OGH 14Os127/94(14Os144/94, 14Os145/94)

OGH14Os127/94(14Os144/94, 14Os145/94)4.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Oktober 1994 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kamptner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Andreas G***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Satzund § 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Herbert W***** sowie über die Berufungen des Angeklagten Gernot L***** und der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich der Angeklagten Herbert W*****, Gernot L***** und Manfred L*****) gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 30.Mai 1994, GZ 36 Vr 400/94-162, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden ua Herbert W*****, Gernot L***** und Manfred L***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Fall (klarer: zweiter Satz) und § 15 StGB (A), Herbert W***** überdies des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (B) schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Zugleich wurde in Ansehung jedes der drei genannten Angeklagten eine bedingte Entlassung widerrufen (§ 494 a Abs 1 Z 4 StPO).

Nur gegen den Schuldspruch lt Punkt A/3/a bis c des Urteilssatzes wendet sich der Angeklagte Herbert W***** mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO; den Strafausspruch fechten er und Gernot L***** mit Berufung an, in der sie jeweils auch gegen den Widerrufsbeschluß Stellung nehmen (s dazu § 498 Abs 3 StPO). Der Strafausspruch wird (in Ansehung der Angeklagten Herbert W*****, Gernot L***** und Manfred L*****) auch von der Staatsanwaltschaft mit Berufung bekämpft.

Nach dem Inhalt der allein angefochtenen Teile des Schuldspruchs (A/3) hat Herbert W***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in Wörgl

a) am 21.Jänner 1994 einem Gewahrsamsträger des Cafes H***** durch Einschlagen von zwei Industrieglasbahnen, Einsteigen und Aufbrechen von Spielautomaten, eines Zigarettenautomaten sowie von Schubladen Bargeld in Höhe von 24.000 S, Zigaretten im Werte von 1.178 S und der Lydia M***** eine Querflöte im Werte von 6.000 S weggenommen;

b) am 23.Jänner 1994 dem Alois W***** durch Aufbrechen der Balkontüre und mehrerer Schubladen Bargeld in Höhe von 350 S, einen Lederaktenkoffer im Werte von 1.000 S und zwei Lederetuis (mit 20 Euroschecks, dazugehörigen Scheckkarten sowie drei Kreditkarten) weggenommen;

c) am 23.Jänner 1994 einem Gewahrsamsträger des Friseursalons G***** durch Aufbrechen der Eingangstüre vorzufindendes Bargeld wegzunehmen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert W***** kommt keine Berechtigung zu.

Den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausforschung jener Person, der er nach seiner Verantwortung am 23.Jänner 1994 am Bahnhof Innsbruck eine Reisetasche gestohlen haben will, in der sich die unter Punkt A/3/a bis c angeführten Gegenstände und eine grüne Sporttasche mit Einbruchswerkzeug befunden haben soll, durfte das Erstgericht ohne Verletzung von Verteidigungsrechten (Z 4) abweisen. Nach der durchaus unzureichenden Personsbeschreibung (S 148/VII) und mangels sonstiger konkreter Anhaltspunkte war der begehrte Ausforschungsversuch von vornherein aussichtslos (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 102 ff zu § 281 Z 4).

