Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (Punkt B des Urteilssatzes) sowie im Strafausspruch aufgehoben und insoweit nach § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Peter H***** wird von der Anklage, er habe am 5.Mai und 9.Juni 1994 in Linz die Gendarmeriebeamten Ewald H***** und Christian B***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt falsch verdächtigte, obwohl er wußte, daß die Verdächtigung falsch ist, indem er als Angeklagter im oben angeführten Verfahren behauptete, die beiden Beamten hätten in der Niederschrift vom 9.Dezember 1993 einzelne Textpassagen bzw den gesamten Text frei erfunden, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihm weiterhin zur Last fallende Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 erster Fall StGB wird der Angeklagte nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von 18 (achtzehn) Monaten verurteilt.
Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft wird aus dem angefochtenen Urteil übernommen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter H***** der Verbrechen (A) der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 erster Fall StGB und (B) der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Demnach hat er (A) im August oder September 1993 in Traun die am 27. Mai 1984 geborene, somit unmündige Silke G***** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er (1.) sie aufforderte, sich auszuziehen, die Beine zu spreizen und mit dem Finger in ihre Scheide eindrang und (2.) ihre Hand an sein entblößtes Glied führte und sie zum Handverkehr verleitete sowie (B) am 5.Mai und 9.Juni 1994 in Linz die Gendarmeriebeamten Ewald H***** und Christian B***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt falsch verdächtigte, obwohl er wußte, daß die Verdächtigung falsch ist, indem er bei seiner Einvernahme in diesem Verfahren behauptete (1.), die Textpassage in der Niederschrift vom 9.Dezember 1993: "Ich ließ mich von einem Taxi von zu Hause abholen, um in Richtung Oed zu fahren. Ich wollte das Lokal W***** in Oed aufsuchen", bzw (2.) der gesamte Text dieser Niederschrift sei frei erfunden.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch mit Berufung.
Die allein gegen den Schuldspruch zu A gerichtete Mängelrüge (Z 5) geht fehl.
Weder der bei der fachärztlichen Untersuchung festgestellte intakte Hymenalsaum des Kindes, noch der Umstand, daß am 10.Dezember 1993, somit Monate nach der dem Angeklagten angelasteten Tat, im Vaginalbereich keine Verletzung zu diagnostizieren war, sprechen gegen das von Silke G***** angegebene Tatgeschehen, weshalb sich das erkennende Gericht mit dem gynäkologischen Befund (127) - der Beschwerde zuwider - auch nicht befassen mußte.
Mit dem weiteren Einwand, das Erstgericht wäre zur verläßlichen Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Tatopfers nach Lage des Falles zur amtswegigen Vernehmung des Zeugen Roland G***** und Beiziehung eines gynäkologischen Sachverständigen verpflichtet gewesen, wird kein formales Begründungsgebrechen, sondern ein Verfahrensmangel (Z 4) dargetan, dessen Geltendmachung in concreto am Erfordernis einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung scheitert. Das Vorbringen kann daher auf sich beruhen.
Im gegebenen Zusammenhang vermag auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) mit dem Hinweis auf verschiedene Divergenzen in den Angaben der Zeugin Silke G***** keine Beweisergebnisse aufzuzeigen, die Anlaß zu erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der diesen Schuldspruch (A) tragenden Tatsachenfeststellungen bieten könnten.
Die Beschwerde erweist sich somit in diesem Umfang als nicht begründet.
Im Recht ist sie jedoch, soweit sie im Rahmen der nur den Schuldspruch zu B betreffenden Rechtsrüge (Z 9 lit a) einwendet, es habe für die betreffenden Beamten keine (konkrete) Gefahr behördlicher Verfolgung bestanden.
