OGH 4Ob123/94

OGH4Ob123/948.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Graff und Mag.Werner Suppan, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Wolfgang A*****, 2. Mag.Walter G*****, 3. Bernd N*****, alle *****, ***** alle vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000), infolge Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 27.Juni 1994, GZ 4 R 61/94-13, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 2.Februar 1994, GZ 37 Cg 433/93-9, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

"Einstweilige Verfügung

Den beklagten Geschäftsführern der M*****GesellschaftmbH und der M*****GesellschaftmbH & Co KG wird ab sofort verboten, in Österreich periodische Druckwerke aus dem Verlag W***** GesellschaftmbH, D*****, insbesondere die Zeitschriften 'N*****', 'F*****' und 'E*****', vertreiben zu lassen, wenn dabei oder damit die Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel mit nicht unerheblichen Preisen angekündigt oder gewährt wird und die Teilnahme an einem solchen Gewinnspiel durch den Kauf der Zeitschrift ermöglicht oder erleichtert wird, und zwar wenn und solange das Verkaufenlassen derartiger Zeitschriften der Verlegerin W***** GesellschaftmbH in D***** für das Gebiet der Republik Österreich durch eine rechtswirksame einstweilige Verfügung verboten ist.

Die Beklagten haben die Kosten ihrer Äußerung endgültig selbst zu tragen.'

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagten haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen."

Text

Begründung

Die Klägerin ist Verlegerin und Medieninhaberin der Wochenzeitschrift "D*****". Die Beklagten sind Geschäftsführer der M*****GesellschaftmbH und damit auch der M*****GesellschaftmbH & Co KG (idF: Vertriebsgesellschaft). Die Vertriebsgesellschaft gehört zur M*****Gruppe, an der die deutsche Verlagsgruppe W***** (W*****) maßgeblich beteiligt ist. Zur W***** gehört auch die W***** GesellschaftmbH in D*****, welche die Zeitschriften "N*****", "F*****" und "E*****" herausbringt. Diese Zeitschriften werden in Österreich von der Vertriebsgesellschaft vertrieben.

Im August 1993 wurde auf den Titelseiten der genannten Zeitschriften auf die im Blattinnern veröffentlichten Gewinnspiele hingewiesen. Am 11.8.1993 übermittelte der Klagevertreter den Beklagten Schreiben, die er an die Vertriebsgesellschaft und an die M***** Anzeigen-GesellschaftmbH & Co KG gerichtet und in denen er diese aufgefordert hatte, die Werbung für den Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften zu unterlassen, wenn dabei auffällig, insbesondere auf der Titelseite, die Einräumung der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel im Zusammenhang mit dem Kauf des Produktes angekündigt wird. Mit Briefen vom 11.8.1993 forderte der Klagevertreter die Beklagten persönlich auf, es ab 1.9.1993 zu unterlassen, für die Zeitschriften "N*****", "F*****" und "E*****" sowie für alle anderen Zeitschriften ihres Vertriebsprogrammes zu werben und diese zu vertreiben, wenn auf der Titelseite, über Gewinnkupons oder durch regelmäßig wiederkehrende Veröffentlichungen die Lesererwartung geweckt wird, daß verbotene Zugaben in Form von Gewinnspielen angekündigt oder gewährt werden. In den Ausgaben der Zeitschriften "N*****", "F*****" und "E*****" vom 18.8.1994 wurden verbotene Zugaben in Form von Gewinnspielen angekündigt oder gewährt.

