OGH 10ObS153/94

OGH10ObS153/9420.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Josef Fellner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr.Renate Klenner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr.Peter F*****, vertreten durch Dr.Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Jahngasse 4, 6850 Dornbirn, vertreten durch Dr.Klaus Grubhofer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 1363,20 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.März 1994, GZ 5 Rs 20/94-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 15.September 1993, GZ 35 Cgs 19/93y-8 bestätigt wurde in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Die aufgrund § 13 Abs 4 der Satzung der beklagten Partei (im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 455 Abs 3 ASVG) erlassene, von der Aufsichtsbehörde und in der Folge auch von der Hauptversammlung genehmigte Satzungsänderung ist im Sinne der Organisationsvorschriften ordnungsgemäß zustande gekommen; dies wird auch in der Revision nicht mehr in Frage gestellt.

Unstrittig ist auch, daß ausgehend von der fraglichen Regelung der Satzung der Kostenerstattungsanspruch des Klägers richtig berechnet wurde. Der Revisionswerber macht in seinem Rechtsmittel vielmehr geltend, die im Range einer Rechtsverordnung stehende Satzungsbestimmung sei durch das Gesetz nicht gedeckt, weil § 131 Abs 1 ASVG die in der Satzung vorgesehene Pauschalregelung nicht zulasse; die Satzung lege die Pauschalbeträge völlig willkürlich fest. Er regt aus diesen Gründen an, die Satzung wegen Gesetzwidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Der Oberste Gerichtshof teilt jedoch die vom Revisionswerber gegen die Gesetzmäßigkeit der Satzungsregelung vorgetragenen Bedenken nicht.

Gemäß § 131 Abs 1 letzter Satz ASVG hat die Satzung des Versicherungsträgers für die Erstattung der Kosten der Inanspruchnahme eines Wahlarztes Pauschalbeträge festzusetzen, sofern die Vergütung für die Tätigkeit der entsprechenden Vertragsparter nicht nach erbrachten Einzelleistungen bestimmt wird. Der Wortlaut dieser Bestimmung schließt die Festlegung von Pauschalbeträgen für die Kostenerstattung daher dann aus, wenn die Vergütung für die (im vorliegenden Fall) vertragsärztliche Tätigkeit nach Einzelleistungen erfolgt. In diesem Fall soll dem Versicherten genau der Einzelleistungstarif vergütet werden, der dem Vertragsarzt für diese Leistung gebührt. Das Kostenaufkommen ist dann, sei es, daß der Versicherte einen Vertragsarzt, sei es, daß er einen Wahlarzt in Anspruch nimmt, für den Träger der Krankenversicherung völlig gleich. Eine solche reine Einzelleistungsvergütung sieht jedoch der Gesamtvertrag nicht vor. Der Vertrag stellt eine Punktebewertung für die einzelnen ärztlichen Leistungen auf und bestimmt auch das Honorar pro Punkt, doch ist dieses nicht durchgehend gleich hoch, es wird vielmehr eine Degression der Honorarhöhe bei steigender Punkteanzahl vorgesehen; bei Überschreiten der festgelegten Punktegrenzen sinkt der Wert eines Punktes und beträgt bei Überschreiten der Grenze von 50.000 Punkten letztlich nur mehr weniger als ein Zehntel des Wertes der ersten Punkte. Der Gesamtvertrag sieht daher kein reines Einzelleistungssystem vor. Der fallende Punktewert enthält vielmehr wesentliche Elemente einer Pauschalierung; das Gesamthonorar des Vertragsarztes ergibt sich aus der Summe der verschieden bewerteten Punkte und steigt bei Überschreiten einer bestimmten Punkteanzahl nur mehr unverhältnismäßig gering an. Ein striktes Einzelleistungssystem, das zur Voraussetzung hätte, daß jede Leistung ohne Unterschied auf den Umfang der insgesamt erbrachten Leistungen in gleicher Höhe honoriert wird, sieht der Gesamtvertrag daher nicht vor. Damit ist auch die satzungsmäßige Festlegung von Pauschalbeträgen für die Kostenerstattung nicht ausgeschlossen. Nach der grundsätzlichen Anordnung des ersten Satzes des § 131 Abs 1 ASVG gebührt der Kostenersatz in der Höhe des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner aufzuwenden gewesen wäre. Als solche kommen hier die Vertragsärzte in Frage. Bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes fallen aber im Hinblick auf den fallenden Punktewert nicht immer Kosten in einer auf der Grundlage des ersten Punktesatzes berechneten Höhe an. Bei dem bestehenden Mischsystem für die Honorierung der Vertragsärzte würde die Gewährung des Kostenersatzes auf der Grundlage dieses höchsten Punktewertes für die Inanspruchnahme eines Wahlarztes dem gesetzlichen Auftrag, der die Kostenerstattung mit dem für bei Inanspruchnahme der Vertragspartner anfallenden Aufwand begrenzt, nicht entsprechen. Es liegen vielmehr die Voraussetzungen vor, unter denen der Gesetzgeber eine Pauschalierung des Kostenerstattungsanspruches durch die Satzung vorsieht.

Soweit sich der Revisionswerber gegen die Regelung wendet, derzufolge der Punktewert mit zunehmender Punktezahl absinkt, ist ihm entgegenzuhalten, daß es sich dabei nicht um den Inhalt der Verordnung, sondern um eine Regelung des Gesamtvertrages handelt. Bei diesem handelt es sich gemäß § 338 Abs 1 ASVG um einen privatrechtlichen Vertrag. Der Inhalt dieses vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger und der zuständigen Ärztekammer abgeschlossenen Vertrages unterliegt nicht der Kontrolle im Normenprüfungsverfahren.

Der Vorwurf, die Festsetzung des Punktewertes durch die Satzung sei völlig willkürlich erfolgt, wird zu Unrecht erhoben. Der Kläger hat in der Klage selbst die Berechnung dieses Punktewertes dargestellt. Danach hat die beklagte Partei das insgesamt in der vorangegangenen Abrechnungsperiode an Vertragsärzte ausgezahlte Honorar durch die Gesamtzahl der von diesen Vertragsärzten in Rechnung gestellten Punkten geteilt und so einen Durchschnittspunktewert ermittelt. Von einem willkürlichen Vorgehen kann daher keine Rede sein. Der auf dieser Grundlage ermittelte Kostenersatzbetrag ist vielmehr der Betrag, der von der beklagten Partei für Leistungen mit dem unbestrittenen Punktewert im Durchschnitt an Vertragsärzte gezahlt wurde. Auch daß bei der Ermittlung dieses Durchschnittswertes alle Vertragsärzte einbezogen wurden und nicht für einzelne medizinische Fachgebiete gesonderte Durchschnittswerte erhoben und dementsprechend in der Satzung unterschiedliche Punktewerte für verschiedene medizinische Fachrichtungen festgesetzt wurden, erweckt keine Bedenken. Eine Regelung ist nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn ihr Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen wird. Dem Normsetzer muß es gestattet sein eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen (idS VfSlg 10.455 mwH). Dem wird aber die auf die Durchschnittshonorare alle Vertragsärzte abstellende Regelung gerecht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Umstände, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch aus der Aktenlage nicht.

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