OGH 8Ob525/93

OGH8Ob525/9313.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz A*****, Landwirt, ***** vertreten durch Dr.Ludwig Druml, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Franz H*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Rudolf Denzel und Dr.Peter Patterer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Abgabe einer Willenserklärung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 10.Dezember 1992, GZ 2 R 525/92-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 30.September 1992, GZ 9 C 618/92x-10, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Klägers auf Zuspruch der Kosten seiner Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Beklagte ist Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** K***** im G*****. Zu dieser gehörend ua die im Urteilsbegehren im einzelnen angeführten Grundstücke. Sie waren von der Agrarbezirksbehörde Villach in das Zusammenlegungsverfahren E***** - S*****-F***** einbezogen und die Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens im A 2 - Blatt der Liegenschaft angemerkt wurden. Die durch die Zusammenlegung entstandene Grundfläche von 4,8279 ha wurde dem Beklagten rechtskräftig als Komplex Nummer 3.700/25 zur Bewirtschaftung zugewiesen. Er hat diese Grundfläche sodann etwa zwei Jahre lang in Zeitungsannoncen angeboten. Seine Kaufpreisvorstellung lag bei S 1,000.000, wurde aber während dieser Zeit von mehreren Interessenten nicht akzeptiert. Dem Beklagten war bekannt, daß der Kläger bereit war, für diese Grundstücke einen Betrag von S 800.000 zu bezahlen.

In der vorliegenden Klage behauptet der Kläger, zwischen den Streitteilen sei ein mündlicher Kaufvertrag über die genannten Grundstücke mit einem Kaufpreis von S 800.000 vereinbart und dieser Betrag beim Notar zwecks Abdeckung der Pfandbelastungen treuhändig hinterlegt worden. Einige Stunden vor dem für die Errichtung der schriftlichen Vertragsurkunde beim Notar vorgesehenen Termin habe der Beklagte telefonisch bekanntgegeben, daß er diese Grundstücke einem Verwandten verkaufen wolle. Im Hinblick auf den zwischen den Streitteilen bereits geschlossenen Kaufvertrag begehre der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihm die im einzelnen angeführten Grundstücke im Ausmaß von 4,8279 ha um den vereinbarten Kaufpreis von S 800.000 durch Unterfertigung des notariellen beglaubigten Kaufvertrages zu verkaufen und lastenfrei ins Eigentum zu übergeben.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, eine Einigung über Ware und Preis sei zwischen den Streitteilen letztlich nicht erfolgt, weil der Beklagte einen Kaufpreis von S 850.000 begehrt habe, der Kläger aber nur zur Zahlung eines solchen von S 800.000 bereit gewesen wäre. Somit sei ein Kaufvertrag nicht zustandegekommen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte folgenden weiteren Sachverhalt fest:

Am 26.2.1992 fragte der Beklagte telefonisch die Ehefrau des Klägers, ob dieser noch zu seinem Wort stehe. Sie antwortete in Abwesenheit des Klägers, daß dieser noch zum Kaufpreis von S 800.000 stehe, worauf der Beklagte entgegnete, daß sie das Grundstück um S 800.000 haben könnten, daß sie einen Termin beim Notar vereinbaren und daß sie die Unterlagen bei der Agrarbezirksbehörde anfordern sollten. Gleichzeitig vereinbarten sie, daß der Kläger am Abend noch einmal den Beklagten anrufen solle. Der Kläger rief sodann vereinbarungsgemäß an und der Beklagte bestätigte den Verkauf der Liegenschaft an den Kläger um den Betrag von S 800.000. Hierauf vereinbarte der Kläger am 28.2. mit dem Notariat Dr.Z*****, und zwar mit einer Sekretärin, den besprochenen Termin für Dienstag, den 3.3.1992, 14 Uhr. Er rief auch Ing.U***** von der Agrarbezirksbehörde Villach hinsichtlich erforderlicher Unterlagen an. Diese Unterlagen befanden sich jedoch aus Anlaß eines anderen Verkaufes ohnehin bereits im Notariat Z*****. Aufgrund der Ausführungen des Klägers nahm Ing.U***** an, daß der Kauf perfekt sei. Am 28.2.1992 eröffnete der Kläger bei der Raiffeisenkasse St.J***** im G***** zwei Sparbücher lautend auf den Kläger mit einem Einlagestand von S 500.000 und S 300.000 zum Zwecke der Hinterlegung beim Notar und gab dabei an, daß dies wegen des Ankaufes einer Liegenschaft erfolge. Einen Teilbetrag hievon, nämlich S 200.000, hatte er sich von seinem Bruder, dem Baumeister Josef A***** in Bad K***** am 28.2.1992 ausgeborgt. Am Montag, den 2.3.1992 vereinbarten die Streitteile die Verlegung des Termins zum Vertragsabschluß auf Mittwoch um 14 Uhr. Die zu kaufende Liegenschaft war dem Kläger in der Natur bekannt. Bei dem Gespräch am 26.2.1993 wurde zwischen den Streitteilen auch vereinbart, daß der Kaufpreis bei Vertragsunterfertigung im Notariat hinterlegt werden müsse. Tatsächlich verkaufte der Beklagte am Dienstag, den 3.3.1992 vormittags die klagsgegenständliche Liegenschaft an Hermann A***** um den Betrag von S 850.000. Zu diesem Zweck waren die beiden ohne vorherige Terminvereinbarung mit dem Notariat Dr.Z***** in dieses gekommen und sagten, sie wollten einen Vertrag errichten. Da sich die Unterlagen der Agrarbezirksbehörde, wie bereits dargelegt, aus Anlaß eines anderen Verkaufes schon im Notariat befanden, wurde dieser Vertrag sogleich verrichtet. Am 4.3.1992 erklärte der Beklagte dem Kläger um ca 10 Uhr vormittags telefonisch, daß er ihm die Liegenschaft nicht verkaufe, weil er sie schon an A***** verkauft habe bzw dieser kaufen werde. Am Nachmittag des 4.3.1992, als der Kaufvertrag zwischen den Streitteilen vereinbarungsgemäß hätte abgeschlossen werden sollen, erlegte der Kläger dennoch die beiden Sparbücher über S 800.000 im Notariat Dr.Z*****.

Rechtlich folgerte das Erstgericht aus seinen Feststellungen, zwischen den Streitteilen sei es am 26.2.1992 zur Einigung hinsichtlich des Kaufgegenstandes und des Kaufpreises gekommen, sodaß Ware und Preis bestimmt gewesen und der Kaufvertrag daher bereits perfekt geworden sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe, daß es den Beklagten für schuldig erkannte, in die zur Verschaffung des lastenfreien Eigentums des Klägers an dem aus den im einzelnen angeführten Grundflächen bestehenden Grundstückskomplex im Ausmaß von 4,8279 ha erforderlichen Handlungen einzuwilligen und wies das Mehrbegehren, der Beklagte sei schuldig, die genannte Grundfläche mit einem Kaufpreis von S 800.000 durch Unterfertigung eines notariell beglaubigten Kaufvertrages dem Kläger zu verkaufen, ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteigt und daß die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO im Hinblick auf die zu lösende Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges zulässig sei.

Das Berufungsgericht prüfte in seiner Entscheidung zunächst die Frage der allfälligen Zuständigkeit der Agrarbehörde für die Entscheidung des geltend gemachten Klagsanspruches und verneinte diese Frage, hielt also den Rechtsweg ausdrücklich für zulässig. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und folgerte aus diesen, daß die Streitteile mit dem Kaufpreis von S 800.000 nach den vorliegenden Beweisergebnissen - eine gegenteilige Behauptung liege nicht vor - nur den Kaufpreis für eine unbelastete Liegenschaft gemeint haben konnten, sodaß der Kaufpreis auch im Hinblick auf die Pfandbelastungen hinreichend bestimmt sei. Zur Formulierung des erhobenen Klagebegehrens führte es aus, der Kläger könne auf Grund des mündlich geschlossenen Kaufvertrages entweder ein Begehren auf Einwilligung in die bücherliche Eintragung seines Eigentumsrechtes stellen, in welchem Fall das Klagebegehren nicht notwendig den Inhalt der gesamten Vertragsurkunde widergeben müsse; oder er könne bei bereits festgelegtem Urkundeninhalt auch die beglaubigte Unterfertigung der Vertragsurkunde begehren. Sein konkret formuliertes Begehren sei mehrgliedrig. Soweit es auf Vertragsunterfertigung gerichtet sei, enthalte es allerdings nicht, wie gefordert, den Wortlaut der Vereinbarung oder die Bezugnahme auf die einen integrierenden Urteilsbestandteil bildende Urkunde und sei daher abzuweisen. Im übrigen sei es im Zusammenhalt mit dem Klagevorbringen als auf Einwilligung in sämtliche zur Übertragung des lastenfreien Eigentumsrechtes am Kaufgegenstand erforderliche Handlungen gerichtet zu verstehen und im Sinne der im Urteilsspruch erfolgten Umformulierung gerechtfertigt.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die auf die Anfechtungsgründe der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Beklagten mit dem Antrag, die vorinstanzlichen Entscheidungen und das Verfahren ab Klagszustellung für nichtig zu erklären und die Klage zurückzuweisen. Hilfsweise wird die Abänderung im Sinne der Klageabweisung, in eventu die Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und die Rückverweisung der Rechtssache an eine der Vorinstanzen zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung beantragt.

