OGH 4Ob559/94

OGH4Ob559/944.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*****, S*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Helmut Cronenberg, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei E-***** KG, ***** vertreten durch Dr.Hans Pfersmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 300.000 und S 620.000 sA), infolge Revision der Beklagten gegen das Teil- und Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 17.Februar 1994, GZ 3 R 155/93-18, womit das Urteil des Landesgerichtes Graz als Handelsgericht vom 30.April 1993, GZ 13 Cg 7/93z-13, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 22.509,-- bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin S 3.751,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin und die Beklagte sind Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der P***** KG; sie hat ihren Sitz in W*****. Die Beklagte hat ihren Sitz in B*****; zu ihrem Versorgungsgebiet gehört ua G***** bei B*****. Am 8.5.1961 schloß die P***** KG mit der S***** AG (idF: S*****AG) ein Übereinkommen, wonach sie das Sägewerk der S*****AG in G***** bei B***** mit Zusatzstrom zu versorgen und die in der Stromerzeugungsanlage der S*****AG anfallende Überschußenergie zu übernehmen hatte. Dieses Übereinkommen wurde von der S*****AG zum 31.12.1982 gekündigt. Seit 1.1.1983 versorgt die Beklagte die S*****AG mit Strom und nimmt deren Überschußenergie ab.

Zwischen den Streitteilen bestand bis 31.12.1987 ein Stromversorgungsübereinkommen. Am 7.3.1983 war dieses Übereinkommen durch ein weiteres Übereinkommen geändert und ergänzt worden. Mit Brief vom selben Tag, den auch die Beklagte unterfertigt hat, hielt die Klägerin "im Zusammenhang mit dem heute zwischen uns abgeschlossenen Stromversorgungsübereinkommen" fest:

"Einige Punkte dieses neuen Stromversorgungsübereinkommens entsprechen bestimmten Absprachen, die zwischen Ihnen und uns bereits am 11.6.1982 vereinbart worden sind.

Es ist damals am 11.6.1982 zwischen Ihnen und uns auch verbindlich vereinbart worden, daß hierin eine allfällige Abtretung des 'derzeit', das heißt zum damaligen Zeitpunkt, von den P*****-Werken versorgten Sonderabnehmers und Rücklieferers, der S***** AG oder deren Rechtsnachfolger, an das E-***** KG nicht inkludiert ist.

Hierzu legen Sie Wert auf die Feststellung, daß diese zuletzt genannte verbindliche Vereinbarung sich, und zwar auch hinsichtlich der S***** AG, auf die Vertragsrechtslage bezogen hat, wie sie zum damaligen Zeitpunkt allseits in Geltung gestanden ist."

Am 23.1.1990, GZ 551.281/26-VIII/1/89, stellte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten auf Antrag der Klägerin gemäß § 34 Abs 1 Steiermärkisches ElektrizitätswirtschaftsG (Stmk ElWiG) fest, daß die Klägerin (vormals P***** KG) zur Versorgung der S***** AG in G***** bei B***** mit elektrischer Energie als konzessioniert gilt. Vor dem 1.8.1981 sei für den rechtmäßigen Betrieb eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens der Steiermark keine elektrizitätsrechtliche Bewilligung erforderlich gewesen. Ein rechtmäßiger Betrieb sei jedoch (nur) dann möglich gewesen, wenn der Stromversorgung weder behördliche noch private Vereinbarungen entgegengestanden seien. Das treffe für die Klägerin und ihre Rechtsvorgängerin zu. Die Versorgung der S*****AG mit elektrischer Energie durch die Klägerin sei daher rechtmäßig gewesen. Demnach gelte die Klägerin gemäß § 34 Stmk ElWiG als für die Versorgung der S*****AG konzessioniert.

