OGH 1Ob548/94

OGH1Ob548/9411.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt Wien, vertreten durch Dr. Peter Rudeck, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei KR Dr. Johannes H*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke und Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, wegen Räumung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 28. September 1993, GZ 48 R 937/92-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19. August 1992, GZ 48 C 5/90z-32, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters die mit 19.270,80 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 3.211,80 S USt) und die mit 24.919,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.853,20 USt und 1.800 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Stadt Wien ist Eigentümerin der Liegenschaft Wien 1, ***** im Wiener Stadtpark. Jedenfalls seit Anfang des 20.Jahrhunderts wurde dort von Pächtern der klagenden Partei der sogenannte „Kursalon“ betrieben. Der Vater des Beklagten hatte schon vor dem Zweiten Weltkrieg das Unternehmen „Kursalon“ (Cafehaus, Restaurant und Kursalon mit Konzertveranstaltungen) gepachtet. Im Zweiten Weltkrieg wurden vor allem die Fenster und das Dach des Gebäudes durch in der Nähe einschlagende Bomben beschädigt. Vom April 1945 bis Dezember 1948 war das Gebäude durch die sowjetische Besatzungsmacht beschlagnahmt bzw. besetzt. Dies führte zu großen Schäden an Einrichtungsgegenständen, welche teils demoliert, teils geplündert wurden. 1949 oder 1950 schlossen der Vater des Beklagten und die klagende Partei einen urkundlich nicht mehr vorhandenen Bestandvertrag. Dessen Gegenstand war der „Kursalon“ samt die ihn umliegenden Terrassen und Teile des Stadtparks und die - der klagenden Partei mit Bescheid vom 30. April 1903 erteilte - Gast- und Schankgewerbekonzession; der Bestandzins wurde am Umsatz des Unternehmens bemessen. Eine Instandhaltungs- und Betriebspflicht für den Bestandnehmer war festgelegt. Die Vornahme von Veränderungen am Bestandobjekt durfte nur mit Zustimmung der klagenden Partei erfolgen.

Bei Übernahme des Bestandgegenstands durch den Vater des Beklagten war die Einrichtung des Gebäudes fast völlig demoliert bzw geplündert, der Bauzustand des Gebäudes war schlecht, die Substanz aber erhalten, an den konstruktiven Teilen nichts Wesentliches beschädigt worden. Nach Durchführung von Renovierungsarbeiten im ersten Halbjahr 1949 konnte ein Teil des „Kursalons“ noch im Sommer 1949 vom Vater des Beklagten wiedereröffnet werden, in den Jahren danach erfolgten dann etappenweise vom Beklagten finanzierte Renovierungsarbeiten. Nach dem Tod seines Vaters (1957) teilte der Beklagte der klagenden Partei mit Schreiben vom 30. September 1957 mit, daß er nunmehr in den Bestandvertrag eintreten werde. In den Jahren 1960 bis 1964 führte die klagende Partei im „Kursalon“ Investitionen mit einem Gesamtvolumen von etwa 20 Mill. S durch. Am 14. September 1961 schlossen die Streitteile einen neuen Bestandvertrag. Dessen Gegenstand war die Gast- und Schankgewerbekonzession, das Objekt „Kursalon“, Wagen- und Tischaufstellplätze, der „Biergarten“, das „Weingartl“ und das Inventar laut separatem Inventarverzeichnis. Bestanddauer war 1. Jänner 1965 bis 31. Dezember 1979. Der Bestandzins wurde am Umsatz bemessen, eine Einrichtungs-, Betriebs- und Instandhaltungspflicht des Bestandnehmers wurde vereinbart, Steuern und Abgaben hatte der Bestandnehmer zu entrichten. Überwachungs- und Zutrittsrechte der Organe der klagenden Partei, ein Unterverpachtungsverbot und ein Konkurrenzverbot waren vereinbart.

Mit Bescheid vom 31. Dezember 1980 erhielt die klagende Partei eine weitere Konzession zum Betrieb des „Biergartens“.

Am 24. Oktober 1980 schlossen die Streitteile einen dritten Bestandvertrag. Vertragsgegenstand waren die Gastgewerbekonzessionen der klagenden Partei aus den Jahren 1903 und 1980, das Objekt „Kursalon“, Tisch- und Wagenaufstellplätze, der Bier- und Weingarten und das Inventar laut Verzeichnis, Vertragsdauer war 1. Jänner 1980 bis 31. Dezember 1989. Der Bestandzins richtete sich nach dem Bruttoumsatz. Wiederum wurde die Errichtungs-, Instandhaltungs- und Betriebspflicht des Bestandnehmers vereinbart. Die klagende Partei hatte Überwachungs- und Zutrittsrechte. Dem Bestandnehmer war verboten, das Bestandobjekt unterzuvermieten; ein Konkurrenzverbot nach Ablauf des Bestandvertrages und Auflösungstatbestände waren vereinbart.