Am 19.8.1993 informierte der Leiter der Rechtsabteilung der M*****verlagGesellschaftmbH & CO KG, Dr.Ernst S*****, im Auftrag der Beklagten die Rechtsanwälte der W***** GesellschaftmbH über die österreichische Rechtslage bei Zeitungs-Gewinnspielen und teilte ua mit, daß auch eine Gewinnspielankündigung im Zeitungsinnern wettbewerbswidrig sein könne, wenn sie Kaufzwang ausübe. Dies sei nach ständiger Judikatur (ua) dann der Fall, wenn "die Teilnahme an dem Gewinnspiel nur durch Einsenden eines in der Zeitung/Zeitschrift abgedruckten Kupons oder einer dort enthaltenen Teilnahmekarte möglich ist" oder wenn "regelmäßig gleichartige Gewinnspiele durchgeführt und damit entsprechende Erwartungen der Leser geweckt werden". Dr.Ernst S***** vertrat in diesem Schreiben die Auffassung, daß Gewinnspiele keine Zugabe seien, wenn darauf hingewiesen werde, daß Einsendungen aus Österreich aus rechtlichen Gründen nicht teilnehmen können.

Die W***** GesellschaftmbH sicherte der Vertriebsgesellschaft am 23.8.1993 zu, ab 1.9.1993 weder auf den Titelseiten noch im Blattinnern der Zeitschriften ihres Verlages Gewinnspiele anzukündigen oder durchzuführen, die der österreichischen Rechtslage widersprechen.

Seit 1.9.1993 werden auf den Titelseiten der Zeitschriften "N*****", "F*****" und "E*****" keine Gewinnspiele mehr angekündigt.

Die Klägerin erwirkte gegen die W***** GesellschaftmbH am 17.9.1993 eine einstweilige Verfügung des Handelsgerichtes Wien (GZ 39 Cg 89/93v-3). Damit wurde der W***** GesellschaftmbH verboten, periodische Druckwerke, insbesondere die Zeitschriften "N*****", "F*****" und "E*****", verkaufen zu lassen, wenn dabei oder damit die Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel mit nicht unerheblichen Preisen angekündigt oder gewährt wird und die Teilnahme an einem solchen Gewinnspiel durch den Kauf der Zeitschrift ermöglicht oder erleichtert wird. Das Handelsgericht Wien stellte sowohl Gewinnspielankündigungen auf dem Titelblatt als auch im Blattinnern fest und vertrat die Auffassung, die W***** GesellschaftmbH habe durch die "Einräumung und Ankündigung vielfältiger Teilnahmemöglichkeiten" gegen § 9a Abs 1 Z 1 UWG verstoßen.

Am 12.10.1993 übermittelte der Klagevertreter der Vertriebsgesellschaft und den Beklagten Kopien der einstweiligen Verfügung und machte darauf aufmerksam, "daß jede Mitwirkung an dem Verkauf der angeführten Zeitschriften in Österreich für Sie persönlich und für Ihre Gesellschaft zivil- und möglicherweise auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Zur Vermeidung gerichtlicher Schritte fordere ich Sie persönlich und Ihre Gesellschaft namens meiner Mandantschaft F*****GesellschaftmbH auf, für die Zeit des Rechtsbestandes der einstweiligen Verfügung alle Maßnahmen zu ergreifen, um den Verkauf der angeführten Zeitschriften in Österreich in Ihrem Einflußbereich zu unterbinden und mir binnen drei Tagen zu bestätigen, daß Sie die erforderlichen Veranlassungen getroffen haben."

Am 18.10.1993 wurden in Wien Ausgaben der Zeitschrift "N*****", "F*****" und "E*****" verkauft, die zahlreiche, teilweise schon im Inhaltsverzeichnis angekündigte Gewinnspiele enthielten. Bei einem Teil der Gewinnspiele war die Lösung auf einen Kupon zu schreiben, der auszuschneiden und einzusenden war. Das gleiche gilt für die Ausgaben dieser Zeitschriften vom 16.11.1993. Am 22.11.1993 wurden die Chefredaktionen der genannten Zeitschriften angewiesen, ab der nächsterreichbaren Ausgabe bei jedem Preisrätsel folgenden Hinweis anzubringen:

"Einsendungen aus Österreich können aus rechtlichen Gründen nicht berücksichtigt werden. Wir bitten um Ihr Verständnis".

