Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, aus ihrem Anlaß auch gemäß § 290 Abs 1 StPO im Schuldspruch des Angeklagten Stefan H***** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 3 Z 3 SGG, § 15 StGB und demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird dieser Angeklagte auf die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde verwiesen.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Stefan H***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 3 Z 3 SGG (teils vollendet, teils versucht nach) § 15 StGB schuldig erkannt und (unter Anrechnung der Vorhaft) zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, weil er (gemeinsam mit dem in erster Instanz rechtskräftig verurteilten Pavel B***** und Stefan H*****) am 14.März 1993 in Berg und Hainburg den bestehenden Vorschriften zuwider 240 Gramm Heroin, also ein die im § 12 Abs 1 SGG genannte Menge um das Fünfundzwanzigfache übersteigendes Quantum, aus der Slowakei aus- und nach Österreich eingeführt und in Hainburg durch den beabsichtigten Verkauf an einen unbekannt gebliebenen Abnehmer in Verkehr zu setzen versucht habe.
Die gegen die Annahme der Qualifikation nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG gerichtete auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5 a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist im Recht, weil für den Ausspruch, der Angeklagte habe die ihm angelastete Straftat in bezug auf eine "Übermenge" des Suchtgiftes begangen, im Urteil nur unzureichende Gründe angegeben sind (Z 5).
Das Schöffengericht stellte dazu im wesentlichen fest, daß der Erstangeklagte B***** mit dem ihm bekannten Beschwerdeführer Anfang März dieses Jahres besprochen habe, ein Heroingeschäft in Österreich durchzuführen. Der Erst- und der Drittangeklagte H***** kauften gemeinsam mit vom Erstangeklagten zur Verfügung gestelltem Geld (10.000 DM) in Bratislava ca 240 Gramm Heroin und planten, dieses nach Österreich zu schmuggeln und hier zu verkaufen. Vom geplanten Schmuggel und Verkauf wäre Stefan H***** informiert worden. Eine Woche vor dem geplanten Verkauf sei der Beschwerdeführer mit dem Drittangeklagten nach Hainburg gefahren, wo sie mit zwei unbekannt gebliebenen Personen zusammengetroffen seien und über das bevorstehende Suchtgiftgeschäft gesprochen hätten.
Am 14.März 1993 fuhr der Beschwerdeführer mit dem Drittangeklagten in seinem, der Erstangeklagte mit dem Suchtgift jedoch in einem anderen Taxi nach Hainburg. Allen drei sei klar gewesen, daß das dortige Zusammentreffen zum Zweck eines Heroingeschäftes in größerem Ausmaß erfolgen sollte, wobei zumindest der Erst- und der Drittangeklagte über die genaue Suchtgiftmenge Bescheid gewußt hätten. Dem Beschwerdeführer sei aus dem eine Woche vorher in Hainburg geführten Vorgespräch klar gewesen, daß es sich dabei um eine "Übermenge" im Sinne des § 12 Abs 3 Z 3 SGG handeln müsse. Für seine Tätigkeit habe er 500 Kronen erhalten.
Der Drittangeklagte sei in Hainburg mit einem unbekannten Interessenten zusammengetroffen, der letztlich im Taxi des Beschwerdeführers mit allen in erster Instanz Angeklagten durch Hainburg fuhr, wobei sie auf Grund eines Hinweises von der Polizei bereits observiert wurden. Als diese einschritt, konnte der Interessent flüchten, der Erst- und Drittangeklagte wurden festgenommen. Der Beschwerdeführer flüchtete zunächst in Richtung Grenze, wurde jedoch kurz darauf gestellt und festgenommen. In seinem PKW wurde das Suchtgift sichergestellt.