Die klagende Partei begehrt die Räumung des näher bezeichneten Bestandgegenstandes mit der Begründung, der Bestandvertrag habe mit 31. Dezember 1989 geendet, der Beklagte benütze seither, obwohl er aufgefordert worden sei, das Bestandobjekt geräumt zu übergeben, den Bestandgegenstand titellos und daher widerrechtlich. Der Vertrag weise sämtliche Merkmale eines Pachtvertrages auf, insbesondere die Betriebspflicht, die Abhängigkeit des Bestandzinses vom Umsatz und die Mitverpachtung von Konzessionen. Die klagende Partei habe dem Beklagten eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit sämtlichen für die Unternehmungsführung notwendigen Betriebsmitteln samt Kundenstock zur Verfügung gestellt.

Der Beklagte wendet ein, seit dem Jahr 1949 bestünde zwischen den Vertragsteilen ein ununterbrochenes Mietverhältnis, eine Unternehmenspacht liege schon deshalb nicht vor, weil nach dem Abzug der russischen Besatzungsarmee im „Kursalon“ kein lebendes Unternehmen vorhanden gewesen sei. Die Einrichtung, die Räumlichkeiten und die Fassade seien bei der Übernahme völlig ausgeplündert bzw demoliert gewesen. Ein Kundenstock oder „good will“ habe mangels Vorhandenseins nicht übergeben werden können. Die für den Betrieb des Unternehmens erforderlichen Grundlagen seien erst vom Beklagten bzw seinem Vater geschaffen worden. Zwar orientiere sich das Mietentgelt am Umsatz, aber nicht, weil es sich um ein Pachtverhältnis handle, sondern deshalb, weil die Vereinbarung einer angemessenen Miete unter den Verhältnissen zum Zeitpunkt des ersten Vertragsabschlusses 1949 nicht möglich gewesen sei; die Parteien hätten nicht voraussehen können, wie sich der Besuch des neu instandgesetzten „Kursalons“ entwickeln werde.

Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren statt und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß es grundsätzlich nicht von Bedeutung sei, ob ein Hauptmiet- oder ein Pachtvertrag vorliege. Unterstelle man nämlich, daß 1949/50 zwischen der klagenden Partei und dem Rechtsvorgänger des Beklagten ein Hauptmietvertrag abgeschlossen worden wäre, könne dieser mangels zulässig durchsetzbarer Befristungsmöglichkeit bzw nach Weiterbenützung der Bestandsache über die Dauer einer möglichen Befristung hinaus nur auf unbefristete Zeit laufen, wenn nicht der Mieter erkläre, das Mietverhältnis nicht fortzusetzen oder der Vermieter aus wichtigen Gründen kündige. Nach Ablauf des zweiten Bestandvertrages zwischen den Streitteilen am 31. Dezember 1979 habe unstrittig der Beklagte die Bestandsache weiterbenützt. Erst am 20. Oktober 1980 sei dann der (dritte) Bestandvertrag mit Vertragsbeginn 1. Jänner 1980 und Vertragsende 31. Dezember 1989 geschlossen worden. Der Beklagte habe somit während eines (unterstellten) aufrechten, unbefristeten Hauptmietverhältnisses den neuen Bestandvertrag abgeschlossen und darin einen Endtermin (31. Dezember 1989), akzeptiert. Auch in einem kündigungsgeschützten Mietverhältnis könne sich der Mieter unter Verzicht auf die Vorteile des Kündigungsschutzes zur einvernehmlichen Auflösung des Mietverhältnisses bereiterklären, sofern er bei der einvernehmlichen Auflösung des Mietverhältnisses nicht unter Druck stehe. Ein solcher Druck sei hier zu verneinen, die klagende Partei habe das Bestandverhältnis zulässig befristet. Selbst wenn der Beklagte bei Vertragsabschluß am 24. Oktober 1980 irrtümlich der Meinung gewesen sei, diesen Vertrag und die darin enthaltene Befristung abschließen zu müssen, weil der vorangegangene befristete Mietvertrag abgelaufen sei, sei eine Irrtumsanfechtung nach Ablauf der Frist von drei Jahren nicht mehr möglich. Darüber hinaus könne schon aufgrund der getroffenen Feststellungen das Bestandverhältnis zwischen den Streitteilen als Pacht gewertet werden. Zwar habe es an den Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Gastgewerbes gefehlt, wobei das Fehlen einzelner Betriebsgrundlagen ein Pachtverhältnis aber noch nicht ausschließe. Wesentliche Unternehmensbestandteile wie Räume, Standort, Geschäftslage und Renommee des schon seit Anfang des Jahrhunderts bestehenden „Kursalons“ seien aufrecht geblieben. Die nur wenige Jahre dauernde Unterbrechung und Wiederaufnahme des Betriebes im Jahre 1949/50 könnte nicht den völligen Verlust des Kundenstocks zur Folge gehabt haben. Vertragsgegenstand sei weiterhin die Gewerbeberechtigung der klagenden Partei vom 30. April 1903 gewesen, der Bestandnehmer habe unstrittig über keine eigene Gastgewerbekonzession an diesem Standort verfügt. Weiters fänden sich in den Bestandverträgen sowohl Bestimmungen über die Betriebspflicht des Bestandnehmers, eine Erhaltungspflicht der Bestandgegenstände und Überprüfungsrechte des Bestandgebers. Auch die Höhe des Bestandzinses sei ein Prozentsatz des Umsatzes gewesen. 1949/50 habe tatsächlich ein Unternehmen bestanden, zwischen der klagenden Partei und dem Rechtsvorgänger des Beklagten sei ein Pachtvertrag abgeschlossen worden.

