OGH 7Ob1023/94

OGH7Ob1023/9412.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma R***** & Co OHG, ***** vertreten durch Dr.Michael Mülner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei I*****versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr.Michael Ruhdorfer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitwert S 80.000,--), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 6.April 1994, GZ 1 R 56/94-17, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Anspruch des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer auf Deckung ist grundsätzlich mit einer Feststellungsklage geltend zu machen. Auf eine Leistungsklage kann der Versicherungsnehmer solange nicht verwiesen werden, solange die Haftpflicht nicht dem Grunde und der Höhe nach feststeht (vgl. Prölss-Martin VVG25, 707). Der Deckungsanspruch verwandelt sich nur dann in einen Zahlungsanspruch, wenn ihn der geschädigte Dritte pfänden oder überweisen läßt bzw. der Versicherungsnehmer den geschädigten Dritten befugtermaßen befriedigt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Versicherer auch grundsätzlich nicht zur Zahlung verpflichtet. Allein die Tatsache der gänzlichen Schadensbehebung durch den geschädigten Dritten steht daher einem Feststellungsbegehren des Versicherungsnehmers im Haftpflichtprozeß gegen den Versicherer nicht entgegen.

Der Rechtsschutzanspruch des Versicherungsnehmers entsteht und wird fällig mit der Erhebung von Ansprüchen durch Dritte, die vom Risiko der abgeschlossenen Haftpflichtversicherung umfaßt sind. § 11 VersVG ist nicht anwendbar, weil er nur Geldleistungen betrifft (vgl. Prölss-Martin aaO, 705).

Der Deckungsanspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt. Entgegen den Revisionsbehauptungen hat die Beklagte der Klägerin kein den Erfordernissen des § 12 Abs.3 VersVG entsprechendes Schreiben zugesandt, weil im Schreiben vom 4.12.1991, in dem erstmals die Deckung schriftlich abgelehnt wurde, kein Hinweis auf die Klagsfrist enthalten ist. Es ist also von der Verjährungsregelung des § 12 Abs.1 VersVG auszugehen. Nach § 12 Abs.2 VersVG ist für den Zeitraum zwischen der Geltendmachung des Versicherungsanspruches und der schriftlichen Entscheidung des Versicherers darüber, ob Versicherungsschutz bestehe, die Verjährung des Anspruches gehemmt. Diese Zeit wird also für die Berechnung der zweijährigen Frist nicht mitberechnet. Von Bedeutung ist diese Bestimmung nur dann, wenn die Entscheidung des Versicherers nicht vor dem Ende desjenigen Jahres getroffen wird, in dem der Haftpflichtversicherungsanspruch fällig geworden ist, da eine Hemmung der Verjährung begrifflich nur in den Zeitraum des sonst vorgesehenen Laufes der Verjährungsfrist fallen kann. Ist die Verjährung eines fälligen Haftpflichtversicherungsanspruches über das Jahresende hinaus gehemmt, so beginnt die Verjährung aber nicht etwa mit dem Ende des Jahres, in dem der Versicherer über den Versicherungsanspruch entscheidet, sondern schon zu dem Zeitpunkt, zu dem dem Versicherungsnehmer die Entscheidung des Versicherungsnehmers zugeht (vgl. Bruck-Möller-Johanssen, VVG8 IV, 76 ff, Anm.B 49). Bei der Hemmungsbestimmung des § 12 Abs.2 VersVG handelt es sich, ebenso wie bei der ihr nachgebildeten Vorschrift des § 23 Abs.2 KHVG um die Regelung einer Fortlaufshemmung in der Weise, daß nach dem Fortfall des Hemmungsgrundes die bei Eintritt des Hemmungsgrundes (der Anspruchsanmeldung im Sinne des § 12 Abs.2 VersVG) noch nicht abgelaufenen Teile der Verjährungszeit abzulaufen haben, um die Verjährung herbeizuführen (vgl. ZVR 1976/291, Messiner in ZVR 1989, 133 ff). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihren Versicherungsanspruch im August 1989, in dem er auch fällig wurde, angemeldet. Mit Schreiben vom 6.6.1990 hat die Beklagte die Klägerin noch um weitere Informationen ersucht, erst mit Schreiben vom 4.12.1991 hat sie mit unzutreffender Behauptung, es liege ein Allmählichkeitsschaden vor, eine Deckung abgelehnt. Die mit August 1989 gehemmte Verjährungsfrist begann daher mit dem Zugang des Schreibens vom 4.12.1991 neu zu laufen. Die Klage wurde am 27.4.1993, sohin während der zweijährigen Verjährungsfrist des § 12 Abs.1 VersVG rechtzeitig eingebracht.

Stichworte