Zur Feststellung dieses Sachverhaltes stützten sich die Tatrichter auf die Angaben der Angeklagten vor der Polizei (S 53 bis 63; siehe US 8). Aus der diesbezüglichen Aussage des Beschwerdeführers über das Treffen eine Woche vor dem geplanten Geschäftsabschluß wurde der Schluß gezogen, ihm sei klar gewesen, daß der alleinige Zweck der Fahrt nach Hainburg die Anbahnung und Abwicklung eines Suchtgiftgeschäftes war, wobei nicht mit (für das Strafverfahren notwendigen) Sicherheit festgestellt werden konnte, daß er hinsichtlich der genauen Menge in den Tatplan eingeweiht war, aus der Anwesenheit beim Vorgespräch aber wissen mußte, daß das Geschäft nicht eine "kleinere Menge" Suchtgift betraf und er zumindest das in Inverkehrsetzen einer "Übermenge" für möglich hielt und sich damit abfand (wiederum US 8).
Die Aussagen der Angeklagten vor der Kriminalabteilung der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich am 14. und 15.März 1994 (S 53 bis 63) bieten jedoch keine taugliche Grundlage für die vom Schöffengericht getroffene Feststellung, der Beschwerdeführer habe es zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß der beabsichtigte Suchtgiftverkauf eine "Übermenge" Heroin im Sinne des § 12 Abs 3 Z 3 SGG betraf. Stefan H***** gab an, er habe am 11. März 1994 von B***** ca 250 Gramm Heroin gezeigt bekommen. Zur Rolle des Beschwerdeführers deponierte er lediglich, daß er gemeinsam mit diesem in dessen Taxi nach Hainburg gefahren sei, über dessen Wissensstand bezüglich der gesamten Aktion machte er keine Angaben (S 53 und 55). Pavel B***** wiederum sagte aus, er habe Stefan H***** ca eine Woche vorher als Freund des H***** kennengelernt und ihn, nachdem er in seinem Taxi gemeinsam mit diesem nach Hainburg gekommen war, dort getroffen. Die getrennte Anreise sei auf H***** und H***** zurückzuführen. In Hainburg seien schließlich alle mit einem unbekannten Mann in das Taxi des H***** gestiegen, dort habe er das Suchtgift H***** gegeben, der das Geschäft abwickeln wollte, anschließend sei die Polizei eingeschritten (S 61 und 63).
Der Angeklagte Stefan H***** selbst erklärte, zunächst ohne Beisein eines Dolmetsch vernommen, er sei eine Woche vorher mit H***** nach Hainburg gefahren, wo sie in einem Hotel zwei Jugoslawen getroffen hätten und über ein Heroingeschäft gesprochen worden wäre. Am 14.März 1993 habe er H***** und B***** getroffen, weil an diesem Tag das Suchtgiftgeschäft abgewickelt werden sollte. Sie wären in Hainburg zusammengetroffen, er habe H***** zu einem Hotel gebracht, aus dem dieser mit einem unbekannten Mann zurückkam, worauf sie B***** abgeholt hätten und während einer Fahrt durch Hainburg das Suchtgiftgeschäft abgwickelt worden sei. Danach seien sie wiederum zum Parkplatz zurückgekehrt. In der Folge sei die Polizei eingeschritten.
Im Beisein eines Dolmetsch sagte der Beschwerdeführer dann aus, er könne sich nicht erklären, wie das Heroin in sein Taxi gekommen sei, habe (jedoch) gewußt, daß er H***** nach Hainburg bringen sollte, damit dieser dort ein Suchtgiftgeschäft abwickeln könne. Es sei nie davon gesprochen worden, was er dafür erhalten solle, er habe zunächst nur 500 Kronen erhalten. Das Heroin sei von B***** und H***** gemeinsam in Bratislava gekauft worden (S 57 und 59).
Auch den Aussagen der drei Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter können keine Hinweise auf eine Kenntnis des Beschwerdeführers über die Suchtgiftmenge entnommen werden (ON 11, 13 und 16). Stefan H***** selbst deponierte, er habe es immer abgelehnt, Suchtgift nach Österreich zu bringen und nicht gewußt, daß er (bei seiner Festnahme) Suchtgift im Auto habe (S 73), während B***** und H***** erklärten, es sei anzunehmen, daß H***** gewußt habe, es werde ein Heroingeschäft abgewickelt (S 79), B***** sei mit dem Heroin allein nach Österreich gekommen und H***** mit dem Beschwerdeführer in dessen Taxi (S 87).