Das Berufungsgericht wies das Räumungsbegehren mit der Begründung ab, es liege Geschäftsraummiete und nicht Unternehmenspacht vor. Bei richtiger Gewichtung der vom Erstgericht festgestellten Umstände sei der nach dem Zweiten Weltkrieg geschlossene Vertrag als Mietvertrag zu qualifizieren. Es seien für den Unternehmenszweck nicht eingerichtete Räumlichkeiten in Bestand gegeben worden; die Räumlichkeiten seien nach dem Zweiten Weltkrieg so beschädigt gewesen, daß die sofortige Benützung bzw Aufnahme des Betriebes unmöglich gewesen sei. Da erst nach Durchführung von Renovierungsarbeiten im ersten Halbjahr 1949 ein Teil des „Kursalons“ noch im Sommer 1949 durch den Rechtsvorgänger des Beklagten wiedereröffnet habe werden können, bzw dieser Jahre danach etappenweise Renovierungsarbeiten finanziert habe, seien dem Rechtsvorgänger des Beklagten die wesentlichsten Betriebsgrundlagen nicht zur Verfügung gestellt worden. Berücksichtige man die gerichtsbekannten, kriegsbedingten Zustände im Jahr 1949, so komme letzteren Umständen bei der Beurteilung für die Frage der Zurverfügungstellung eines Unternehmens die größte Bedeutung zu, die weder durch eine inhaltsleere Betriebspflicht noch die Zurverfügungstellung einer Gewerbeberechtigung aufgewogen werden könnte. Vom Fortbestand eines Unternehmens bzw eines Kundenstockes könne nicht gesprochen werden, weil fast ein Jahrzehnt zwischen der Einstellung des Betriebes vor dem Zweiten Weltkrieg und der Wiedereröffnung des „Kursalons“ im Sommer 1949 vergangen sei. Es liege auf der Hand, daß der Vater des Beklagten als dessen Rechtsvorgänger alle damals wirtschaftlich wichtigen Voraussetzungen für den Betrieb eines Unternehmens habe schaffen und auch einen Kundenstock erst aufbauen müssen. Daß die Höhe des Bestandzinses in einem Prozentsatz des Umsatzes bestehe, vermöge nichts am Überwiegen der gegen das Vorliegen eines Pachtverhältnisses sprechenden Kriterien zu ändern. Genausogut könne darin ein Indiz gesehen werden, daß wegen des „Neuaufbaues“ noch nicht der Geschäftsgang beurteilt habe werden können, was gleichfalls gegen die Überlassung eines bestehenden Kundenstockes spreche. Daß die Zahlungen als Pacht bezeichnet bzw als solche versteuert worden seien, vermöge für die Beurteilung in die eine oder andere Richtung nichts Ausschlaggebendes zu bewirken.

