OGH 4Ob117/94

OGH4Ob117/9418.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verband ***** O*****handels, ***** vertreten durch Dr.Gunter Granner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ursula W*****, T***** vertreten durch Dr.Matthäus Grilc und Dr.Roland Grilc, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 400.000), infolge Revisionsrekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 6.Juli 1994, GZ 2 R 128/94-13, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 1. April 1994, GZ 24 Cg 67/94t-4, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruches des Klägers gegen die Beklagte auf Unterlassung von Wettbewerbsverstößen wird der Beklagten aufgetragen, ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils es im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Teppichen zu unterlassen, eine Preisherabsetzung, insbesondere mit Worten wie 'Sie sparen mehr als die Hälfte des ursprünglichen Preises' und/oder mit Worten gleicher Bedeutung, anzukündigen, wenn sie die höheren Preise vor dieser Ankündigung nicht bzw nicht eine angemessene Zeit hindurch verlangt hat.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer Äußerung endgültig selbst zu tragen."

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrensvorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Dem klagenden Verband gehören ausschließlich Teppichhändler aus ganz Österreich als Mitglieder an. Seine Aufgabe ist es (ua), unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen.

Die Beklagte betreibt in Klagenfurt eine "Perserteppich-Galerie", in der sie Orientteppiche zum Verkauf anbiete. Im Jänner 1994 versandte die Beklagte einen Werbeprospekt, in dem sie auf die Eröffnung ihres Geschäfts aufmerksam machte. In diesem Prospekt waren den herabgesetzten Preisen der "Eröffnungsangebote" durchgestrichene Preise gegenübergestellt. Dem Interessenten wurde - in graphisch auffälliger Form - zugesichert, beim Kauf echter Perserteppiche "garantiert mehr als die Hälfte des ursprünglichen Preises" zu sparen.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, eine Preisherabsetzung, insbesondere mit Worten wie "Sie sparen mehr als die Hälfte des ursprünglichen Preises" und/oder Worten gleicher Bedeutung, anzukündigen, wenn die höheren Preise von ihr vor dieser Ankündigung nicht bzw nicht eine angemessene Zeit hindurch verlangt worden sind.

Die Beklagte habe erst Anfang Jänner 1994 mit dem Teppichhandel begonnen. Sie könne daher höhere Preise als die im Eröffnungangebot genannten gar nicht ernsthaft verlangt haben.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Sie betreibe den Teppichhandel seit 15.11.1993.

Dem Werbeprospekt sei eindeutig zu entnehmen, daß die herabgesetzten Preise als Eröffnungspreise nur bis 20.2.1994 gültig gewesen seien; nunmehr würden die Statt-Preise verlangt. Der Hinweis auf die "ursprünglichen Preise" falle nicht auf. Im übrigen fehle jede Wiederholungsgefahr, weil die Werbeaktion schon vor mehr als einem Monat abgelaufen sei.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.

Die Beklagte habe auf die Neueröffnung des Geschäftes und auf die Befristung der Aktion hingewiesen. Der Hinweis auf die "ursprünglichen Preise" könne nur als Hinweis auf die ursprünglich kalkulierten - und in weiterer Folge geforderten - Preise verstanden werden.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes in der Hauptsache und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Bei der Eröffnung eines neuen Geschäftes rechne der Verbraucher mit Eröffnungspreisen, die jedenfalls niedriger sind als die künftigen Preise. Der beanstandeten Ankündigung sei nach ihrem Gesamteindruck eindeutig zu entnehmen, daß es sich um "Eröffnungsangebote" anläßlich einer "Neueröffnung" handle. Dem Hinweise auf die "ursprünglichen Preise" komme demgegenüber nur untergeordnete Bedeutung zu.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; er ist auch berechtigt.

Der Kläger hat nach Abweisung seines (ersten) Sicherungsantrages eine weitere einstweilige Verfügung mit einem im wesentlichen gleichen Begehren beantragt und auch bewilligt erhalten, weil die Beklagte in einem Flugblatt wieder mit Statt-Preisen geworben hatte, die als Vergleichspreise herangezogenen "ursprünglichen Preise" aber nicht einmal drei Monate hindurch verlangt gehabt hatte. Diese einstweilige Verfügung ist noch nicht rechtskräftig, so daß der Kläger durch die Abweisung seines (ersten) Sicherungsantrages nach wie vor beschwert ist.

Einer Statt-Preis-Werbung muß nach ständiger Rechtsprechung eindeutig zu entnehmen sein auf welche Preise zu Vergleichszecken hingewiesen wird. Bei Eröffnungsangeboten nimmt das Publikum regelmäßig an, die Statt-Preise seien die künftigen allgemein geforderten Preise des Ankündigenden (ÖBl 1977, 10 - Preisgegenüberstellung bei Eröffnungsaktion; ÖBl 1986, 66 - Tapetenstudio uva). Die Entscheidung ÖBl 1967, 138 - statt Preise, wonach ein nicht unbeträchtlicher Teil des Käuferpublikums Statt-Preise im Eröffnungsangebot mangels näherer Erläuterungen als Preise der Konkurrenten verstehe, ist vereinzelt geblieben. Wird auf die bisherigen Preise des Ankündigenden verwiesen, so muß der Werbende den höheren Preis vorher eine angemessene Zeit lang ernsthaft verlangt haben (SZ 60/44 = ÖBl 1987, 127 - Videorekorder-Preissenkung mwN). Statt-Preis-Werbung darf nicht mehrdeutig sein; bei ihrer Beurteilung ist ein strenger Maßstab anzulegen (ÖBl 1984, 156 - Hi-Fi-Sonderangebot ua).

Dem wird die Werbung der Beklagten nicht gerecht. Durch den Hinweis, "Sie sparen beim Kauf echter Perserteppiche garantiert mehr als die Hälfte des ursprünglichen Preises!", wird der durch die Bezeichnung der Angebote als "Eröffnungsangebote" hervorgerufene Anschein in Frage gestellt, daß die Statt-Preise die künftigen Preise seien, zumal die Beklagte selbst behauptet, sie habe den Teppichhandel (schon vor dem "Eröffnungsangebot" vom Jänner 1994) seit 15.11.1993 betrieben. Diesem Hinweis kommt keineswegs nur untergeordnete Bedeutung zu, wird dadurch doch besonders herausgestrichen, wie günstig die "Eröffnungsangebote" seien. Die durch die Ankündigung herabgesetzter Preise wegen der "Neueröffnung" des Geschäftes einerseits und durch den Hinweis auf die "ursprünglichen Preise" hervorgerufene Mehrdeutigkeit ist für den Kaufentschluß von Bedeutung. Dem Interessenten wird vorgespiegelt, daß von reellen, weil schon einmal verlangten Preisen ausgegangen werde und er durch einen Vergleich der herabgesetzten Preise mit den "ursprünglichen Preisen" überprüfen könne, ob die Werbeankündigung den Tatsachen entspricht. Das unterstreicht die Seriosität des Angebots und erhöht damit dessen Attraktivität für den Kunden. Statt-Preis-Werbung, bei der, wie im vorliegenden Fall, zu Vergleichszwecken einerseits auf ein "Eröffnungsangebot", andererseits aber auf nicht ernstlich oder nicht eine angemessene Zeit hindurch verlangte "ursprüngliche" Preise hingewiesen wird, ist iS des § 2 UWG zur Irreführung geeignet. Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren dahin abzuändern, daß dem Sicherungsantrag stattgegeben wird.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

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