Die von der Beklagten gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27.10.1992, Zl 90/05/0042-6, als unbegründet ab. § 34 Abs 1 Stmk ElWiG bezwecke die Erhaltung und Sicherung wohlerworbener Rechte. Eine von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen bei Inkrafttreten des Gesetzes rechtmäßig und somit aufgrund wohlerworbener Rechte ausgeübte Tätigkeit sei daher auch in jenen Fällen zuzulassen, in denen diese Tätigkeit im Widerspruch zur neuen Rechtslage steht. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin habe die S*****AG am 1.8.1981 mit Strom versorgt. Die Beklagte könne sich auch auf keine andere Vertragslage berufen; eine nach dem 1.8.1981 vertraglich vereinbarte Änderung wäre im übrigen unbeachtlich. Nach §§ 1 bis 3 Stmk ElWiG sei für den Betrieb eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens zur Versorgung eines Gebietes oder auch nur zur Versorgung eines anderen Elektrizitätsversorgungsunternehmens eine Konzession notwendig. Für eine konzessionslose Tätigkeit sei kein Raum. "Punktkonzessionen" seien grundsätzlich ausgeschlossen, sofern es nicht aufgrund der Übergangsbestimmung (§ 34 Stmk ElWiG) zu einer solchen Konzession komme. Gegen die Verfassungskonformität der herangezogenen Bestimmungen bestünden keine Bedenken; § 4 leg cit sei nicht anzuwenden und dessen Verfassungskonformität daher auch nicht zu prüfen.

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Versorgung der S***** AG in G***** bei B***** mit elektrischer Energie zu unterlassen. Sie begehrt weiters S 620.000 sA.

Nach dem Steiermärkischen ElektrizitätswirtschaftsG könne für ein Versorgungsgebiet nur eine Konzession erteilt werden. Die Erteilung einer Konzession für ein bestimmtes Gebiet setze voraus, daß für dieses Gebiet noch keine Konzession bestehe. Ausschließlich die Klägerin sei berechtigt, die S*****AG mit elektrischer Energie zu versorgen, weil sie dieses Unternehmen an dem nach den Übergangsbestimmungen des Steiermärkischen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes maßgebenden Stichtag (1.8.1981) rechtmäßig mit elektrischer Energie versorgt habe. Mit der Lieferung elektrischer Energie an die S*****AG handle die Beklagte rechtswidrig und auch sittenwidrig iS des § 1 UWG. Die Beklagte sei zur Unterlassung und zum Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens verpflichtet.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Das von der Klägerin behauptete ausschließliche Recht bestehe nicht. Stromlieferungen an einzelne Abnehmer (Sonderabnehmer) bedürften keiner Konzession. Würden die Bestimmungen des Steiermärkischen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes in dem von der Klägerin begehrten Sinn ausgelegt, so verletzten sie das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Erwerbsfreiheit und wären verfassungswidrig. Im übrigen habe die Klägerin dem "Versorgungszustand" mit Zusatzbrief vom 7.3.1983 zugestimmt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Eine nach § 34 Stmk ElWiG fingierte Konzession könne nur insoweit vorliegen, als nach § 3 leg cit überhaupt eine Konzession möglich und erforderlich sei. Durch diese Bestimmung werde keine besondere Art von Konzession geschaffen, deren "Umfang" weiter reiche als der einer Konzession nach § 3 leg cit. Die Versorgung eines einzelnen Abnehmers mit elektrischer Energie sei niemals konzessionsfähig oder gar konzessionspflichtig gewesen. Einem Energieversorgungsunternehmen sei es nicht untersagt, einen Abnehmer zu beliefern, der sich im Versorgungsgebiet eines anderen Energieversorgungsunternehmens befinde. Eine "punktuelle" Konzession verleihe kein Ausschließlichkeitsrecht. Bestünde eine derartige Bestimmung, so wäre sie verfassungswidrig, weil kein sachlich gerechtfertigter Grund für ein Monopol irgendeines Elektrizitätsversorgungsunternehmens auf Belieferung der S*****AG mit elektrischer Energie bestehe. Im übrigen habe die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 7.3.1983 den derzeitigen "Versorgungszustand" akzeptiert.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Unterlassungsbegehren mit Teilurteil stattgab und mit Zwischenurteil aussprach, daß das Begehren auf Zahlung von S 620.000 samt Anhang dem Grund nach zu Recht bestehe. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei.

Der Betrieb eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens bedürfe einer Konzession. Die Klägerin gelte, wie mit Bescheid in dem dafür vergesehenen Feststellungsverfahren rechtskräftig festgestellt wurde, als konzessioniert, die S*****AG mit elektrischer Energie zu versorgen. Daß die Beklagte eine Konzession besitze, bedeute nicht, daß sie auch berechtigt wäre, die S*****AG mit elektrischer Energie zu versorgen. Dazu sei ausschließlich die Klägerin berechtigt, während sich die Beklagte weder auf eine entsprechende Konzession noch auf eine vertragliche Bestimmung berufen könne, die jedoch ohnedies unwirksam wäre, weil über den Versorgungsumfang die Behörde zu entscheiden habe. Es sei nicht richtig, daß für die Versorgung einzelner Abnehmer keine Konzession notwendig wäre. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Für bestimmte Tätigkeiten normierte Konzessionspflichten zählten zum gesicherten Bestand der Rechtsordnung. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht der Erwerbsfreiheit werde nicht verletzt.

