OGH 5Ob71/94(5Ob72/94)

OGH5Ob71/94(5Ob72/94)6.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller

1. Ernst M***** und 2. Christine M*****, beide vertreten durch Dr.Sonja Toifl-Campregher, Landessekretärin der Mietervereinigung Österreichs, 4020 Linz, Noßbergerstraße 11, wider die Antragsgegnerin Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft ***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Eypeltauer ua Rechtsanwälte in Linz, wegen § 22 Abs 1 Z 6 WGG, infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 29. März 1994, GZ 18 R 756/93-22, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 31.August 1993, GZ 29 Msch 20, 21/92-14, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten ihres Revisionsrekurses und ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Antragsgegnerin, eine gemeinnützige Bauvereinigung, ist Eigentümerin des Hauses L***** in L*****, das während des Zweiten Weltkrieges erbaut wurde. Die Antragsteller sind seit 1.7.1980 Mieter einer in diesem Haus gelegenen, 82 m2 großen Wohnung. Im Mietvertrag wurde unter anderem vereinbart, daß die Vermieterin zur Erhöhung des Mietzinses berechtigt ist, wenn dies zur Sicherung ausreichender Wirtschaftlichkeit im Sinne des WGG und seiner Durchführungsverordnung erforderlich ist. Die Entgelte für die in Bestand gegebenen Objekte wurden ursprünglich nach dem WGG 1940 iVm der WGGDV kalkuliert, am 1.7.1954 aber durch das ZStG in ihrer Höhe eingefroren. Nachdem Ende 1981 das ZStG und das MRÄG 1967 außer Kraft getreten waren, forderte die Antragsgegnerin von den Antragstellern ab 1.1.1982 ein erhöhtes Entgelt mit der Begründung, die Neuberechnung sei aufgrund der Schillingeröffnungsbilanz nach dem SEBG zulässig. Dieser Neukalkulation der Entgelte wurde eine Aufwertung der Baukosten und der Grundkosten gemäß SEBG zugrundegelegt. Die sich daraus errechnende zusätzliche Verzinsung der Fremd- und der Eigenmittel wurde auf die Gesamtmietfläche umgelegt. Durch die Anwendung der Grundsätze des SEBG ergab sich ein höheres Entgelt im Zeitraum 1.1.1982 bis 27.2.1988 in der Höhe von S 10.371,65 und im Zeitraum vom 1.3.1988 bis 28.2.1991 in der Höhe von S 2.957,10, das von den Antragstellern auch bezahlt wurde.

Mit der Begründung, die Neuberechnung der Entgelte dürfte auch nach dem Außerkrafttreten des Zinsstoppgesetzes am 1.1.1982 nicht nach dem SEBG erfolgen, beantragten die Antragsteller am 28.2.1991 bei der Schlichtungsstelle der Gemeinde die Feststellung, daß das begehrte Entgelt im Sinne des § 14 WGG unzulässig sei, und der Antragsgegnerin die Rückzahlung des festzustellenden Betrages samt Zinsen aufzutragen.

Die Antragsgegnerin wendete dagegen ein, daß sie zu Recht die Mietzinserhöhungsklausel nach dem Inkrafttreten des MRG angewandt habe, weil nur bei der Berechnung des Entgelts unter Berücksichtigung der Grundsätze des SEBG dem Gebot der Wirtschaftlichkeit Rechnung getragen werden könne. Weiters wurde Verjährung sowie die Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges eingewendet, weil die Voraussetzungen, ob die Mietzinserhöhungsklausel zulässigerweise angewendet worden sei, im streitigen Rechtsweg zu klären wäre.

Die Schlichtungsstelle stellte eine Überschreitung des zulässigen Entgeltes im Zeitraum 1.1.1988 bis 28.2.1991 fest und verpflichtete insoweit die Antragsgegnerin zur Rückzahlung.

