daß auch ein Landwirt einen nicht unerheblichen Teil seines Reineinkommens in den landwirtschaftlichen Betrieb investieren müsse, um weiter existieren und wachsen zu können. In welcher Höhe solche Investitionen tatsächlich erforderlich sind, werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren noch zu erörtern haben. Ferner werde es noch erheben müssen, welche Fixkosten im privaten Haushalt bis zum Tode des Ehegatten der Klägerin angefallen sind und in welchem Umfang das nach Abzug der Fixkosten verbleibende Einkommen für die einzelnen Familienmitglieder tatsächlich verwendet wurde. Der allein auf die Klägerin entfallende Teil stelle den von ihr vor dem Tod ihres Gatten bezogenen Unterhalt dar. Von diesem sei nun das aus dem Betrieb von der Klägerin nach dem Tod ihres Gatten erzielte Nettoeinkommen in Abzug zu bringen, soweit es der Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse diene. Auch bei Bildung dieser Abzugspost sei wieder zu berücksichtigen, daß ein Teil des Reinerlöses für neue Investitionen erforderlich sein könnte. Ob und in welchem Ausmaß dies zur Aufrechterhaltung der von der Klägerin im Rahmen des Betriebes entfalteten Tätigkeit tatsächlich notwendig sei, werde im fortgesetzten Verfahren noch zu erörtern sein.

Auch wenn sich die Klägerin bis zum Tode ihres Gatten nur um den Haushalt und die Kindererziehung kümmerte, werde ihr zumindest die Verpachtung der landwirtschaftlichen Gründe, die Weitervermietung des Nebenhauses und der im Haupthaus bestehenden Wohneinheiten und die Verpachtung der Gärten weiterhin zumutbar sein. Das daraus bezogene Nettoeinkommen müsse sie sich nach Abzug der notwendigen Investitionskosten anrechnen lassen.

Hinsichtlich der Verletzung der Schadensminderungspflicht bezüglich eines Mindererlöses bei der Pacht führte das Berufungsgericht aus, daß die Beweislast für Umstände, die eine Kürzung des Schadenersatzes bewirken sollten, der Haftende trage (ZVR 1963/234 [Zitat irrig; Nachweise bei Reischauer, aaO, Rz 44 zu § 1304]). Da nicht anzunehmen sei, daß sich die Klägerin ohne Notwendigkeit mit einem geringeren Pachterlös, als tatsächlich erreichbar, zufriedengebe, und auch die Möglichkeit bestehe, daß die Klägerin aufgrund ihrer besonderen Situation nicht den sonst üblichen Pachtzins erreichen konnte, erscheine es sachgerecht, den Beweis der Verletzung der Schadensminderungspflicht erst dann als erbracht anzusehen, wenn nachgewiesen werde, daß die Klägerin eine konkrete Möglichkeit, einen höheren Pachtzins zu erzielen, nicht genutzt oder ausgeschlagen habe (SZ 51/91; JBl 1957, 132).

Ob die Pensionspferdehaltung eine der Klägerin zumutbare Tätigkeit darstelle, werde davon abhängen, ob eine Verpachtung dieses Teilbetriebes möglich ist. Dazu wäre es insbesonders erforderlich, daß dieser Teilbetrieb einen so hohen Ertrag abwerfe, daß er einerseits ein ausreichendes Einkommen für einen Pächter und anderseits auch noch ein nicht nur geringfügiges Pachteinkommen für die Klägerin erbringen könne und weiters, daß auch tatsächlich Interessenten vorhanden seien, die ein derartiges Pachtverhältnis eingehen wollen. Keinesfalls wäre es aber der Klägerin zumutbar, die Pensionspferdehaltung selbst auszuführen oder durch einen Angestellten auf ihre Kosten und ihr Risiko ausführen zu lassen, zumal sie vor dem Tod ihres Gatten eine Tätigkeit in dieser Richtung nie entfaltet habe.

Ein Unternehmerlohn erscheine in Anbetracht der Vermietung der Wohnungen und der Verpachtung der landwirtschaftlichen Gründe und Gärten nicht als Abzugspost gerechtfertigt, weil dazu nur geringfügige Tätigkeiten der Klägerin erforderlich seien, die auch in Anbetracht ihrer Tätigkeit bis zum Tod ihres Gatten noch eine zumutbare Mehrarbeit im Rahmen der Schadensminderungspflicht darstellten. Ob ein Unternehmerlohn im Zusammenhang mit einer Verpachtung der Pensionspferdehaltung als Abzugspost zu veranschlagen sei, werde davon abhängen, ob auch bei einer Verpachtung eine gewisse Präsenz der Klägerin erforderlich sei.

Ferner werde bei der Bildung der Abzugsposten aus dem nunmehr von der Klägerin bezogenen Einkommen zu berücksichtigen sein, daß davon auch der Unterhalt für ihre Kinder bestritten werde. Nur was über diese Konsumquote der Kinder hinausgehe und der Klägerin zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse bleibe, sei zur Errechnung des Unterhaltsentganges dem ihr vor dem Tod ihres Gatten erhaltenen Unterhalt (ohne damalige Fixkosten) gegenüberzustellen. Ferner habe sich die Klägerin die nunmehr bezogene Witwenpension anrechnen zu lassen.