Sei nur die Klägerin zur Versorgung der S*****AG konzessioniert, so verstoße die Belieferung der S*****AG mit elektrischer Energie durch die Beklagte gegen das Steiermärkische Elektrizitätswirtschaftsgesetz, weil die Beklagte hierzu mangels Konzession nicht berechtigt sei. Die Beklagte handle damit auch sittenwidrig iS des § 1 UWG, weil sie sich durch ihr gesetzwidriges Handeln einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffe.

Der Schadenersatzanspruch sei dem Grunde nach berechtigt. Der Beklagten sei vorzuwerfen, trotz entgegenstehender Gesetzeslage ein Versorgungsrecht in Anspruch zu nehmen. Daß der Klägerin dadurch ein Schaden entstanden sei, sei notorisch.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, für die Versorgung eines einzelnen Abnehmers mit elektrischer Energie sei keine Konzession notwendig. Die gegenteiligen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes seien nicht verbindlich. Sie widersprächen dem klaren Gesetzeswortlaut. Würde die der Klägerin zur Versorgung der S*****AG zustehende Konzession als Konzession nach § 3 Abs 1 lit a Stmk ElWiG angesehen, dann hinderte § 4 lit a leg cit die Erteilung einer Konzession für diese Versorgung eines einzelnen Abnehmers. Eine solche Auslegung gäbe diesen Bestimmungen einen verfassungswidrigen Inhalt und sei daher unzulässig. Die Beklagte sei als Elektrizitätsversorgungsunternehmen an sich konzessioniert; für die Versorgung eines einzelnen Abnehmers könne seit Inkrafttreten des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes keine Konzession mehr erteilt werden. Im übrigen hätten sich die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes nur auf den Stichtag 1.8.1981 bezogen. Sie seien daher für die Beklagte unerheblich, weil sie die S*****AG zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit elektrischer Energie versorgt habe. Als die Beklagte damit begonnen habe, dieses Unternehmen mit elektrischer Energie zu beliefern, sei die Erteilung einer Konzession für die Versorgung eines einzelnen Abnehmers rechtlich gar nicht mehr möglich gewesen.

Das Steiermärkische Elektrizitätswirtschaftsgesetz, LGBl 1981/77, ist in Ausführung des Bundesgesetzes vom 11.41975, BGBl 1975/260, über die Elektrizitätswirtschaft (ElektrizitätswirtschaftsG), ergangen und am 1.8.1981 in Kraft getreten. Seine Bestimmungen lauten auszugsweise:

§ 1

Begriffsbestimmungen

(1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen zur Erzeugung oder Verteilung elektrischer Energie zum Zwecke der entgeltlichen Abgabe an andere (öffentliche Elektrizitätsversorgung). Als entgeltliche Abgabe an andere gilt auch die entgeltliche Abgabe elektrischer Energie von Genossenschaften, Agrargemeinschaften und anderen Vereinigungen an ihre Mitglieder. Die Abgabe elektrischer Energie an Vetriebsangehörige (einschließlich Pensionisten) im Betriebsgelände gilt nicht als entgeltliche Abgabe an andere.

....

§ 2

Konzessionspflicht

Der Betrieb eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens bedarf - unabhängig von der elektrizitätswirtschaftlichen Bewilligung nach § 21 und von anderen, außerhalb dieses Gesetzes geregelten Genehmigungsverfahren - einer Konzession.

§ 3

Umfang der Konzession

(1) Einer Konzession nach § 2 bedarf:

a) die unmittelbare Versorgung eines örtlich umschriebenen bestimmten Gebietes mit elektrischer Energie;

b) die Lieferung elektrischer Energie an Elektrizitätsversorgungsunternehmen.

(2) Konzessionen nach Abs 1 lit a und b können auch nebeneinander erteilt werden.

§ 4

Allgemeine Voraussetzungen

Die Erteilung der Konzession nach § 2 setzt voraus:

a) daß im Falle des § 3 Abs 1 lit a für das örtlich umschriebene bestimmte Gebiet keine Konzession zur Versorgung mit elektrischer Energie besteht;

...