Zur Verwirklichung des Tatbestandes nach § 297 Abs 1 StGB ist in jedem Fall erforderlich, daß der Täter einen anderen durch die wissentlich falsche Verdächtigung einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung oder der Verletzung einer Amts- oder Standespflicht konkret der Gefahr einer strafbehördlichen Verfolgung aussetzt. Zu einer solchen Verfolgung muß es dann zwar nicht wirklich kommen, sie muß aber wenigstens wahrscheinlich, das heißt nicht bloß möglich, sondern als regelmäßige Folge unmittelbar zu erwarten sein. Ist eine falsche Beschuldigung hingegen derart unglaubhaft, daß von vornherein nicht einmal die Wahrscheinlichkeit eines Einschreitens der Behörde gegen den Verdächtigen besteht, dann ist das in Rede stehende Tatbildmerkmal objektiv nicht gegeben (EvBl 1979/29; Leukauf/Steininger Komm3 § 297 RN 10 und 11).
Im vorliegenden Fall bestätigte der Angeklagte seine vor der Gendarmerie gemachten (leugnenden) Angaben (43 f) zunächst sowohl vor dem Untersuchungsrichter (64) als auch noch in der Hauptverhandlung (364), relativierte die schließlich erhobenen inkriminierten Beschuldigungen (US 2 und 3) durch die Behauptung, "er könne sich zumindest nicht daran erinnern, so etwas gesagt zu haben" (369, 382), "er habe ein (- durch Alkoholkonsum und Tabletteneinnahme bedingtes -) Blackout gehabt" (413) und bezeichnete den Protokollinhalt sogar ungeachtet der erhobenen Vorwürfe weitgehend als inhaltlich richtig (380 f). Damit war die Falschbezichtigung - nicht zuletzt unter Berücksichtigung der vom psychiatrischen Sachverständigen als unbekümmert, undifferenziert und impulsiv beurteilten Täterpersönlichkeit des Beschwerdeführers - bereits im Zeitpunkt ihres Vorbringens entkräftet.
Unter diesen Umständen kann nach dem oben Gesagten nicht davon gesprochen werden, daß die Gendarmeriebeamten durch die vom Angeklagten gegen sie vorgebrachten Verdächtigungen der konkreten Gefahr behördlicher Verfolgung ausgesetzt waren.
Damit ist der objektive Tatbestand des Verbrechens der Verleumdung nicht erfüllt, weshalb der betreffende Schuldspruch in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde aufzuheben und der Angeklagte vom bezüglichen Anklagepunkt freizusprechen war.
Im - sonst wie dargelegt - nicht berechtigten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde hingegen zu verwerfen.
Die auf Grund der Kassierung des Schuldspruchs wegen Verleumdung notwendig gewordene Strafneubemessung war nach § 207 Abs 1 StGB vorzunehmen.
Dabei war die zweimalige Tatbegehung als erschwerend, kein Umstand hingegen als mildernd zu werten.
Bei Gewichtung dieser Strafzumessungsgründe, vor allem aber der Art des rechtsfehlerhaften Verhaltens und der Schwere der vom Angeklagten verschuldeten Rechtsgutbeeinträchtigung, welche auf Grund der erheblichen psychischen Traumatisierung des zur Tatzeit nur 9 Jahre alten Opfers (333 f) als besonders gravierend zu betrachten ist, entspricht eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten auch allein in bezug auf den aufrecht gebliebenen Schuldspruch weiterhin der tat- und täterbezogenen Schuld, zumal das vom Erstgericht rechtsirrig angenommene Verbrechen der Verleumdung nach Lage des Falles bei Wertung der Gesamtschuld vorweg so deutlich im Hintergrund blieb, daß eine Strafreduktion im Rahmen der Strafneubemessung nicht in Betracht kommen kann.
Darüber hinaus teilt der Oberste Gerichtshof auch die erstgerichtliche Auffassung, daß für eine bedingte oder teilbedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe sowohl aus spezial- wie generalpräventiver Sicht kein Raum bleibt.
Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft war aus dem angefochtenen Urteil zu übernehmen.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)