Hingegen erhöhe sich der Unterhaltsentgang um die gesamten fixen Haushaltskosten. Der so ermittelte Nettounterhaltsentgang sei dann soweit aufzuwerten, daß auch nach Abzug aller Steuern und Abgaben vom aufgewerteten "Brutto-Schadenersatz" im Sinne des § 1327 ABGB der ihr zustehende Nettoentgang verbleibe.

Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht alle aufgezeigten Fragen zu klären haben.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt, weil noch keine gesicherte Rechtsprechung dazu vorliege, wie der Unterhaltsentgang nach § 1327 ABGB zu errechnen sei, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte bisher in keiner Weise im landwirtschaftlichen Betrieb des getöteten Ehegatten mitgearbeitet habe; gleiches gelte auch für die Frage, ob von einem eigenen Einkommen der Unterhaltsberechtigten auszugehen sei, wenn sie schon vor dem Tod ihres Gatten zwar Miteigentümerin der Liegenschaft war, das diesbezügliche Wirtschafts- und Fruchtgenußrecht aber ausschließlich ihrem Gatten zukam. Schließlich sei auch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob die Fixkosten des Haushaltes bei alleiniger Sorgepflicht der Witwe für ihre Kinder allein bei der Ermittlung des Unterhaltsentganges der Witwe oder anteilig auch bei der Ermittlung des Unterhaltsentgangs der Kinder zu veranschlagen sei, nicht einheitlich.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß die Rechtssache an das Erstgericht unter Bedachtnahme auf die Ausführungen in diesem Rekurs zurückverwiesen werde; hilfsweise wird beantragt, dem Berufungsgericht aufzutragen, über die Berufung unter Bedachtnahme auf die Ausführungen im Rekurs neuerlich zu entscheiden; in eventu wird letztlich beantragt, den angefochtenen Beschluß dahingehend abzuändern, daß der Berufung der beklagten Parteien keine Folge gegeben werde.

Die beklagten Parteien haben Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Klägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß auch allein die Begründung des Aufhebungsbeschlusses angefochten werden kann, ohne daß der Auftrag an das Erstgericht, das Verfahren zu ergänzen, bekämpft wird (SZ 55/133).

Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, eine Vorteilsausgleichung habe nicht stattzufinden, weil das Gesetz keinerlei ausdrückliche Anrechnungsvorschriften enthalte. Für die Hinterbliebenen sei der Gedanke eines durch den Tod des Ehegatten erhaltenen Vorteils kaum nachvollziehbar und wirklichkeitsfremd; hingegen erscheine der haftpflichtversicherte Schädiger nicht in derart großem Umfang schützenswert. Der Gedanke der Vorteilsausgleichung erscheine für die heutige Zeit jedenfalls überholt, da jeder potentielle Schädiger sein Risiko vor Beginn einer gefahrengeneigten Tätigkeit durch Abschluß einer entsprechenden Versicherung ausschalten oder minimieren könne.

Weiters lasse der angefochtene Beschluß hinsichtlich der sogenannten "fixen Haushaltskosten" die Frage offen, ob der Klägerin der gesamte Kostenersatz zu gewähren sei bzw. ob dieser Ersatz der Klägerin und den Kindern anteilig zuzuerkennen sei. Richtigerweise stehe der Kostenersatz der überlebenden Witwe allein zu, welche Rechtsansicht dem Erstgericht überbunden werden solle.

Schließlich solle das Untergericht daran gebunden werden, daß die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkte des Todes ihres Mannes kein eigenes Einkommen und somit einen Anspruch gegenüber ihrem Gatten auf Unterhalt hatte, ohne sich ein eigenes Einkommen anrechnen lassen zu müssen.

Was die Möglichkeit der Verpachtung der landwirtschaftlichen Gründe, die Weitervermietung des Nebenhauses und der im Haupthaus bestehenden Wohneinheiten sowie die Verpachtung der Gärten betreffe, berücksichtige die angefochtene Entscheidung nicht, daß damit ein nicht unerheblicher Mehraufwand verbunden sei, den die Klägerin bis dahin in keiner Weise zu tragen hatte. Ein derartiger Aufwand sei insbesondere in der Buchführung über die Aus- und Eingänge, Instandhaltung der Substanz der Bestandobjekte, ständiger Kontrolle der Bestandobjekte im Hinblick auf Substanzbeeinträchtigung, Gefahrenquellen, Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen der Bestandnehmer usw. erforderlich. Dies stelle einen zusätzlichen Aufwand dar, der der Klägerin nicht aufgebürdet werden könne. Jedenfalls aber müsse ein Unternehmerlohn im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung der Wohnungen, der landwirtschaftlichen Gründe und Gärten sowie der Pensionspferdehaltung in Abzug gebracht werden. Darüber hinaus erscheine es sachgerecht, den Beklagten den Beweis dafür aufzuerlegen, daß die Klägerin eine konkrete Möglichkeit nicht genutzt habe, einen Ertrag in der Weise zu erzielen, wie er im angefochtenen Beschluß dargestellt ist.