Aber auch die Mängelrüge (Z 5) versagt. Die Tatrichter haben ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten primär auf eine ausführlich dargestellte und folgerichtig entwickelte Indizienkette gestützt (US 26 bis 29), der der Beschwerdeführer sachlich nichts entgegenzusetzen vermag. Soweit er aber die Urteilsannahme bestreitet, er habe die beiden unter A/3/b und c angeführten Einbruchsdiebstähle auch in zehn Minuten begehen und die Beute verstecken können (US 27), ist ihm entgegenzuhalten, daß er selbst in der Hauptverhandlung von 1/4 Stunde gesprochen hat (S 168/VII) und die Begehung dieser beiden Diebstähle auch innerhalb eines solchen relativ kurzen Zeitraumes nach den aktenkundigen Tatumständen jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen ist. In Wahrheit macht der Beschwerdeführer in diesem Punkte nicht die behauptete Unzulänglichkeit der Begründung (Z 5), sondern eine Unvollständigkeit der Erhebungen geltend, die er aber nur unter der (hier nicht gegebenen) Voraussetzung einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung als Verfahrensmangel (Z 4) relevieren könnte. Zu einer amtswegigen (§ 3 StPO) Überprüfung des Zeitbedarfes bestand nach der Aktenlage umsoweniger Anlaß, als es sich bei den verschiedenen Zeitangaben (vgl S 431, 443, 457, 471/I; 146, 168/VII) nur um Annäherungswerte handelt, weshalb gegen die gerügte Urteilsannahme auch keine aus einer Verletzung des Instruktionsgrundsatzes abzuleitenden erheblichen Bedenken (Z 5 a) bestehen.

Ebenso unbegründet ist der Beschwerdevorwurf (Z 5) einer Verwertung von Beweismitteln, die in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen sind (§ 258 Abs 1 StPO):

Die in der Beschwerde angeführten BE-Akten bildeten nicht Grundlage des angefochtenen Schuldspruchs, sondern des Beschlusses auf Widerruf der bedingten Entlassung, der einer Anfechtung aus den Nichtigkeitsgründen des § 281 StPO überhaupt nicht unterliegt. Die in der Anzeige ON 20/I enthaltenen Erhebungsergebnisse wurden zwar nicht verlesen; nichtsdestoweniger durften sie aber im Urteil verwertet werden, weil - wie sich aus der Formulierung im Hauptverhandlungsprotokoll: "Als dargetan gilt der gesamte Akteninhalt" und dem Vermerk: "Weitere Feststellungen werden nicht gewünscht, Beweisanträge nicht gestellt" (S 171/VII), ergibt - beide Teile auf die Verlesung verzichtet haben (§ 252 Abs 2 letzter Halbsatz StPO). Ein solcher Verlesungsverzicht steht ungeachtet des Wortlautes des § 258 Abs 1 zweiter Satz StPO grundsätzlich - von hier weder behaupteten noch aktenkundigen Ausnahmen abgesehen - einer Berücksichtigung der betreffenden Aktenstücke im Urteil nicht entgegen (Foregger-Kodek StPO6 Erl VI; Foregger StPO MTA9 Erl II je zu § 252; Bertel Strafprozeßrecht4 Rz 434). Auf die in der Anzeige enthaltene Aussage des Angeklagten betreffend die zeitliche Möglichkeit einer Tatbegehung (S 431/I) haben sich die Tatrichter ohnedies nicht gestützt, vielmehr gingen sie von den geänderten Zeitangaben in der Hauptverhandlung aus (US 27).

Somit ist dem Erstgericht auch insoweit kein Begründungsmangel unterlaufen.

Die auf die selben Argumente gestützte Tatsachenrüge (Z 5 a) hinwieder ist schon deshalb verfehlt, weil es dabei - zum Unterschied vom Nichtigkeitsgrund unzureichender Begründung - nur darauf ankommt, ob sich erhebliche Bedenken gegen den Schuldspruch aus den Akten ableiten lassen, gleichgültig, ob diese aktenkundigen Verfahrensergebnisse in der Hauptverhandlung vorgekommen sind oder nicht. Die Behauptung, belastende Verfahrensergebnisse seien in der Hauptverhandlung nicht verlesen worden, ist daher zur Darlegung erheblicher Bedenken von vornherein ungeeignet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert W***** war somit schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als offenbar unbegründet sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über seine Berufung und die des Angeklagten Gernot L***** (die gemäß § 498 Abs 3 StPO auch als Beschwerden gegen die Widerrufsbeschlüsse zu behandeln sein werden) sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft folgt (§ 285 i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.

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