Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Nach dem maßgeblichen Klagsvorbringen begehrte in dem bei einem Gerichtshof erster Instanz noch anhängigen Vorverfahren die dort klagende, in der Bundesrepublik Deutschland domizilierte Partei von der dort beklagten Partei die Zahlung restlicher 580.782,34 S - nach der Rekursentscheidung 81.800,33 DM - sA für die Lieferung und Montage einer Schlammpresse. Mit der vorliegenden Widerklage begehrt die Vorbeklagte als widerklagende Partei von der Vorklägerin als widerbeklagter Partei die Zahlung von 97.050,75 S sA für von der widerklagenden Partei beigestelltes Montagematerial und Telefonkosten der Monteure der widerbeklagten Partei. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtshofes wird auf den Gerichtsstand der Widerklage gestützt.
Das Erstgericht wies die Widerklage a limine wegen (sachlicher) Unzuständigkeit zurück, weil der Klagsbetrag 100.000 S nicht übersteige und zufolge §§ 96 Abs 1, 104 Abs 2 JN die Rechtssache auch durch Parteienvereinbarung nicht vor den angerufenen Gerichtshof erster Instanz gebracht werden könne.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Der Revisionsrekurs der widerklagenden Partei ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 96 Abs 2 JN tritt der Gerichtsstand der Widerklage unter anderem nicht ein, wenn die Zuständigkeit des Gerichtes für den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch ... auch durch Vereinbarung der Parteien nicht begründet werden könnte. Eine Voraussetzung zur Begründung des Wahlgerichtsstandes der Widerklage ist somit, daß das Gericht der Vorklage für die Widerklage wenigstens durch Parteienvereinbarung (§ 104 Abs 2 JN) zuständig gemacht werden könnte (Prorogabilität). Gemäß § 104 Abs 2 JN können unter anderem Rechtssachen, welche vor ein Bezirksgericht - hier nach § 49 Abs 1 Z 1 JN - gehören, nicht vor einen Gerichtshof erster Instanz gebracht werden. Der Gerichtsstand nach § 96 JN ist daher unter anderem dann ausgeschlossen, wenn für die Widerklage wegen einer unprorogablen Wertzuständigkeit nicht das Erstgericht zuständig ist (EvBl 1979/105 mwN; Mayr in Rechberger, Rz 2 zu § 96 JN; Fasching I 470 und Lehrbuch2 Rz 1305). In einem Gerichtshofprozeß kann eine Widerklage mit einem Streitwert bis 100.000 S nicht erhoben werden (Ballon, Einführung in die österr. Zivilprozeßrecht4 169). Wenn das Gericht des Vorverfahrens für die Widerklage auch durch Parteienvereinbarung nicht zuständig gemacht werden kann, bleibt dem Widerkläger nur die Aufrechnungseinrede im Vorverfahren, weil insofern das Prozeßgericht nicht für die Gegenforderung zuständig sein muß.
Die von Stohanzl (in JN und ZPO MGA14 Anm 3 zu § 96 JN) vertretene Auffassung, im Hinblick auf § 227 Abs 2 ZPO könne auch eine die bezirksgerichtliche Wertgrenze nicht übersteigende Widerklage beim Gerichtshof erhoben werden, findet sonst in der Lehre keine Bestätigung und wird vom erkennenden Senat nicht gebilligt. Nach der die Klagenhäufung betreffenden Vorschrift des § 227 Abs 2 ZPO idF der ZVN 1983 BGBl 1983/135 können unter anderem Ansprüche, die den im § 49 Abs 1 Z 1 JN bezeichneten Betrag nicht übersteigen, mit solchen Ansprüchen verbunden werden, die ihn übersteigen. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem höheren Betrag. Kraft Wertzuständigkeit vor das Bezirksgericht gehörige Ansprüche können damit mit solchen, die kraft Wertzuständigkeit vor den Gerichtshof erster Instanz gehören, verbunden und so vor den Gerichtshof erster Instanz gebracht werden. Diese aus prozeßökonomischen Gründen getroffene Regelung des § 227 Abs 2 ZPO bezieht sich aber schon auf Grund ihrer Einordnung nur auf die Klagsansprüche und nicht auf die bei einer Widerklage relevante Beklagtenseite und eignet sich schon deshalb nicht für die Annahme einer durch Analogie zu füllenden Regelungslücke bei § 96 Abs 2 JN. Bei der Novellierung des § 227 Abs 2 ZPO durch die ZVN 1983, BGBl 1983/135, blieb nicht nur die Bestimmung des § 96 Abs 2 JN unverändert, sondern erhellt auch aus den Materialien (EB 669 BlgNR XV.GP) zwar das Bestreben des Gesetzgebers zur Verfahrensvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung durch Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und Leerläufen infolge Unzuständigkeit (EB aaO 25 f), aber keine Absicht des Gesetzgebers für eine derartige, dem Text des § 96 Abs 2 JN eindeutig widersprechende Auslegung (EB aaO 51).
Eine Heilung der - in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmenden - unprorogablen Unzuständigkeit nach § 104 Abs 3 JN idF der ZVN 1983 kommt bei einer a limine Zurückweisung wie hier nicht in Betracht. Die Vorinstanzen haben daher die Widerklage zu Recht wegen sachlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtshofes zurückgewiesen. Auf die Frage des Vorliegens der inländischen Gerichtsbarkeit (vgl JBl 1992, 330, 331 mit Anm von Pfersmann; Mayr aaO Rz 4 zu § 96 JN mwN) für die widerbeklagte deutsche Gesellschaft mbH muß nicht mehr eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 40, 50 ZPO.
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