Gleichzeitig wurde die Weisung erteilt, auch auf der Titelseite der Österreichausgabe keine Preisrätsel anzukündigen.

In den Ausgaben der drei Zeitschriften vom 8.12.1993 war der Großteil der Gewinnspiele mit dem oben erwähnten Hinweis versehen; in den Ausgaben vom 5.1.1994 war der Hinweis bei allen Gewinnspielankündigungen angebracht.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, in Österreich periodische Druckwerke aus dem Verlag W***** GesellschaftmbH, D*****, insbesondere die Zeitschriften "N*****", "F*****" und "E*****", verkaufen zu lassen, wenn dabei oder damit die Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel mit nicht unerheblichen Preisen angekündigt oder gewährt wird und die Teilnahme an einem solchen Gewinnspiel durch den Kauf der Zeitschrift ermöglicht oder erleichtert wird, und zwar wenn und solange das Verkaufenlassen derartiger Zeitschriften der Verlegerin W***** GesellschaftmbH in D***** für das Gebiet der Republik Österreich durch eine rechtswirksame einstweilige Verfügung verboten ist.

Die Aufforderungen des Klagevertreters, jede Mitwirkung an dem Verkauf der verbotenen Zeitschriften in Österreich zu unterlassen, seien erfolglos geblieben. Es würden weiterhin Zeitschriften mit Gewinnspielankündigungen verkauft, die aus mehreren Gründen wettbewerbswidrig seien. Die Beklagten seien wegen der Mitteilungen des Klagevertreters schlechtgläubig; sie wären als Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft in der Lage, den Wettbewerbsverstoß zu unterbinden. Sie wirken wissentlich an der Mißachtung einer für das Gebiet der Republik Österreich erlassenen einstweiligen Verfügung mit.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Zwischen der Klägerin und den Beklagten bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Die Beklagten seien keine Fachleute auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts. Mit dem Verzicht auf Gewinnspielankündigungen auf dem Titelblatt habe die W***** GesellschaftmbH den in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen Genüge getan. Gewinnspielankündigungen im Blattinnern seien nach der Entscheidung des OLG Wien vom 9.9.1993, 3 R 89/93, nicht wettbewerbswidrig. Einer Vertriebsgesellschaft sei es unmöglich, die von ihr vertriebenen Zeitungen auf Wettbewerbsverstöße zu überprüfen. Die Beklagten seien weder unmittelbare Täter noch Mittäter, noch Anstifter oder Gehilfen. Gehilfe sei nur, wer den Täter bewußt fördere. Eine bloße Weiterverbreitung sei keine bewußte Förderung. Würden Gewinnspiele nur im Blattinnern angekündigt, so sei die Annahme, daß diese Ankündigungen zulässig seien, aufgrund der Rechtsprechung gerechtfertigt. Es fehle daher bereits der Vertriebsgesellschaft das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit. Durch eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagten würde das Ergebnis des Rechtsstreites zwischen der W***** GesellschaftmbH und der Klägerin vorweggenommen. Die Beklagten hätten mit dem Verkauf der beanstandeten Zeitschriften nichts zu tun. Die Vertriebsgesellschaft habe lediglich die Funktion eines Grossisten, der die Zeitungen an den Detailhändler als reiner Transporteur weiter liefere.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.

