OGH 10ObS207/94

OGH10ObS207/9427.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Matzke (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Herbert Lohr (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Eva Maria H*****, ohne Beschäftigung, *****vertreten durch Dr.Hans Kreinhöfner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifterstraße 65, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10.Juni 1994, GZ 34 Rs 38/94-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10.November 1993, GZ 13 Cgs 181/93i-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der beklagten Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 11.11.1992 wurde die Gewährung einer Rente aus Anlaß des Arbeitsunfalles, den die Klägerin am 8.1.1991 im Betrieb des Österreichischen Rundfunks (ORF) erlitten und bei welchem sie eine Gehirnerschütterung, eine Prellung des Brustkorbes links und des Brustbeines, eine Rißquetschwunde am linken Unterschenkel und eine Zerrung der Halswirbelsäule erlitten hat, gemäß §§ 203, 204 ASVG abgelehnt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenbegründendem Ausmaß liege nicht vor. Die Gesichtsfeldstörungen seien nicht auf den genannten Unfall zurückzuführen.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene, auf Gewährung einer Versehrtenrente im Ausmaß von 30 vH der Vollrente ab 9.7.1991 gerichtete Klagebegehren ab. Auf Grund von gerichtsärztlichen Gutachten stellte es fest, daß bei der Klägerin keine neurologischen Ausfälle, sondern nur psychogene Verhaltensweisen vorliegen. Posttraumatische neurologische Ausfälle sind nicht nachweisbar. Die Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule ist nicht unfallskausal, sondern eine Folge anlagebedingter Veränderungen. Eine Unfallskausalität der von der Klägerin angegebenen Beschwerden ist nicht nachweisbar.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß der Nachweis für das Vorliegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß, also zumindest 20 vH gemäß § 203 Abs 1 ASVG nicht erbracht worden sei. Damit seien aber auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Versehrtenrente nicht gegeben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen der gerügten Verfahrensmängel und trat auch der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht die Klägerin geltend, die Vorinstanzen hätten - nach Einholung eines Verkehrssachverständigengutachtens - die Kraft feststellen müssen, welche auf die Klägerin im Zuge des Zusammenstoßes beim Verkehrsunfall gewirkt habe, um damit den medizinischen Sachverständigen eine Beurteilungsgrundlage zu schaffen. Logisch denkbar sei, daß durch den Ablauf des Unfalles solche Einflüsse auf Gehirn und Halswirbelsäule eingewirkt hätten, die zumindest die von der Klägerin behaupteten Folgewirkungen nicht ausschließen würden. Eine solche Beurteilung hätte zur Klagestattgebung geführt.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Die Klägerin hat nach den auch in Sozialrechtssachen geltenden allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung zu beweisen, daß durch den als Arbeitsunfall anerkannten Verkehrsunfall vom 8.1.1991 über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 vH eingetreten ist. An diesen Kausalitätsbeweis dürfen allerdings keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden, weshalb - ähnlich wie für die Haftungsbegründung in Schadenersatzfällen - der Beweis eines (sehr) hohen Wahrscheinlichkeitsgrades genügt. Die Vorinstanzen haben den Anspruch der Klägerin auf die begehrte Versehrtenrente verneint, weil sie den Kausalitätsbeweis als nicht erbracht angesehen, sondern vielmehr ausgeführt haben, daß posttraumatische neurologische Ausfälle nicht nachweisbar sind und die Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule nicht als unfallskausal anzusehen ist, sondern vielmehr die Folge anlagebedingter Veränderungen darstellt. Die Frage, ob bestehende Beschwerden in medizinischer Hinsicht Folgen eines Unfalls sind, also die Feststellung der sogenannten natürlichen Kausalität, gehört ebenso zum Tatsachenbereich wie die Frage, inwieweit die Erwerbsfähigkeit aus medizinischer Sicht gemindert ist. Soweit die Revisionswerberin die natürliche Kausalität der von ihr genannten Beschwerden zu bejahen versucht, geht sie nicht von den getroffenen Tatsachenfeststellungen aus. Ob der Kausalitätsbeweis von den Vorinstanzen zu Recht als nicht erbracht angesehen wurde, betrifft eine Frage der Beweiswürdigung und ist im Revisionsverfahren nicht überprüfbar (10 ObS 211/91, 10 ObS 241/91 ua). Sekundäre Feststellungsmängel liegen jedenfalls nicht vor. Die Frage, ob außer dem bereits vorliegenden noch ein weiteres Sachverständigengutachten zum selben Beweisthema einzuholen ist, gehört ebenfalls zur irrevisiblen Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (SSV-NF 7/12 mwN).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Kosten des Revisionsverfahrens wurden nicht verzeichnet.

Stichworte