OGH 4Ob1607/94

OGH4Ob1607/9418.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Otto S*****, vertreten durch Dr.Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Anna Maria S*****, vertreten durch Dr.Walter Lanner, Rechtsanwalt in Steyr, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,--) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Berufungsgericht vom 22. Juli 1994, GZ 1 R 34/94-23, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach der Rechtsprechung des OGH ist § 1210 ABGB auch auf die Zweimanngesellschaft, allerdings mit der Besonderheit anzuwenden, daß die außergerichtliche Ausschlußerklärung (richtig: Übernahmserklärung) rechtsgestaltend wirkt und das gesamte Gesellschaftsvermögen damit auf den anderen vormaligen Gesellschafter übergeht, ohne daß es eines weiteren Übertragungsaktes bedürfte (SZ 61/281 mwN aus der Literatur). Bei dieser besonderen Art der Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes handelt es sich um einen besonderen Anwendungsfall der allgemein anerkannten Regel, daß Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grunde jederzeit lösbar sind; der beherrschende Grundgedanke ist dabei immer die Unzumutbarkeit des Fortbestandes des Rechtsverhältnisses für den anderen Teil, wobei eine umfassende Interessenabwägung stattzufinden hat (SZ 61/281; JBl 1989, 383). Ob § 1210 ABGB eine taxative Aufzählung enthält, ist ohne Bedeutung; unter die - in § 1210 ABGB genannte - Nichterfüllung wesentlicher Vertragsbedingungen fällt nämlich nicht nur ein Verstoß gegen das, was ausdrücklich im Vertrag normiert wurde, sondern auch ein Verstoß gegen die gemeinsamen Vorstellungen und sicheren Erwartungen der Vertragspartner, die so selbstverständlich sind, daß sie nicht ausdrücklich erwähnt wurden (SZ 59/183).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Beklagten die Fortsetzung der GesbR mit dem Kläger nicht zumutbar ist, hält sich im Rahmen dieser Grundsätze der Rechtsprechung. Ob das Gewicht der einzelnen festgestellten Umstände in ihrer Gesamtheit den "Ausschluß" des Klägers rechtfertigt, hat aber keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.

Auch die geltend gemachten Mängel des Berufungsverfahrens sind nicht so schwerwiegend, daß sie im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müßten:

Soweit das Berufungsgericht der Beweisrüge des Klägers mit formalen Argumenten entgegengetreten ist, spielt dies keine Rolle, weil den bekämpften Feststellungen keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Aber auch die vom Gericht zweiter Instanz aus dem nicht verlesenen Akt T 3/87 LG Steyr gezogenen Schlüsse dienten nur der zusätzlichen Untermauerung der rechtlichen Beurteilung, ohne entscheidungswesentlich zu sein.

Auch die Auffassung, daß die Ausschlußerklärung nicht verspätet war, hält sich an die Grundsätze der Rechtsprechung des OGH, wonach ein Verzicht auf die Geltendmachung eines wichtigen Grundes für die vorzeitige Auflösung des Dauerschuldverhältnisses nur anzunehmen ist, wenn nach den gesamten Umständen eine nachträgliche Genehmigung (Verzeihung) anzunehmen ist (vgl MietSlg 27.207 ua zu § 1118 ABGB), daß also die an sich bestehende Unzumutbarkeit nicht mehr als solche empfunden wird (Strasser in Rummel, ABGB2, Rz 6 zu § 1210). Auch hiebei handelt es sich um eine nach Lage des Einzelfalles zu lösende (MietSlg 23.182 ua) und daher nicht erhebliche Rechtsfrage.

Stichworte