Die Kenntnis der Beklagten von den früheren Zugabenverstößen lasse nicht darauf schließen, daß sie auch von den Verstößen in den folgenden Ausgaben gewußt hätten. Das schließe eine bewußte Förderung aus. Die Beklagten hätten sich der Kenntnis auch nicht bewußt verschlossen, sondern schon nach dem ersten Abmahnschreiben des Klagevertreters einen Fachmann beauftragt, den deutschen Verlag aufzuklären. Letztlich habe die Initiative der Beklagten dazu geführt, daß die im Blattinnern angekündigten Gewinnspiele wegen des Ausschlusses österreichischer Teilnehmer nicht mehr wettbewerbswidrig seien. Nach der Rechtsprechung sei ein Vertriebsunternehmen nicht verpflichtet, die von ihm vertriebenen Zeitschriften - gleichsam als Zensor - auf allfällige Rechtsverletzungen hin zu überprüfen. Die Prüfpflicht sei in der Rechtsprechung ohne Einschränkung verneint worden, woraus geschlossen werden könne, daß auch die Kenntnis früherer Wettbewerbsverstöße keine Verpflichtung begründe, künftige Ausgaben zu überprüfen.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

In der Entscheidung 4 Ob 54/94 MR 1994, 127 - E***** habe der Oberste Gerichtshof jene Rechtsprobleme gelöst, um die es auch im vorliegenden Fall gehe. Danach sei das Vertriebsunternehmen nicht Gehilfe. Den Beklagten sei es unter den hier gegebenen Umständen nicht zuzumuten gewesen, über die Prüfung der Titelseiten hinausgehende Kontrollmaßnahmen zu setzen. Ob die Beklagte wegen des Vertriebes der beanstandeten Zeitschriften im Zeitraum zwischen der ersten Beanstandung und dem 1.9.1993 als Gehilfen hafteten, müsse nicht geprüft werden, weil keine Wiederholungsgefahr bestehe. Die Vertriebsgesellschaft habe vom deutschen Medieninhaber die Zusage erhalten, auf Gewinnspielankündigungen auf dem Titelblatt zu verzichten. Sie habe damit zu erkennen gegeben, in Hinkunft von derartigen Vertriebshandlungen ernstlich Abstand nehmen zu wollen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Die Klägerin weist darauf hin, daß es im vorliegenden Verfahren nicht um denselben Sachverhalt wie im Verfahren 4 Ob 54/94 MR 1994, 127 - E***** gehe. Während jenem Verfahren nur die Geschehnisse bis 3.10.1993 zugrundelägen, betreffe das vorliegende Verfahren auch die nachfolgende Entwicklung. Nach dem 3.10.1993 seien entscheidende neue Sachverhaltselemente verwirklicht worden, die es ausschlössen, die Verpflichtung der Beklagten zu verneinen, die beanstandeten Zeitschriften auf wettbewerbswidrige Gewinnspiele zu überprüfen.

Die Entscheidung 4 Ob 54/94 MR 1994, 127 - E***** ist im Verfahren 17 Cg 148/93 des Handelsgerichtes Wien ergangen, das die Klägerin (ua) gegen die Vertriebsgesellschaft angestrengt hatte. Die Klägerin beantragte ein Unterlassungsgebot, welches dem hier verfahrensgegenständlichen Begehren im wesentlichen gleich ist. Im Verfahren wurde derselbe Sachverhalt festgestellt wie im vorliegenden Verfahren, allerdings mit der Einschränkung, daß die Feststellungen nur den Zeitraum bis Ende September 1993 erfassen. Der Beschluß, mit dem der Sicherungsantrag abgewiesen wurde, ist am 4.10.1993 ergangen. Rekurs und Revisionsrekurs blieben erfolglos.

Im vorliegenden Verfahren ist die Sachverhaltsgrundlage insoweit erweitert, als der Klagevertreter den Beklagten am 12.10.1993 die gegen die W***** GesellschaftmbH ergangene einstweilige Verfügung vom 17.9.1993, 39 Cg 89/93v-3, übermittelt und die Beklagten darauf aufmerksam gemacht hat, daß jede Mitwirkung am Verkauf der darin angeführten Zeitschriften von der Klägerin gerichtlich verfolgt werden würde. Nach dem in der einstweiligen Verfügung vom 17.9.1993, 39 Cg 89/93v-3, wiedergegebenen Sachverhalt wurden in den Zeitschriften der W***** GesellschaftmbH nicht nur auf dem Titelblatt Gewinnspiele angekündigt, sondern auch (bloß) im Blattinnern, wobei (ua) Kupons auszuschneiden und einzusenden waren.