Das gemäß § 40 Abs 1 MRG (iVm § 22 Abs 4 WGG) angerufene Erstgericht stellte fest, daß die Antragsgegnerin durch Vorschreibung eines von den Antragstellern bezahlten Entgeltes für die gegenständliche Wohnung auf Basis der Werte der Schillingeröffnungsbilanz das gesetzlich zulässige Entgelt in der Zeit vom 1.3.1988 bis 28.2.1991 um insgesamt S 2.957,10 überschritten habe, und sprach aus, daß die Antragsgegnerin schuldig sei, den Antragstellern diesen Betrag binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, daß der außerstreitige Rechtsweg zulässig sei. Bei der Frage der Berechnung auf Basis des SEBG berief sich das Erstgericht auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 31.10.1989, WoBl 1990/12, und führte aus, daß ganz allgemein die Bestimmungen des SEBG nichts daran änderten, daß vom Kostendeckungsprinzip zur Zeit der Überlassung her von den tatsächlichen Grund- und Baukosten der konkreten Baulichkeit auszugehen sei, weil es nicht darum gehe, der gemeinnützigen Bauvereinigung Mittel zur Errichtung anderer Bauten zu verschaffen, sondern lediglich die tatsächlichen Kosten zu refinanzieren seien. Diese Aussage betreffe auch Neuvermietungen. Ein anderes Verständnis würde dem Kostendeckungs- bzw Gemeinnützigkeitsprinzip des WGG widersprechen. Die Verjährungsfrist betrage unter Anwendung des § 27 Abs 3 MRG drei Jahre, weil bereits das Gesetz selbst im § 20 Abs 1 WGG dies vorsehe. Es sei daher von einer Verjährung der mehr als drei Jahre vor Antragstellung geltend gemachten Beträge auszugehen, weshalb sich der Rückforderungszeitraum vom 1.3.1988 bis 28.2.1991 erstrecke. Ein Zuspruch von Stufenzinsen habe zu entfallen.

Das Rekursgericht gab den Rekursen beider Parteien nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Es bejahte die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges und führte zum Rekurs der Antragsgegnerin sodann folgendes aus:

Die Schillingeröffnungsbilanz könne nicht zur Grundlage einer Erhöhung des Entgeltes gemacht werden. Das Kostendeckungsprinzip verkörpere das tragende Element der Gemeinnützigkeit. Dieser Grundsatz sei in den §§ 13 ff WGG 1979 und der EntgRV geregelt. Es solle sichergestellt werden, daß die gemeinnützige Bauvereinigung für die Wohnraumüberlassung ein angemessenes Entgelt erhalte, das sich in erster Linie an der Kostendeckung zu orientieren habe. Das vereinbarte Entgelt dürfe weder höher noch niedriger angesetzt werden als erforderlich sei, um die Aufwendungen für die Bewirtschaftung der Baulichkeit zu decken. Dies bedeute, daß die gemeinnützige Bauvereinigung im Rahmen der Bau- und Verwaltungstätigkeit neben den Entgelten für die eigene Leistung nur tatsächlich aufgelaufene und gerechtfertigte Selbstkosten verrechnen dürfe. Anders gesagt: es dürfe nur soviel verlangt werden, wie ausgegeben werde (Keinert, WoBl 1991, 112). Die Berechnung des Entgelts sei grundlegend im § 14 WGG geregelt, insbesondere auch die Anrechnung von Beträgen für die Absetzung für Abnutzung (Abs 1 Z 1), die Verzinsung (Abs 1 Z 2), die angemessene Verzinsung der Eigenmittel (Abs 1 Z 3) und die Rücklagen (Abs 1 Z 8). Für alte Baulichkeiten aber, das seien solche, die vor dem Inkrafttreten des WGG 1979 erstmals bezogen worden seien oder für die damals die Benützungsbewilligung erteilt worden sei, seien die Z 1, 2 und 8 des § 14 Abs 1 WGG 1979 (AfA bzw. Tilgung und Verzinsung und Rücklagen) gemäß § 39 Abs 8 Z 1 WGG 1979 nicht anzuwenden. Vielmehr gelte weiterhin § 7 Abs 2 WGG 1940 samt § 11 Abs 3 Satz 1 bis 3 der DV: Gemäß § 7 Abs 2 WGG 1940 dürfe das Wohnungsunternehmen Wohnungen nur zu angemessenen Preisen überlassen. Wie der angemessene Preis zu ermitteln sei, werde in den Durchführungsvorschriften geregelt. Nach § 11 Abs 3 WGGDV dürfe der Preis für die Überlassung des Gebrauches einer Wohnung nicht höher, aber auch nicht niedriger angesetzt werden, als es nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung zur Deckung der laufenden Aufwendungen für die Wohnungsbewirtschaftung einschließlich einer angemessenen Verzinsung des Fremd- und Eigenkapitals, einer ordnungsgemäßen Abschreibung und zur Bildung von Rücklagen und Rückstellungen erforderlich sei. Maßgeblich seien die Verhältnisse zur Zeit der ersten Überlassung der Wohnungen. Da die erste Überlassung der Wohnung vor dem Inkrafttreten des SEBG 1954 geschehen sei, könne daher dieses Gesetz keinen Einfluß auf die Entgeltberechnung haben. Auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages komme es nicht an, weil das Gesetz nicht darauf, sondern auf den Zeitpunkt der ersten Überlassung der Wohnung verweise. Maßgeblich seien also die Verhältnisse zur Zeit der ersten Überlassung der Wohnung. Auch von den dadurch bestimmten Werten sei auszugehen. Die für die gemeinnützige Bauvereinigung zwingend geltenden Bestimmungen der Schillingeröffnungsbilanz änderten nichts daran, daß vom Kostendeckungsprinzip zur Zeit der Überlassung der Wohnungen her von den tatsächlichen Grund- und Baukosten der konkreten Baulichkeit auszugehen sei, weil es nicht darum gehe, der gemeinnützigen Bauvereinigung Mittel zur Errichtung anderer Bauten zu verschaffen, sondern lediglich die tatsächlichen Kosten zu refinanzieren (WoBl 1990/12). Da diese Refinanzierungskosten nicht damit zusammenhingen, wann der derzeitige Mieter seinen Vertrag abgeschlossen habe, könne dessen Datum keinen Einfluß auf die Entgeltsberechnung haben. Daß der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung WoBl 1990/12 auch auf den Mietvertrag abgestellt habe, sei dort nur ein zusätzliches Argument (für die Nichtanwendung des SEBG bei einer "alten Baulichkeit" iVm einem "alten Mietvertrag"). Für sich allein tragfähig sei schon die Überlegung, daß es nicht einsehbar sei, daß allein wegen der Vorschrift des SEBG, nach dessen § 2 die Schillingeröffnungsbilanz in der Weise aufzustellen sei, daß die Vermögensgegenstände und Schulden, die im Inventar für den Schluß des vorangegangenen Geschäftsjahrs enthalten seien, nach den in den folgenden Vorschriften enthaltenen Bewertungsvorschriften bewertet würden, der längst schon endgültig feststehende Hauptmietzins verändert werden sollte. Die Antragsgegnerin verweise darauf, daß im