Auch in der Hauptverhandlung ergaben sich keine anderen Aufschlüsse über das Wissen des Beschwerdeführers um die Suchtgiftmenge sowie über dessen Rolle bei Abwicklung des beabsichtigten Suchtgiftgeschäftes. Daraus geht lediglich hervor, H***** habe gewußt, daß es um ein Suchtgiftgeschäft gehe, es jedoch abgelehnt, solches in seinem Taxi nach Österreich zu bringen. Er sei über die involvierten Suchtgiftmengen nicht informiert gewesen (S 223 und 224, 226, 228 bis 230, 232 und 233).
Die Feststellung des Erstgerichtes, dem Beschwerdeführer sei aus der Information des H***** und dem Vorgespräch mit den Suchtgiftkäufern klar gewesen, daß der Verkauf einer Suchtgiftübermenge geplant war (US 6 und 7), findet in den bisherigen Verfahrensergebnissen somit keine Stütze, weil weder H***** noch H***** näher über diesbezügliche Informationen an den Beschwerdeführer und das Verkaufsvorgespräch mit dem präsumtiven Suchtgiftabnehmern vernommen worden sind. Die Beweisergebnisse vermögen aber auch die Feststellung, H***** habe zumindest das Inverkehrsetzen einer Übermenge an Suchtgift für möglich gehalten und sich mit einer solchen Menge abgefunden (US 8), nicht zu tragen, weswegen das angefochtene Urteil schon aus diesem Grund hinsichtlich der dem Angeklagten H***** angelasteten Qualifikation nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG aufzuheben war.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof aber auch davon überzeugt, daß das Urteil an einem nicht geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund leidet (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO). Dem Akt läßt sich nämlich überhaupt kein Hinweis darauf entnehmen, daß der Beschwerdeführer (als Mittäter) Suchtgift aus der Slowakei ausgeführt und nach Österreich eingeführt hat, wie ihm die angefochtene Entscheidung anlastet. Auch aus der nicht näher konkretisierten Feststellung, er wäre in den Tatplan, Heroin zu schmuggeln und zu verkaufen, eingeweiht gewesen (US 6), ist weder eine Ausführungshandlung des Beschwerdeführers im Sinne der ihm spruchmäßig angelasteten Mittäterschaft noch die Annahme einer Beitragstäterschaft zum Heroinschmuggel abzuleiten, weil das Urteil ebenso jeden Hinweis darauf, wie er zu einem solchen Schmuggel beigetragen haben soll, vermissen läßt.
Aus dem bisherigen Verfahrensablauf ergeben sich allenfalls Hinweise auf einen Tatbeitrag zum Versuch des Inverkehrsetzens des Suchtgiftes nach §§ 12 dritte Alternative, 15 StGB, § 12 Abs 1 SGG.
Nur der Vollständigkeit wegen sei hinzugefügt, daß infolge Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3, § 281 Z 10 E 55) in bezug auf den Pavel B***** angelasteten Suchtgiftschmuggel nach den getroffenen Feststellungen keinen Anlaß zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO besteht, weil sich aus den Urteilsfeststellungen in dieser Hinsicht zwar ebensowenig eine Ausführungshandlung zu der auch ihm angelasteten Mittäterschaft, jedoch (intellektuelle) Beitragstäterschaft dazu ableiten läßt.
Insgesamt zeigt sich daher, daß die Anordnung einer neuerlichen Hauptverhandlung über die gegen Stefan H***** erhobene Anklage nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hatte (§§ 285 e iVm 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO), weswegen das angefochtene Urteil im gesamten diesen Angeklagten betreffenden Schuldspruch aufzuheben und mit der Anordnung einer entsprechenden Verfahrenserneuerung vorzugehen war.
Mit der dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war Stefan H***** auf diese Entscheidung zu verweisen.
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