OGH 15Os148/94

OGH15Os148/9413.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Oktober 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kamptner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Herbert S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 28.Juni 1994, GZ 9 Vr 574/93-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde der am 9.Juli 1975 geborene und daher zur Tatzeit jugendliche Herbert S***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (I) sowie des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2 sowie 130 vierter Fall StGB (II) schuldig erkannt.

Darnach hat er

zu I) am 8.Juni 1993 am L*****-Stausee in der Republik Tschechien gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Michael Sch*****, Barbara L***** mit Gewalt, indem sie sie festhielten, ihr die Hose und den Slip auszogen und weiters Michael Sch***** ihr die Beine auseinanderdrückte und seine Finger in ihre Scheide einführte, sie zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, sowie

zu II) gewerbsmäßig 33 im Urteil einzeln angeführte Diebstähle, teils durch Einbruch, teils durch Aufbrechen eines Behältnisses, begangen.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die nominell auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützt wird.

Der Beschwerdeführer hat in der Hauptverhandlung keinen Antrag auf weitere Beweisaufnahmen gestellt. Demnach fehlt es - vergleiche den Wortlaut des § 281 Abs 1 Z 4 StPO - an den im Gesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes. Zu einer Verfahrensrüge (Z 4) ist er demnach nicht legitimiert.

Aber auch der Mängelrüge (Z 5) kommt keine Berechtigung zu.

Das Jugendschöffengericht gründete den Schuldspruch im Urteilsfaktum I in bezug auf die subjektive Tatseite schwergewichtig auf die Aussage des Zeugen Schn*****, wonach Michael Sch***** vor der Tat zu den Männern (das sind Schn***** und S*****) sagte, daß er Barbara L***** ausziehen wolle, weil er sie nackt sehen und bumsen möchte; ausgehend von dieser Aussage hielt es das Schöffengericht naheliegend, daß es der Angeklagte "zumindest in Kauf genommen hat", daß Barbarba L***** nicht deshalb ausgezogen werden sollte, um nackt in den See geworfen zu werden, sondern vielmehr um von Sch***** zu geschlechtlichen Handlungen genötigt zu werden (US 21). Keinesfalls aber wurde - wie in der Nichtigkeitsbeschwerde vorgebracht wird - diese Feststellung auf eine (in der Hauptverhandlung gar nicht verlesene oder dort abgelegte) Aussage des Michael Sch***** gestützt.

Die bemängelte Konstatierung steht auch nicht im Widerspruch zur Aussage der Zeugin L***** in der Hauptverhandlung, die Täter (Sch***** und S*****) hätten gesagt, sie wollten sie nur ins Wasser werfen (S 403/I), sowie zur - in der Hauptverhandlung ebenfalls nicht verlesenen - Aussage der Genannten vor dem Untersuchungsrichter am 22. Dezember 1993 (in der Beschwerde unrichtig: 20.12.1993), ihrer Meinung nach habe sich dieser Vorfall ganz spontan ereignet und sei nicht gemeinsam von beiden geplant gewesen, S***** habe ihr lediglich

ihre Leggings ausgezogen, er habe aber Sch***** nicht bei dessen weiteren Vorgängen bekräftigt (S 287/I). Denn beide Bekundungen der Zeugin L***** schließen nach den Gesetzen logischen Denkens nicht aus, daß Michael Sch***** bereits am ersten oder zweiten Ausflugstag und somit vor der Tat in Abwesenheit des Tatopfers zu S***** und Schn***** gesagt hat, daß er Barbarba L***** ausziehen wolle, da er sie nackt sehen und bumsen möchte und somit der Beschwerdeführer - im Gegensatz zum Tatopfer - von vornherein Kenntnis von den sexuellen Intentionen des Sch***** hatte.

Der bekämpften Urteilsfeststellung haftet demnach kein Begründungsmangel an.

Die Mängelrüge gegen einige Schuldsprüche wegen Diebstahls verweist auf die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung; diese Verantwortung sei "im Zuge der direkten Beweisaufnahme vor dem Gericht" unwiderlegt geblieben, dennoch habe das Gericht gegenteilige Feststellungen getroffen, gegen die erhebliche Bedenken anzumelden seien, nach Ansicht des Angeklagten sei "den Ergebnissen der unmittelbaren Beweisaufnahme größere Bedeutung beizumessen als Bekundungen, die nicht im kontradiktorischen Verfahren zustande gekommen" seien, "weshalb sich der Schuldspruch auf diese Vernehmungsergebnisse bei der Gendarmerie nicht anfechtungsfrei stützen lasse".

Diese pauschalen, nicht auf einzelne Urteilsfakten bezogenen Ausführungen stellen sich zum einen der Sache nach als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung gegen ein kollegialgerichtliches Urteil dar, zum andern aber sind sie mangels ausdrücklicher oder deutlicher Hinweisung, welcher Ausspruch des Gerichtshofes über entscheidende Tatsachen undeutlich, unvollständig oder mit sich selbst in Widerspruch sei, für welchen Ausspruch keine oder nur offenbar unzureichende Gründe angegeben seien oder inwiefern zwischen den Angaben der Entscheidungsgründe über den Inhalt einer bei den Akten befindlichen Urkunde oder über eine gerichtliche Aussage und der Urkunde oder dem Vernehmungs- oder Sitzungsprotokoll selbst ein erheblicher Widerspruch bestehen, nicht substantiiert.

Demgemäß war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Gemäß § 285 i StPO ist daher dem Gerichtshof zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten sachlich zuständig.

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