OGH 14Os124/94(14Os125/94)

OGH14Os124/94(14Os125/94)6.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.September 1994 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kriz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ursula D***** wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 und § 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17.Mai 1994, GZ 2 b Vr 2.157/94-29, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten und ihres Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.Mai 1994, GZ 2 b Vr 2.157/94-29, verletzt insoweit, als

1. der von Punkt I/1 und 2 erfaßte Sachverhalt auch der Bestimmung des § 147 Abs 2 StGB unterstellt wird und

2. der Schuldspruch wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (Punkt II) auch eine "Girokarte" umfaßt,

das Gesetz in diesen Bestimmungen.

Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird in den bezeichneten Aussprüchen und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Ursula D***** wurde mit dem oben bezeichneten Urteil der Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 und § 15 StGB sowie der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Nach dem Urteilsspruch hat sie am 3.Februar 1994 in Wien

I. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der nachangeführten Kreditinstitute durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, über ein Sparkassenbuch bzw ein Girokonto verfügungsberechtigt zu sein, zu Handlungen verleitet bzw zu verleiten versucht, die diese Kreditinstitute an ihrem Vermögen schädigten bzw schädigen sollten, und zwar

1. Angestellte der Bank A***** durch die Präsentation eines der Josefa A***** entfremdeten Euro-Schecks, Nr. 000171940287 zu deren Konto Nr. 00770093268, der "von Josefa A***** mit dem Betrag von 10.000 S ausgefüllt" (vgl aber US 7) und unterschrieben war, zur Zahlung von 10.000 S;

2. Angestellte der G*****bank, ***** durch die Vorlage des der Caroline W***** entfremdeten und mit Losungswort gesicherten Sparkassenbuches Nr. 429712093 mit einem Einlangenstand von ca 400.000 S zur Auszahlung von Bargeld, wobei es beim Versuch blieb;

II. Urkunden, über die sie nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweise von Rechten und Tatsachen gebraucht werden, und zwar eine Girokarte der E***** Spar-Casse, Nr. 22808698, ausgestellt für Caroline W*****, sowie das zu Punkt I/2 angeführte Sparkassenbuch.

Dieses nur von der Staatsanwaltschaft mit Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe angefochtene Urteil steht - wie der Generalprokurator in seiner deshalb zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Feststellungen nämlich, welche beim Schuldspruch wegen des zum Teil beim Versuch gebliebenen schweren Betruges (Pkt I) die Annahme eines auf einen 25.000 S übersteigenden Schaden (§ 147 Abs 2 StGB) gerichteten Vorsatzes decken könnten, sind den Entscheidungsgründen des Urteils nicht zu entnehmen, und auch der Urteilsspruch läßt kein diese Qualifikation rechtfertigendes Substrat erkennen. Exakte Feststellungen dazu wären aber schon deshalb erforderlich gewesen, weil sich die Angeklagte einerseits dahingehend verantwortet hat, nur die Abhebung von 2.000 S versucht zu haben (S 123 verso in ON 5, S 29), andererseits bei ihrer ersten Vernehmung durch den Untersuchungsrichter aber angegeben hat, sie habe versucht, "das Sparbuch aufzulösen" (S 123 in ON 5), was im übrigen eine Angestellte der kontoführenden Bank der Geschädigten gegenüber bestätigt haben soll (S 53 in ON 5).

Darüber hinaus bieten die Entscheidungsgründe auch keine Tatsachengrundlage, die Objekteignung der vom Schuldspruch wegen Urkundenunterdrückung erfaßten "Girokarte" verläßlich zu beurteilen (siehe dazu Leukauf-Steininger Komm3 § 223 RN 20 c).

Diese materiellrechtlichen Feststellungsmängel (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bzw 10 StPO) gereichen der Angeklagten zum Nachteil, weshalb eine teilweise Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz anzuordnen war (§ 292 letzter Satz StPO). Dabei wird nach den durch die Verfahrensergebnisse (S 111 und 113) gedeckten und unberührt gebliebenen Urteilskonstatierungen (US 7) im Faktum I/1 die Tatqualifikation nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB (Leukauf-Steininger Komm3 § 223 RN 27) anzunehmen sein (§ 293 StPO).

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