Daß solche Gewinnspiele wettbewerbswidrig sind steht nach den Entscheidungen MR 1989, 65 - Frau und Freizeit I und ÖBl 1989, 112 - Frau und Freizeit II außer Zweifel, sind sie doch geeignet, zum Kauf der (Haupt)Ware zu verleiten (Anm Korn zu MR 1989, 65 - Frau und Freizeit). Es kommt daher gar nicht mehr darauf an, daß die Zugabeneigenschaft bei der serienweisen Ankündigung von Gewinnspielen erstmals in der Entscheidung 4 Ob 6/94 ecolex 1994, 553 = WBl 1994, 318 - Bub oder Mädel bejaht wurde. Auch bei der serienweisen Ankündigung von Gewinnspielen mußte aufgrund der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, wonach psychischer Kaufzwang genügt (s ÖBl 1981, 25 - Himalaya-Expedition; ÖBl 1982, 46 - Fernroulette; ÖBl 1988, 156 - Ferien-Banknoten-Gewinnspiel ua), schon vorher klar sein, daß die durch regelmäßige Veranstaltung von gleichartigen Gewinnspielen geweckte Erwartung, auch in den folgenden Ausgaben der Zeitschrift Gewinnspielankündigungen vorzufinden, zum Kauf verleitet und damit die Zugabeneigenschaft des Gewinnspiels begründet. Dies zeigt der Brief, den Dr.Ernst S***** im Auftrag der Beklagten an die Rechtsvertreter der deutschen Medieninhaberin gerichtet hat. Danach sind (auch) Gewinnspielankündigungen im Blattinnern wettbewerbswidrig, wenn sie Kaufzwang ausüben, wie zB dann, wenn "regelmäßig gleichwertige Gewinnspiele durchgeführt und damit entsprechende Erwartungen der Leser geweckt werden".

Den Beklagten war demnach durch das Schreiben des Klagevertreters vom 12.10.1993 jedenfalls bekannt, daß in den genannten Zeitschriften der W***** GesellschaftmbH nicht nur auf dem Titelblatt wettbewerbswidrige Gewinnspielankündigungen enthalten sind.

Bei dieser Sachlage konnten sich die Beklagten nicht darauf beschränken, auf die Zusicherung des deutschen Medieninhabers zu vertrauen und nur die Titelseiten zu kontrollieren. Haben sie die Zeitschriften nicht auch durchgeblättert (in einigen Fällen hätte ein Blick auf Seite 2 genügt, weil die Gewinnspiele im Inhaltsverzeichnis angekündigt waren), so haben sie sich der Kenntnis, daß die Zeitschriften wettbewerbswidrige Gewinnspielankündigungen enthalten, bewußt entzogen. Wer sich der Kenntnis eines Tatbestandes bewußt entzieht, muß gleich dem behandelt werden, der den Tatbestand kennt (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 EinlUWG Rz 127; ÖBl 1984, 95 - Stilmöbeltisch).

