OGH 10ObS226/94

OGH10ObS226/9427.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Matzke (aus dem Kreise der Arbeitgeber) und Herbert Lohr (aus dem Kreise der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria H*****, vertreten durch Mag.Dr.Johannes Stockert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6.Mai 1994, GZ 34 Rs 25/94-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2.Juli 1993, GZ 12 Cgs 22/93z-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Als Mangel rügt die Klägerin, daß die Diagnose des Leidenszustandes am linken Handgelenk nicht festgestellt worden und ungeprüft geblieben sei, ob bei der Klägerin nicht leidensbedingt Krankenstände in einem solchen Ausmaß zu erwarten seien, daß sie dadurch vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sei. Damit werden dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zuzuzählende Feststellungsmängel geltend gemacht.

Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren. Entscheidend für die Frage der Verweisbarkeit der Klägerin ist die auf Grund des ärztlichen Leistungskalküls getroffene Feststellung, in welchem Umfang sie im Hinblick auf die bestehenden Einschränkungen behindert ist bzw welche Tätigkeiten sie ausführen kann. Die vom Sachverständigen erhobene Diagnose bildet nur die Grundlage für das von ihm zu erstellende Leistungskalkül, das wiederum die Basis für die Feststellungen bildet. Mangels eigener medizinischer Fachkenntnisse könnte das Gericht aus einer festgestellten Diagnose keinerlei Schlußfolgerungen ableiten, zumal je nach dem Schweregrad eines Leidens bei identer Diagnose der Umfang der Einschränkungen bezüglich der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit ganz unterschiedlich sein kann. Wesentlich ist daher nur die Feststellung des Leistungskalküles, das die Vorinstanzen jedoch erhoben haben.

Gemäß § 87 Abs 1 ASGG hat das Gericht sämtliche notwendig erscheinenden Beweise von Amts wegen aufzunehmen. Die Verpflichtung zur amtswegigen Beweisaufnahme besteht jedoch nur hinsichtlich von Umständen, für deren Vorliegen sich aus den Ergebnissen des Verfahrens Anhaltspunkte ergeben. Nur dann, wenn sich aus dem Vorbringen der Parteien, aus Beweisergebnissen oder dem Inhalt des Aktes Hinweise auf das Vorliegen bestimmter entscheidungswesentlicher Tatumstände ergeben, ist das Gericht verpflichtet, diese in seine Überprüfung einzubeziehen.

Die Klägerin stützte ihre Klage darauf, daß sie wegen einer Behinderung am rechten Handgelenk nicht in der Lage sei, einer geregelten Beschäftigung nachzugehen. Die Begutachtung durch die ärztlichen Sachverständigen für interne Medizin und für Psychiatrie ergab völlig altersentsprechende Befunde, der chirurgische Sachverständige diagnostizierte im wesentlichen nur die von der Klägerin bereits in der Klage geltend gemachte Behinderung an der rechten Hand. Dieser Leidenszustand indiziert in keiner Weise das Auftreten von regelmäßigen leidensbedingten Krankenständen. Auch aus der Vernehmung der Klägerin ergab sich kein Hinweis in diese Richtung. Unter diesen Umständen hatten die Vorinstanzen auch keine Veranlasssung, diese Frage zu prüfen.

Ausgehend vom festgestellten Leistungskalkül bestehen keinerlei Bedenken, daß die Klägerin in der Lage ist, die von den Vorinstanzen herangezogenen Verweisungsberufe zu verrichten. Für Hilfstätigkeiten in Büros und Tätigkeiten in der Poststelle sind keine qualifizierten Voraussetzungen erforderlich. Es handelt sich um Tätigkeiten, die nach einer einfachen Anlernung in kurzer Zeit verrichtet werden können und keine vorausgehende Ausbildung erfordern. Daß die damit verbundenen Anforderungen weder die körperliche noch die geistige Leistungsfähigkeit der Klägerin überschreiten, steht fest. Soweit die Revisionsausführungen dies in Frage stellen, gehen sie nicht von den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen aus.

Ob die Klägerin tatsächlich in der Lage sein wird, einen Arbeitsplatz in den Verweisungsberufen zu finden, ist nicht entscheidend (SSV-NF 2/5 uva). Ist ein Versicherter in der Lage, einen Beruf, in dem eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen zur Verfügung steht (dies kann bei den hier in Frage kommenden Verweisungsberufen nicht zweifelhaft sein), auszuüben, gelingt es ihm aber nicht, einen Arbeitsplatz zu erlangen, dann ist er arbeitslos, aber nicht berufsunfähig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Umstände, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch aus der Aktenlage nicht.

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