OGH 11Os106/94

OGH11Os106/9420.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. September 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krumholz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Herbert B* wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 19. Mai 1994, GZ 7 Vr 13/94‑12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Glaser zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0110OS00106.9400000.0920.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG laut Punkt A./I./2. des Urteilssatzes und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben; im Umfang der Aufhebung wird gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Herbert B* wird von der Anklage, er habe außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider im September 1993 in M* 10 Gramm Cannabisharz besessen und (auch) dadurch das Vergehen nach § 16 Abs 1 SuchtgiftG begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG und § 36 Abs 1 Z 2 WaffenG wird Herbert B* nach §§ 28 StGB, 16 Abs 1 SGG zu 3 (drei) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

 

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der österreichische Staatsangehörige Herbert B* der Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG und § 36 Abs 1 Z 2 WaffenG schuldig erkannt.

Nur den Schuldspruch wegen Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG zu Punkt I/2. des Urteilssatzes bekämpft der Angeklagte mit einer nominell auf Z 9 lit a und b (inhaltlich nur lit b) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Gegen den Strafausspruch wendet er sich mit Berufung.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Im Umfang der Anfechtung liegt ihm zur Last, im September 1993 in Maastricht außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich 10 g Cannabisharz, besessen zu haben.

Zutreffend wendet der Angeklagte dagegen ein, daß mangels Strafbarkeit dieser Tat in den Niederlanden die auf § 65 Abs 1 Z 1 StGB gestützte Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes zur Verfolgung wegen dieser von ihm im Ausland verübten Tat ausgeschlossen sei (Z 9 lit b).

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 65 Abs 1 Z 1 StGB ist unter anderem, daß die Tat auch nach den Gesetzen des Tatortes mit (gerichtlicher) Strafe bedroht ist (vgl Leukauf‑Steininger Komm3 § 65 RN 9).

Nach Art 3 lit C des niederländischen Betäubungsmittelgesetzes ist es verboten, die in der zu diesem Gesetz gehörenden Liste II genannten Mittel (das sind unter anderem feste Gemische von Hanfharz) zu besitzen. Nach Art 11 Abs 2 leg.cit. wird mit einer Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren und mit einer Geldstrafe der fünften Kategorie oder mit einer dieser Strafen bestraft, wer vorsätzlich gegen ein Verbot im Sinne ua des Art 3 lit C verstößt.

Absatz 2 gilt allerdings nicht, wenn Gegenstand der Straftat höchstens 30 g der in Art 3 bezeichneten Mittel sind (Art 11 Abs 4). Dies deckt sich mit der Mitteilung des Ministerie van Justitie vom 11. April 1994, Zl 0.21803/1‑IV 1/94 an das Bundesministerium für Justiz, wonach alle Übertretungen nach dem Art 3, die den Besitz einer Suchtgiftmenge von höchstens 30 g Cannabis betreffen, mangels Strafbarkeit eingestellt werden. Daraus ergibt sich, daß die hier aktuelle Tat des Angeklagten, nämlich der Besitz von 10 g Cannabisharz in Maastricht, entgegen der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht in den Niederlanden nicht strafbar ist, weshalb es an der inländischen Strafgewalt nach § 65 Abs 1 Z 1 StGB mangelt und der Angeklagte insoweit gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen war.

Infolge Teilaufhebung des Schuldspruchs war auch der Strafausspruch zu kassieren und die Strafe neu zu bemessen. Dabei war das Zusammentreffen zweier Vergehen und die Wiederholung der Verstöße gegen das Suchtgiftgesetz erschwerend, mildernd hingegen der Beitrag zur Wahrheitsfindung.

Eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von drei Monaten, also in jener Höhe, wie sie schon das Erstgericht verhängt hatte, ist angemessen, zumal die vorgenommene Korrektur des Schuldspruches bei der Gesamtbeurteilung der unrechtsbezogenen Täterschuld (§ 32 StGB) nicht nennenswert ins Gewicht fällt. Der Verhängung einer vom Beschwerdeführer angestrebten bedingt nachgesehenen Geldstrafe standen angesichts der Faktenmehrzahl und des Umstandes, daß der Angeklagte Cannabis seit Jahren erzeugt (47), vor allem spezialpräventive Erwägungen entgegen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

 

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