§ 34

Übergangsbestimmungen

(1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes rechtmäßig betrieben werden, gelten als konzessioniert. Im Falle von Unstimmigkeiten zwischen einzelnen Elektrizitätsversorgungsunternehmen über den bestehenden Versorgungsumfang entscheidet die Landesregierung von Amts wegen oder auf Antrag eines der beteiligten Elektrizitätsversorgungsunternehmen mit Bescheid.

...

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß der Betrieb eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens einer eigenen elektrizitätswirtschaftlichen Konzession bedarf. Die Konzession kann auf zwei Arten erworben werden:

In beiden Fällen besteht die Konzession nicht als "Konzession an sich", sondern in der Berechtigung in dem im Streitfall von der Behörde festgestellten Umfang tätig zu sein (§ 34 Abs 1 leg cit) oder ein örtlich umschriebenes bestimmtes Gebiet oder ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen mit elektrischer Energie zu versorgen (§ 3 leg cit).

Beide Parteien haben ihre Konzession gemäß § 34 Abs 1 leg cit erworben. Ihren "Streit" um die Versorgung der S*****AG hat die zuständige Behörde dahin entschieden, daß die Klägerin "zur Versorgung der S***** AG in G***** bei B***** (Steiermark) mit elektrischer Energie als konzessioniert gilt". Der Bescheid ist rechtskräftig; die von der Beklagten dagegen erhobene Beschwerde hat der VwGH als unbegründet abgewiesen.

Damit steht fest, daß nur die Klägerin die nach dem Steiermärkischen Elektrizitätswirtschaftsgesetz notwendige Konzession für die Versorgung der S*****AG mit elektrischer Energie besitzt, hat doch die Beklagte weder behauptet noch bewiesen, daß sie nach dem 1.8.1981 (maßgeblicher Stichtag nach § 34 Abs 1 leg cit) eine entsprechende Berechtigung erlangt hätte. Daß der VwGH in seinem Erkenntnis geprüft hat, wer zu diesem Stichtag berechtigt war, die S*****AG mit elektrischer Energie zu versorgen, vermag daher an der Verbindlichkeit seiner Entscheidung nichts zu ändern. Eine allfällige, nach dem 1.8.1981 zustandegekommene privatrechtliche Vereinbarung könnte, wie schon das Berufungsgericht richtig erkannt hat, die Konzession nicht ersetzen.

Die Beklagte besitzt demnach keine Konzession, die sie berechtigte, die S*****AG mit elektrischer Energie zu versorgen. Ihre Auffassung, eine solche Konzession auch gar nicht zu benötigen, kann nicht geteilt werden:

Wie schon der VwGH in seinem Erkenntnis vom 27.10.1992, Zl 90/05/0042-6, ausgeführt hat, läßt das Gesetz für die konzessionslose Tätigkeit eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens keinen Raum. § 2 Stmk ElWiG bindet den Betrieb eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens an eine Konzession; ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen wird auch dann "betrieben", wenn nur ein einzelner Abnehmer mit elektrischem Strom versorgt wird. Daß eine "Punkt-" oder "Inselkonzession", die nur die Versorgung eines einzelnen Abnehmers zum Gegenstand hat und durch rechtmäßigen Betrieb gemäß § 34 Abs 1 leg cit erworben wurde, nicht neu erteilt werden kann, vermag an der Konzessionspflicht auch dieser Tätigkeit nichts zu ändern. Das Konzessionssystem ist Voraussetzung für den Gebietsschutz nach § 4 leg cit. Der Gebietsschutz soll die Funktionsfähigkeit der Elektrizitätswirtschaft erhalten und Fehlinvestitionen verhindern (RV 867 BlgNR 13. GP 6). Diese Ziele wäre auch dann gefährdet, wäre die Versorgung einzelner Abnehmer "konzessionsfrei".