Zunächst kann gemäß §§ 528a, 510 Abs.3 ZPO auf die ausführliche und zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes verwiesen werden.

Daß eine Vorteilsanrechnung grundsätzlich stattzufinden hat, entspricht ständiger Lehre und Rechtsprechung (siehe Reischauer in Rummel2, ABGB, Rz 2 ff zu § 1312; Apathy, KommzEKHG, Rz 23 zu § 12; Koziol-Welser I9, 459 ff jeweils mwN), und hat seinen Grund darin, daß der Geschädigte nicht mehr als die erlittenen Nachteile vergütet erhalten soll. Von dieser einhelligen Lehre und Rechtsprechung abzugehen besteht kein Anlaß, weil der Geschädigte durch das schädigende Ereignis nicht bessergestellt werden soll.

Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das Berufungsgericht die Frage der fixen Haushaltskosten keineswegs offengelassen, sondern vielmehr ausgeführt, daß sich ihr Unterhaltsentgang um die gesamten fixen Haushaltskosten erhöhe (siehe S.13 unten der Ausfertigung des Beschlusses des Berufungsgerichtes). Wie der Oberste Gerichtshof bereits in ZVR 1980/323 und EFSlg 36.221 ausgeführt hat - auch in 2 Ob 33/92 wurde diese Ansicht nicht abgelehnt - hat eine anteilsmäßige Berücksichtigung der fixen Haushaltskosten dort nicht zu erfolgen, wo die Witwe nach dem Tod des unterhaltspflichtigen Ehegatten und Vaters die bisher von diesem getragenen Kosten zufolge ihrer nunmehrigen alleinigen Sorge- und Unterhaltspflicht für die Waisen allein zu tragen hat. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß es nicht zu einer Bereicherung der Witwe kommen darf, was allerdings dann der Fall sein könnte, wenn ein Sozialversicherungsträger eine Waisenrente leistet und der Schadenersatzanspruch der Kinder insoweit auf ihn übergeht (Apathy, KommzEKHG, Rz 10 zu § 12). Insoweit die Klägerin eine Bindung des Erstgerichtes an die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes verlangt, ist sie darauf hinzuweisen, daß eine solche gegeben ist, ohne daß es darüber eines Ausspruches bedarf (siehe Kodek in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 499).

Der erkennende Senat schließt sich auch der Ansicht des Berufungsgerichtes, der Klägerin sei die Verpachtung der landwirtschaftlichen Gründe, die Weitervermietung des Nebenhauses und der im Haupthaus bestehenden Wohneinheiten und die Verpachtung der Gärten weiterhin zumutbar, an. Sollten mit der Buchführung tatsächlich erhebliche Mehrarbeiten verbunden sein, die der Klägerin nicht zugemutet werden können, so muß sie die Klägerin nicht selbst durchführen, sondern kann sie von einem Dritten durchführen lassen. Die damit verbundenen Aufwendungen wären dann vom Ertrag abzuziehen. Solle die Klägerin selbst nicht nur geringfügige Tätigkeiten erbringen müssen, stünde ihr auch ein Unternehmerlohn zu.

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch dargelegt, daß für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht den Schädiger die Behauptungs- und Beweislast trifft (SZ 60/218; SZ 58/127 uva). Der Schädiger hat zu behaupten und zu beweisen, daß der Geschädigte objektive Sorgfaltspflichten verletzt hat (Reischauer in Rummel2, Rz 44 zu § 1304). Die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verletzt, wer schuldhaft Handlungen unterläßt, die von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden und geeignet wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern (ZVR 1980/153). Was zugemutet werden kann, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile im Einzelfall und nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs (SZ 53/148; SZ 62/185). Der Klägerin kann daher eine Verletzung der ihr obliegenden Schadensminderungspflicht nur dann angelastet werden, wenn sie - unter Berücksichtigung der besonderen Situation des plötzlichen Todes ihres Ehegatten - konkret in der Lage gewesen wäre, einen besseren Pachtzins zu erzielen. Gleichermaßen müssen die beklagten Parteien auch nachweisen, daß eine Verpachtung des Teilbetriebes der Pensionspferdehaltung möglich und gewinnbringend gewesen wäre.

Zusammenfassend erweist sich sohin der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes als zutreffend, sodaß dem Rekurs der Klägerin ein Erfolg zu versagen war. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht auch noch zu prüfen haben, ob und welche Waisenpensionen die Kinder beziehen. Dies ist für die Beurteilung der Frage, welcher Unterhalt aus dem von der Klägerin erzielten Einkommen für die Kinder geleistet wird von Bedeutung, ebenso wie für die Frage, ob sich der Unterhaltsentgang der Witwe um die gesamten Fixkosten erhöht.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs.1 ZPO.

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