Ist demnach davon auszugehen, daß den Beklagten der wettbewerbswidrige Inhalt der Zeitschriften bekannt war, so hat die Vertriebsgesellschaft, welcher das Wissen ihrer Geschäftsführer zuzurechnen ist (SZ 52/167 mwN), mit dem Vertrieb der Zeitschriften den Wettbewerbsverstoß des deutschen Medieninhabers bewußt gefördert. Das unterscheidet den vorliegenden Fall von dem der E MR 1991, 162 - Zeitungsvertrieb = ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk zugrundeliegenden Sachverhalt. Während das Vertriebsunternehmen in jenem Fall ihm verpackt zum Zweck des Vertriebs übermittelte Zeitungen versandte, ohne daß ihm die darin enthaltenen Werbeankündigungen bewußt gewesen wären, war den Beklagten der wettbewerbswidrige Inhalt der Zeitschriften bekannt. In einem solchen Fall wird dem Vertriebsunternehmen nicht zugemutet, als "Zensor" zu fungieren. Von "Zensuren" kann nur gesprochen werden, wenn der Inhalt von Druckerzeugnissen generell überprüft werden soll, um etwaige Wettbewerbsverstöße aufzuspüren. Hat hingegen ein Vertriebsunternehmen konkreten Anlaß zur Annahme, daß durch den Inhalt der von ihm vertriebenen Zeitschriften Wettbewerbsverstöße begangen werden, so wird mit der Verpflichtung zur Kontrolle nur einem Grundsatz entsprochen, dessen Verletzung die Haftung als Gehilfe begründet: Nicht sehenden (= bewußt verschlossenen) Auges wettbewerbswidriges Verhalten zu fördern.

Das Vertriebsunternehmen leistet mit dem Vertrieb auch keinen untergeordneten Tatbeitrag, werden doch durch seine Tätigkeit die gesetzwidrigen Ankündigungen in Österreich verbreitet. Dazu kommt, daß die gegen den deutschen Medieninhaber ergangene einstweilige Verfügung im Ausland nicht vollstreckt werden kann und daher wirkungslos bleibt, wenn dieser sich nicht freiwillig daran hält. Daß nicht nur gegen den Medieninhaber, sondern auch gegen das Vertriebsunternehmen vorgegangen werden kann, wenn dieses gesetzwidriges Verhalten des Medieninhabers bewußt fördert, ist für einen wirksamen Rechtsschutz des durch den Inhalt eines Druckwerks Beeinträchtigten unabdingbar. Ihm muß es möglich sein, auch die Verbreitung von bereits beim Vertriebsunternehmen befindlichen Druckwerken zu unterbinden; bei einem ausländischen Medieninhaber ist dies in der Regel überhaupt die einzige Möglichkeit (s BGH NJW 1976, 790 - VUS). Bei den hier gegebenen Umständen ist die Kontrolle auch zumutbar, genügt es doch, ein Exemplar der jeweiligen Zeitschrift durchzublättern.

Die Vertriebsgesellschaft war daher Gehilfe des unmittelbaren Täters, hat sie doch den Wettbewerbsverstoß des deutschen Medieninhabers durch den Vertrieb bewußt gefördert. Ihren Geschäftsführern und damit, wie oben dargelegt, auch ihr war nicht nur bewußt, daß sie die Zeitschriften vertreibt, sondern sie wußte auch um die Tatsache, daß in diesen Zeitschriften wettbewerbswidrige Gewinnspiele angekündigt werden. Als Gehilfe ist sie gleich dem unmittelbaren Täter zur Unterlassung verpflichtet (Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 94; stRspr MR 1991, 162 - Zeitungsvertrieb = ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk; MR 1994, 127 - E***** mwN).

Daß die Ausgaben der Zeitschriften vom 5.1.1994 keine wettbewerbswidrigen Ankündigungen mehr enthielten, weil Einsendungen aus Österreich von der Teilnahme ausgeschlossen waren, vermag die Wiederholungsgefahr nicht zu beseitigen. Die Beklagten haben - ohne daß ein Titel gegen sie bestünde - im Verfahren darauf beharrt, nicht wettbewerbswidrig gehandelt zu haben. Das schließt es aus, den Wegfall der Wiederholungsgefahr anzunehmen (stRspr ÖBl 1982, 24 - Dunlop uva).

Die Beklagten wiederholen in der Revisionsrekursbeantwortung die Einwendung, daß zwischen der Klägerin und der Vertriebsgesellschaft kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Die Klägerin lasse ihre Produkte durch die Firma M***** vertreiben.