Der Beklagte hält seine Revision im Sinne des berufungsgerichtlichen Ausspruches in der Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges gemäß § 502 Abs 1 ZPO für zulässig und vertritt hiezu den Standpunkt, aus den von ihm im einzelnen genannten Gründen sei zur Entscheidung der in dieser Sache erhobenen Ansprüche die Agrarbehörde zuständig.

Rechtliche Beurteilung

Die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges kann hier - auch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - selbst unter dem Anfechtungsgrund der Nichtigkeit nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden:

Nach ständiger Rechtsprechung können Prozeßhindernisse in höherer Instanz nicht mehr wahrgenommen werden, wenn eine noch bindende Entscheidung entgegensteht. Diese in § 42 Abs 3 JN ua für die Unzulässigkeit des Rechtsweges normierte Rechtsfolge gilt nach Lehre und Rechtsprechung für alle Prozeßhindernisse und zwar nicht nur dann, wenn die entsprechende Einrede von den Vorinstanzen ausdrücklich und übereinstimmend - und sei es auch nur in den Gründen - verworfen wurde, sondern auch dann, wenn sich - wie hier, der Beklagte hat dieses Prozeßhindernis nicht eingewendet - das Erstgericht in seiner Sachentscheidung zur Frage des allfälligen Prozeßhindernisses nicht geäußert, das Berufungsgericht sich aber damit in den Entscheidungsgründen befaßt und das Vorliegen dieses Prozeßhindernisses ausdrücklich verneint hat. Daß diese berufungsgerichtliche Entscheidung bindend ist ergibt sich in diesem Fall aus § 519 ZPO, nach welcher Bestimmung es nicht darauf ankommt, daß bereits zwei Instanzen übereinstimmend das Vorliegen eines Prozeßhindernisses oder einer Nichtigkeit verneint haben (SZ 54/190; SZ 61/170; 3 Ob 115/92, 4 Ob 576/87, 7 Ob 184/73 ua).

Die für die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO vom Berufungsgericht und vom Beklagten einzig und allein angeführte Rechtsfrage ist daher vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr zu lösen. Das Vorliegen einer im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle qualifizierten anderen Rechtsfrage ist auch nicht erkennbar:

Die berufungsgerichtliche, auch unter Heranziehung des Klagevorbringens erfolgte Beurteilung und Umformulierung des erhobenen Klagebegehrens betrifft den Einzelfall ebenso wie die aus dem beiderseitigen Vorbringen und den Beweisergebnissen sowie den übrigen Feststellungen - der Beklagte wollte für die Liegenschaft zunächst von den verschiedenen Interessenten einen Kaufpreis von S 1,000.000, setzte diesen in der Folge auf S 850.000 herab und verkaufte schließlich an den Kläger um einen vereinbarungsgemäß bei Vertragsunterzeichnung im Notariat zu hinterlegenden Kaufpreis von S 800.000 - vom Berufungsgericht gezogene Schlußfolgerung, der Kaufpreis habe sich jedenfalls auf eine durch den Erlag lastenfrei zu stellende Liegenschaft bezogen. Die Frage, ob zwecks Bestimmtheit des Kaufpreises auch die Lastentragung geregelt sein müsse - die Lehre verneint dies, verschiedene Entscheidungen bejahen dies (vgl Aicher in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 1054) - stellt sich hier somit nicht.

Demgemäß war die Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.

Auf diese Unzulässigkeit hat der Kläger nicht hingewiesen, sodaß seine Revisionsbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente und demgemäß hiefür auch Kostenersatz nicht gebührt.

Stichworte