Spruch:
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs 1 StGB (laut Punkt D./) und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben; im Umfang der Aufhebung wird gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Karl H***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe von März bis Juli 1991 in Wien mit dem Vorsatz, sich aus der gewerbsmäßigen Unzucht des Andreas S***** eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, diesen dadurch ausgenützt, daß er ihn an etwa dreißig Tagen "auf den Strich schickte", wobei S***** die vereinnahmten Beträge von etwa 3.000 S täglich bis auf geringfügige zurückbehaltene Beträge abführen mußte und habe hiedurch das Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und der teils vollendeten, teils versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter achtzehn Jahren nach §§ 209 und 15 StGB wird Karl H***** nach §§ 28, 201 Abs 2 StGB zu 18 (achtzehn) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
III. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die zu I. getroffene Entscheidung verwiesen.
IV. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl H***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (A./ des Schuldspruchs), der teils vollendeten, teils versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter achtzehn Jahren nach §§ 209 und 15 StGB (B./ und C./) und des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs 1 StGB (D./) schuldig erkannt.
Darnach hat er in Wien
A./ im Frühjahr 1992 (richtig: 1991 - US 10; 51, 57, 71, 205, 241) zweimal Andreas S***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, nämlich die sinngemäße Äußerung: "Ich hau dich in die Goschn, wenn du nicht mit mir schläfst" zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich eines Mundverkehrs und anschließender Befriedigung mit der Hand, genötigt;
B./ durch die zu A./ geschilderte Handlung mit dem am 27.August 1973 geborenen Andreas S*****, sohin einer Person, die das vierzehnte, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte, gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben;
C./ am 5.November 1993 mit dem am 23.August 1978 geborenen Michael K*****, sohin einer Person, die das vierzehnte, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte, versucht, gleichgeschlechtliche Unzucht zu treiben, indem er dessen Glied berührte;
D./ in der Zeit von März bis Juli 1991 mit dem Vorsatz, sich aus der gewerbsmäßigen Unzucht des Andreas S***** eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, diesen dadurch ausgenützt, daß er ihn in dieser Zeit an etwa dreißig Tagen "auf den Strich schickte", wobei dieser die vereinnahmten Beträge von täglich rund 3.000 S bis auf geringfügige Beträge abführen mußte.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise Berechtigung zukommt.
Die in der Mängelrüge (Z 5) unter Verweisung auf das Vorbringen zur Tatsachenrüge (Z 5 a) behaupteten Aktenwidrigkeiten bzw "gravierenden Begründungsmängel" liegen nicht vor.
Aktenwidrig sind Entscheidungsgründe dann, wenn sie den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergeben (EvBl 1972/17 ua). Der Beschwerdeführer verkennt das Wesen dieses Nichtigkeitsgrundes, wenn er unter Hinweis auf Abweichungen in den Aussagen des Zeugen Andreas S***** (bloß) dessen vom Schöffengericht angenommene Glaubwürdigkeit zu erschüttern und damit seiner (leugnenden) Verantwortung doch noch zum Durchbruch zu verhelfen sucht; nach Inhalt und Zielsetzung des Beschwerdevorbringens bekämpft er solcherart lediglich unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Tatrichter.
Die Beschwerde vermag aber auch keine sonstigen Begründungsmängel des erstgerichtlichen Ausspruchs über entscheidende Tatsachen darzutun, weil das Erstgericht in ausreichender, mit den Denkgesetzen übereinstimmender Weise dargetan hat, warum es der Aussage des Zeugen S***** Glaubwürdigkeit zubilligte und damit die leugnende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt erachtete (US 13 ff).
Der Tatsachenrüge (Z 5 a) genügt es - ohne daß es eines detaillierten Eingehens auf das weitwendige Beschwerdevorbringen bedarf - entgegenzuhalten, daß sich die Ausführungen hiezu (abermals) zur Gänze im Versuch erschöpfen, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Weise nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen, indem sie vor allem unter Hinweis auf aus dem Zusammenhang gelöste Teile der Angaben des Zeugen S***** die erstgerichtlichen Feststellungen zu erschüttern versucht; sie vermag allerdings damit aus den Akten keine Umstände darzutun, die erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen erwecken.