Da der Vater des Beklagten nach dem Zweiten Weltkrieg einen als Miete zu qualifizierenden Vertrag abgeschlossen habe, sei die im (dritten) Mietvertrag ex 1980 enthaltene Befristung nicht durchsetzbar; darin könne auch keine einverständliche Auflösung gesehen werden. Die klagende Partei habe ihr Räumungsbegehren nie auf eine während der Mietdauer abgeschlossene Vereinbarung über die Beendigung des Mietvertrages gestützt, sondern auf den Abschluß eines Pachtvertrages und ein darin statuiertes Vertragsende. Da es an einem (notwendigen) Vorbringen der klagenden Partei fehle, es hätte Absicht und Einigung der Parteien des Bestandvertrages vom 24. Oktober 1980 bestanden, ein zum damaligen Zeitpunkt aufrecht bestehendes, unbefristetes Mietverhältnis einverständlich zum 31. Dezember 1989 aufzulösen, wäre schon aus diesem Grund das Klagebegehren abzuweisen. Selbst wenn man eine einverständliche Auflösung per 31. Dezember 1989 als vom Klagsvorbringen erfaßt annehmen wollte, wäre für die klagende Partei nichts gewonnen. Die einverständliche Beendigung eines Mietverhältnisses setze voraus, daß sich der Mieter bewußt sei, freiwillig und ohne jeglichen Druck ein bestehendes Mietverhältnis zu beenden. Hier müsse aber aufgrund der vom Erstgericht im Zusammenhang mit einer angeblich der beklagten Partei eingeräumten Option auf Verlängerung des Vertrages auf der Hand liegend unterstellt werden, daß der Beklagte mit dem Abschluß des Vertrages am 24. Oktober 1980 jedenfalls keine Beendigung bezwecken wollte. Fehle es aber an einer vom Willen des Bestandnehmers getragenen einverständlichen Beendigung, so sei das Vorgehen der klagenden Partei, mit dem Mieter nahtlos aufeinanderfolgend, jeweils unzulässig befristete Mietverträge abzuschließen, als sittenwidrige Umgehung der Kündigungsbeschränkungen zu beurteilen.

Rechtliche Beurteilung

Die von der zweiten Instanz zugelassene Revision der klagenden Partei ist berechtigt.

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Für die Unterscheidung zwischen Geschäftsraumiete und Unternehmenspacht lassen sich nach ständiger Rechtsprechung keine allgemein gültigen Regeln aufstellen, sondern es kommt stets auf die Gesamtheit aller erheblichen Umstände des Einzelfalles (GesRZ 1992, 44; MietSlg 41.080 ff; SZ 58/8 = MietSlg 37.125/7; 6 Ob 608/92 uva; Würth in Rummel 2, Rz 2 zu § 1091 ABGB mwN) und auf die Zweckbestimmung der Bestandsache bei Vertragsabschluß bzw auf die dem Bestandnehmer eingeräumten Befugnisse an (MietSlg 7.034; 6 Ob 608/92, 1 Ob 508/91, 8 Ob 534/89; Binder in Schwimann, Rz 8 zu § 1091 ABGB).

Ein Unternehmenspachtvertrag liegt im allgemeinen dann vor, wenn ein sogenanntes „lebendes Unternehmen“, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was zum Begriff des „good will“ gehört, übergeben wird (GesRZ 1992, 44; MietSlg 41.080 ff, 40.114; SZ 58/8 uva; Würth aaO). Neben den Räumlichkeiten ist dies das, was für den Betrieb des in Bestand gegebenen Unternehmens und dessen wirtschaftlichen Fortbestand notwendig ist, somit die Betriebsmittel, wie die Geschäftseinrichtung und das Warenlager, der Kundenstock und die Gewerbeberechtigung, allenfalls das erforderliche Personal. Das bedeutet allerdings nicht, daß im Einzelfall alle diese Merkmale gleichzeitig zutreffen müssen, um Unternehmenspacht annehmen zu können. So kann das Warenlager gänzlich fehlen, die Gewerbeberechtigung vom Bestandnehmer selbst zu besorgen oder der Kundenstock nur klein sein (GesRZ 1992, 44; MietSlg 41.080, 40.110 uva; Binder aaO Rz 17 mwN). Fehlt es an einzelnen für die Überlassung eines Unternehmens zu dessen Betrieb typischen Merkmalen - wie hier - so ist entscheidend, ob die dafür maßgeblichen Elemente im Einzelfall überwiegen, welchen Elementen die größere wirtschaftliche Bedeutung zukommt (GesRZ 1992, 44; JBl 1989, 310; SZ 58/8; MietSlg 32.162/23; 6 Ob 608/92 uva).