Die Beklagte dürfte die S*****AG daher nur dann mit elektrischer Energie versorgen, wenn sie über eine entsprechende Konzession verfügte. Ihr gesetzwidriges Verhalten besteht im Verstoß gegen § 2 Stmk ElWiG, wonach der Betrieb (und zwar mangels gegenteiliger Bestimmung auch der in der Belieferung eines einzelnen Abnehmers bestehende Betrieb) eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens einer eigenen elektrizitätswirtschaftlichen Konzession bedarf. Die übrigen Bestimmungen des Steiermärkischen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes sind nicht heranzuziehen; die Frage ihrer Verfassungskonformität spielt daher im vorliegenden Verfahren keine Rolle. Daß die Bestimmung über die Konzessionspflicht das Grundrecht der freien Erwerbsausübung verletzte, wird von der Beklagten gar nicht behauptet. Daß solche Bedenken gerechtfertigt sein könnten, ist, jedenfalls für den inländischen Markt, angesichts der Bedeutung, die eine gesicherte Versorgung mit elektrischem Strom für die gesamte Volkswirtschaft hat, und der Anforderungen, die aus diesem Grund an Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu stellen sind, auch nicht zu erkennen.

Es ist auch nicht ersichtlich, warum es das Grundrecht der freien Erwerbsausübung verletzen sollte, daß § 34 Abs 1 ElWiG auch die wohlerworbenen Rechte desjenigen Elektrizitätsversorgungsunternehmens schützt, das zum Stichtag 1.8.1981 nur einen Abnehmer mit elektrischer Energie versorgt hat. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß auch die Beklagte (nur) gemäß § 34 Abs 1 Stmk ElWiG als konzessioniert gilt. Auch sie hat ihre Berechtigung, ein bestimmtes Gebiet mit elektrischem Strom zu versorgen, dadurch erhalten, daß sie dieses Gebiet am 1.8.1981 mit elektrischer Energie beliefert hat. Ihre Rechtsposition unterscheidet sich von der der Klägerin nur durch die Größe des Gebietes, auf das sich die Konzession bezieht. Auch eine "Punktkonzession" berechtigt letztlich zur Versorgung eines bestimmten Gebietes, das sich ebenso wie ein größeres Gebiet örtlich umschreiben läßt. Ein "qualitativer" Unterschied zwischen den beiden Konzessionen, der die Auffassung, daß beide Konzessionen die gleiche Rechtsposition verschaffen, verfassungrechtlich bedenklich erscheinen ließe, ist nicht zu erkennen.

Elektrizitätsversorgungsunternehmen handeln im geschäftlichen

Verkehr. Zwischen den Streitteilen besteht trotz Konzessionssystem

mit Gebietsschutz ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, bemühen sich

doch beide um denselben Kunden (vgl MR 1992, 122 = ÖBl 1992, 166 -

Seepark). Daß die Beklagte zu Zwecken des Wettbewerbs handelt, bedarf

keiner weiteren Begründung. Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken

des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten

verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch

genommen werden (§ 1 UWG). Ein Gesetzesverstoß ist sittenwidrig iS

des § 1 UWG, wenn er dem Beklagten subjektiv vorwerfbar ist und in

der Absicht begangen wurde, im Wettbewerb einen Vorsprung vor den

gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen (stRspr zB MR 1990, 236 = ÖBl

1991, 19 = ecolex 1991, 106 - Werbefoto; ecolex 1994, 35 = WBl 1994,

97 - Straßenprostitution ua). Subjektiv vorwerfbar ist ein solcher

Verstoß (ua) dann, wenn eine strittige Frage in der Rechtsprechung geklärt ist. In einem solchen Fall kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, seine Auffassung mit gutem Grund zu vertreten (SZ 57/169 = ÖBl 1985, 94 - Haushaltsgeräte-Werbefahrten).

Im vorliegenden Fall hat der VwGH das Steiermärkische Elektrizitätswirtschaftsgesetz dahin ausgelegt, daß auch für die Versorgung eines einzelnen Abnehmers eine Konzession erforderlich ist. Gleichzeitig wurde der Bescheid der zuständigen Behörde bestätigt, wonach die Klägerin - und damit nicht die Beklagte - zur Versorgung der S*****AG mit elektrischem Strom als konzessioniert gilt.

Somit ist durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt, daß die Beklagte mit der Versorgung der S*****AG mit elektrischem Strom gesetzwidrig handelt. Der Gesetzesverstoß ist der Beklagten demnach subjektiv vorwerfbar. Daß dieser Verstoß in der Absicht begangen wurde, einen Vorsprung vor den gesetzesstreuen Mitbewerbern zu erlangen, ist offenkundig, setzt sich die Beklagte doch über gesetzliche Schranken hinweg, um ihren Umsatz zu Lasten ihres Mitbewerbers zu steigern.

Die Revision mußte erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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