Die zum Schuldspruchfaktum C./ erhobene Rechtsrüge (nominell Z 5 a, sachlich 9 lit a) entbehrt zum einen der gesetzmäßigen Darstellung, weil sie mit der Behauptung einer bloß flüchtigen Berührung von urteilsfremden Prämissen (US 18) ausgeht; sie übersieht zum andern, daß es bei - wie hier - sexuell motivierter Betätigung (US 12), deren tatbestandsspezifische Vollendung an der Gegenwehr des Opfers scheiterte und demzufolge vom Erstgericht angenommenen Versuch des Verbrechens gleichgeschlechtlicher Unzucht mit Jugendlichen - rechtlich unerheblich ist, welchen der Geschlechtssphäre des Jugendlichen zuzuordnenden Körperteil der Täter berührt (Leukauf-Steininger Komm2 § 209 RN 7).
Im bisher erörterten Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Hingegen kommt der auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten, den Strafaufhebungsgrund der Verjährung reklamierenden Rechtsrüge, die nur gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der Zuhälterei richtet (D./), Berechtigung zu:
Das Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bedroht, sodaß die Verjährungsfrist gemäß § 57 Abs 3 fünfter Fall StGB ein Jahr beträgt; ihr Lauf begann im gegenständlichen Fall somit mit Ende Juli 1991 und endete mit Ende Juli 1992. Da der Beschwerdeführer erst nach Ablauf der in Rede stehenden einjährigen Verjährungsfrist, nämlich am 5. November 1993, neuerlich eine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende strafbare Handlung beging (C./) und die Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (A./) und der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter achtzehn Jahren nach § 209 StGB (B./) - zeitlich nicht näher determiniert - im Frühjahr 1991 und damit im Zweifel schon vor Begehung des Vergehens der Zuhälterei verübte, trat weder eine Ablaufshemmung der Verjährungsfrist des letztgenannten Deliktes gemäß § 58 Abs 2 StGB ein, weil die Verjährungsfrist der späteren Tat (Zuhälterei) zur Gänze vor Ablauf der (gemäß § 57 Abs 3 dritter Fall StGB fünfjährigen) Verjährungsfrist der früheren Tat zu Ende war (Foregger in WK § 58 StGB Rz 3), noch - in Ermangelung eines wegen der gegenständlichen Tat gegen den Angeklagten während des Laufes der Verjährungsfrist anhängigen Strafverfahrens - eine Fortlaufshemmung nach § 58 Abs 3 Z 2 StGB. Es war daher wegen Vorliegens der Verjährungsvoraussetzungen keine Vergehen der Zuhälterei insoweit mit einem Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO vorzugehen.
Infolge Teilaufhebung des Schuldspruchs war auch der Strafausspruch zu kassieren und die Strafe neu zu bemessen. Dabei war erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen, die Wiederholung der strafbaren Handlungen und die einschlägige Vorstrafe, mildernd hingegen der Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb.
Von einem - vom Erstgericht angenommenen - Teilgeständnis zum Schuldspruchfaktum C./ kann in Wahrheit keine Rede sein (vgl 193); ein Wohlverhalten (§ 34 Z 18 StGB) hinwieder liegt - entgegen der Berufungsargumentation - schon im Hinblick auf die Tatzeit zu C./ (November 1993) nicht vor.
Die verhängte Freiheitsstrafe trägt in ihrem auf den unteren Bereich der gesetzlichen Strafdrohung (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) beschränkten Ausmaß den konkreten Straferfordernissen Rechnung. Für die Annahme, daß ihre bloße Androhung genügen werde, den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, bleibt schon aus spezialpräventiver Sicht kein Raum.
Auf diese Strafneubemessung waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren Berufungen zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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