Der Oberste Gerichtshof beurteilt bereits den zwischen der klagenden Partei und dem Vater des Beklagten 1949 oder 1950 abgeschlossenen Bestandvertrag über den „Kursalon“ im Wiener Stadtpark aus folgenden Erwägungen als Pachtvertrag: Dem Bestandnehmer war eine Betriebspflicht als wesentlichstes Kriterium für die Annahme eines Pachtvertrags (MietSlg 42.082, 41.080 ff, 40.110; SZ 58/8 uva; Klang in Klang 2 V 28; Würth aaO) auferlegt, die auf einem erkennbaren wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers am (Weiter-)Bestehen und der Art des Betriebes „Kursalon“ beruhte (MietSlg 39.100; SZ 58/8 ua; Würth aaO) und nicht bloße Leerformel war (MietSlg 39.100 mwN). Gegenstand des Bestandvertrages war weiters die Schank- und Gastgewerbekonzession der klagenden Partei (MietSlg. 42.084 mwN). Maßgeblich bei der Beurteilung ist schließlich die Abhängigkeit des Bestandzinses vom Umsatz und die Übergabe des - freilich stark beschädigten - Gebäudes an einem exklusiven Standort im Wiener Stadtpark, an dem bereits lange Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg ein renommierter gastronomischer Traditionsbetrieb mit Musikunterhaltung bestand. Durch die kriegs- und nachkriegsbedingte Einstellung des Betriebes wird die Existenz eines vorhandenen Unternehmens nicht berührt (MietSlg 21.136), mag diese Unterbrechung auch hier rund neun Jahre gedauert haben.

Infolge der Unterbrechung des Betriebes während des Zweiten Weltkrieges und während eines Teils der Besatzungszeit konnte zwar von der klagenden Partei ein bestehender Kundenstock nicht übergeben werden, doch kommt diesem Umstand nach Auffassung des erkennenden Senats nicht das Gewicht zu, das die zweite Instanz annimmt, handelt es sich doch beim Betrieb um ein Kaffeerestaurant, das auch musikalische Unterhaltung und Tanzmöglichkeit anbot, und daher überwiegend Laufkundschaft anspricht. Die Notwendigkeit von Investitionen spricht nicht gegen ein Pachtverhältnis, weil ein solches auch dann vorliegen kann, wenn sich das Unternehmen bei Vertragsabschluß in einem sehr schlechten Zustand befindet (JBl 1993, 590; 1 Ob 508/91). Hier treten die 1949 zweifellos noch fehlenden Einrichtungen und die deshalb für den Bestandnehmer notwendigen Investitionen angesichts der Art des Betriebes in den Hintergrund, kann doch gerade ein gastronomischer Betrieb mit Musikunterhaltung punkto Einrichtung auch „klein“ anfangen. Hier kommt noch hinzu, daß das Publikum der unmittelbaren Nachkriegszeit sicherlich punkto Ausstattung nicht allzu verwöhnt war und mit dem Wachsen des Betriebes auch die notwendigen Investitionen vorgenommen werden konnten. Gänzliches oder teilweises Fehlen von Einrichtungsgegenständen spricht für sich allein nicht gegen die Annahme einer Unternehmenspacht (8 Ob 659/89 ua).

Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise stellt der exklusive Standort des „Kursalons“ im Wiener Stadtpark die wesentlichste Grundlage des hier zu beurteilenden Betriebes dar. Bei einer solchen betrieblichen Verknüpfung steht deshalb nicht die Überlassung von Räumen im Mittelpunkt, sondern es ist die Überlassung einer Erwerbsgelegenheit in Form eines am gegebenen Standort wieder leichter als sonstwo zu erringenden Kundenstockes an den Bestandnehmer sowie die bereits behandelte Betriebspflicht von ausschlaggebender Bedeutung (GesRZ 1992, 44). Wenn auch im allgemeinen die rechtliche Qualifikation eines Bestandverhältnisses durch die Parteien bedeutungslos (MietSlg 40.119, 38.457, 38.135; 6 Ob 608/92 uva; Würth aaO) ist, kann letztlich doch nicht unerwähnt bleiben, daß der Beklagte selbst in seinem Schreiben vom 22. Dezember 1987 Beilage H vom Ablaufen seines Pachtvertrages spricht und beide Parteien ihre Bestandverträge nicht als Mietverträge bezeichneten.

Da somit ein Pachtverhältnis vorliegt, ist die Entscheidung zweiter Instanz im Sinn einer Wiederherstellung des klagsstattgebenden Ersturteils abzuändern, ohne daß auf die Frage, ob der Endtermin im Bestandvertrag vom 24. Oktober 1980 rechtswirksam vereinbart wurde, eingegangen werden müßte.

Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 41, 50 ZPO.

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