Die Beklagten machen damit geltend, daß die Vertriebsgesellschaft und die Klägerin auf verschiedenen Wirtschaftsstufen tätig werden. Das schließt aber nach ganz herrschender Ansicht das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses nicht aus (Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 19; stRspr MR 1991, 161 = ÖBl 1991, 221 - Nachschlüssel mwN). Da somit eine Wettbewerbsverhältnis besteht, ist zu vermuten, daß die Vertriebsgesellschaft in Wettbewerbsabsicht gehandelt hat.

Die Beklagten haften demnach als Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft für den Vertrieb von Zeitschriften mit wettbewerbswidrigen Gewinnspielankündigungen, der ihnen bekannt war; die Vertriebsgesellschaft ihrerseits haftet als Gehilfin für den Verstoß der deutschen Medieninhaberin gegen § 9a UWG. Die Beklagten hätten den Wettbewerbsverstoß verhindern müssen, was ihnen aufgrund ihrer Organstellung möglich gewesen wäre (s MR 1991, 162 - Zeitungsvertrieb = ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk mwN). Das gegen die Beklagten gerichtete Verbot, periodische Druckwerke aus dem Verlag W***** GesellschaftmbH verkaufen zu lassen, ist entsprechend dem bescheinigten und auch behaupteten Sachverhalt dahin zu fassen, daß den Beklagten untersagt wird, solche Druckwerke in Österreich vertreiben zu lassen. Als Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft, welche die Zeitschriften in Österreich vertreibt, sind sie verpflichtet, den Vertrieb von Zeitschriften mit ihnen bekanntem wettbewerbswidrigem Inhalt zu unterbinden; tun sie es nicht, dann ist ihnen vorzuwerfen, daß sie diese Zeitschriften "vertreiben lassen". Das ist ihr Tatbeitrag, zu dessen Unterlassung sie zu verpflichten sind.

Die Beklagten räumen ein, daß der Rechtssatz, wonach einstweilige Verfügungen der endgültigen Entscheidung nicht vorgreifen dürfen, bei einer Gefahr iS des § 381 Z 2 EO nicht gilt. Sie meinen jedoch, daß durch die einstweilige Verfügung gegen die Beklagten ein Zustand geschaffen würde, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Sollte die W***** GesellschaftmbH im Verfahren 39 Cg 89/93 des Handelsgerichtes Wien obsiegen, so wäre es sinnlos, Zeitschriften auszuliefern, die mehr als ein Jahr alt sind.

Die Beklagten lassen außer acht, daß die gegen sie erlassene einstweilige Verfügung nur jenen Zustand sichert, der dem gegen die W***** GesellschaftmbH ergangenen Verbot entspricht. Der W***** GesellschaftmbH ist es seit Ergehen der einstweiligen Verfügung im Verfahren 39 Cg 89/93 des Handelsgerichtes Wien verboten, in Österreich Zeitschriften zu vertreiben, die wettbewerbswidrige Gewinnspielankündigungen enthalten. Dieses Verbot ist nicht deshalb unzulässig, weil es der endgültigen Entscheidung vorgreift, obwohl auch dadurch insofern ein Zustand geschaffen wird, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, als es für die W***** GesellschaftmbH sinnlos ist, die während der Dauer des Verbotes herausgegebenen Zeitschriften nach dessen Aufhebung in Östereich vertreiben zu lassen. Diese wirtschaftliche Untunlichkeit ist der tatsächlichen Unmöglichkeit nicht gleichzuhalten, zumal das Gesetz dem Gegner der gefährdeten Partei in solchen Füllen einen Erstanspruch einräumt (§ 394 EO). Nur eine tatsächliche Unmöglichkeit, den durch die einstweilige Verfügung geschaffenen Zustand rückgängig zu machen, schließt war die Erlassung einer solchen Provisorialmaßnahme aus (s MR 1994, 78 - Werbesekunden mwN).

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

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