2. WÄG die Möglichkeit einer Änderungskündigung eingeführt worden sei, um dadurch die Bewertung nach dem SEBG zu ermöglichen (§ 20 Abs 2 Z 2 iVm § 39 Abs 18 WGG). Damit habe nach den Gesetzesmaterialien bei Anwendbarkeit des SEBG auf die Baulichkeit "erneut" die Erhöhung des Entgeltes ermöglicht werden sollen. Aus dem Wort "erneut" wolle die Antragsgegnerin ableiten, daß die Anwendbarkeit des SEBG schon vor Inkrafttreten des 2.WÄG möglich gewesen sei. Dem könne aber nicht gefolgt werden, weil aus dem 2.WÄG gerade umgekehrt auch geschlossen werden könne, daß es vorher eben keine Anpassung des Entgeltes an das SEBG gegeben habe, weswegen sich der Gesetzgeber zu einer solchen Regelung entschlossen habe. Die Wendung aus den Materialien "erneut" könne sich ebenso darauf beziehen, daß ganz allgemein wiederum ein Erhöhungstatbestand geschaffen worden sei.

Zum Rekurs der Antragsteller führte das Rekursgericht aus: Die Verjährungsfrist betrage drei Jahre. Gemäß § 1 Abs 3 MRG gelte dieses Gesetz auch für genossenschaftliche Nutzungsverträge. Hiezu werde im § 20 Abs 1 WGG idF des 2.WÄG festgelegt, welche Paragraphen des MRG keine Anwendung finden sollten. Der darin nicht aufgezählte § 27 MRG finde daher Anwendung. Die Verjährung sei zum heutigen Zeitpunkt, also zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz zu beurteilen. Anders als bei der Frage, ob ein bestimmter Mietzins zulässig sei, komme es nicht auf die damals in Geltung gestandenen Vorschriften an, sondern auf die derzeit geltenden Verjährungsbestimmungen. Aber auch schon § 20 Abs 1 WGG idF des 1.WÄG habe nichts an der Anwendbarkeit des § 27 MRG geändert. Auch die Antragsteller würden grundsätzlich nicht die Anwendbarkeit des § 27 MRG bestreiten. Sie seien bloß der Auffassung, daß sich die dreijährige Frist nur auf die im § 27 Abs 1 MRG aufgezählten ungültigen und verbotenen Vereinbarungen beziehe, nicht aber auf die zu Unrecht eingehobenen Nutzungsentgelte im Sinne der §§ 13 und 14 WGG, weil diese im § 27 MRG nicht aufgezählt seien und die Gesetzeslücke im Wege der Analogie nicht geschlossen werden könne. Richtig sei zunächst, daß im § 27 Abs 3 MRG, wo die besondere Verjährungsfrist geregelt sei, nur von der Rückforderung dessen die Rede sei, was entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 MRG oder aufgrund von ungültigen und verbotenen Vereinbarungen geleistet worden sei. Der Wortsinn des § 27 Abs 3 MRG decke die Auslegung, daß alle Ansprüche auf Rückforderung einer Leistung, die nach den mietrechtsgesetzlichen Sonderregelungen für unwirksam und verboten erklärt worden seien, ausnahmslos dem besonderen mietrechtsgesetzlich geregelten Rückforderungsanspruch unterliegen sollten. Das MRG ziele also darauf ab, daß alle unzulässigen Mietzinsvorschreibungen innerhalb einer dreijährigen Verjährungsfrist zurückgefordert werden könnten. Dies sei inhaltlich das gleiche wie die Rückforderung von Entgelten, die entgegen den Bestimmungen der §§ 13 ff WGG dem Mieter vorgeschrieben würden. Es bestehe kein sachlicher Grund, hier zu differenzieren. Ziel des Mietrechtes, also MRG und WGG, sei es, ein tunlichst geschlossenes System eines Sonderrechtes zu entwickeln. Die Verjährungsfrist solle einheitlich drei Jahre betragen unter Ausschluß der Leistungskondiktion nach § 1431 ABGB (WoBl 1989/80).

Der ordentliche Revisionsrekurs sei deswegen zulässig, weil der Oberste Gerichtshof für Fragen der Anwendbarkeit des SEBG auf die Entgeltsberechnung in der Entscheidung WoBl 1990/12 zwar eine grundsätzliche Leitlinie vorgegeben habe, der auch gefolgt werde. In dieser Entscheidung sei aber ein Mietvertrag zu beurteilen gewesen, der vor dem Inkrafttreten des SEBG abgeschlossen worden sei. Bezüglich Neuverträgen bleibe die Frage offen, worauf auch Würth in seiner Entscheidungsbesprechung hinweise.

Gegen diese Rekursentscheidung richten sich die Revisionsrekurse beider Seiten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Antragsteller beantragen, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Rückzahlungszeitraum schon mit 1.1.1982 beginne. Die Antragsgegnerin beantragt die Abänderung im Sinne der Abweisung des Antrages der Antragsteller. Hilfsweise stellen beide Seiten Aufhebungsanträge.

Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs der Antragsteller nicht Folge zu geben.

Die Revisionsrekurse sind nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin:

Soweit die Antragsgegnerin hinsichtlich der Unzulässigkeit des Rechtsweges auf ihre Ausführungen im Rekurs verweist, ist zu bemerken, daß einerseits eine derartige Verweisung für den Obersten Gerichtshof unbeachtlich ist (MGA JN/ZPO14 § 506 ZPO E 6 und 7) und daß andererseits die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges von beiden Vorinstanzen konform bejaht wurde, weshalb es zu einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht mehr kommen kann (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO; ein Sachbeschluß im Sinne des § 37 Abs 3 Z 15 und 18 MRG liegt insoweit nicht vor).

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin hat das Rekursgericht die Entscheidung WoBl 1990/12 nicht mißverstanden. Richtig ist, daß damals - anders als im vorliegenden Fall - der Mietvertrag vor Inkrafttreten des SEBG (und des WGG 1979) abgeschlossen worden war. Deshalb wurde in WoBl 1990/12 als zusätzliches Argument angeführt, daß das SEBG des Jahres 1954 bei Vertragsabschluß 1941 nicht vorausgeahnt werden konnte. Unabhängig vom Vermietungszeitpunkt ist aber an der Aussage festzuhalten, daß die für die gemeinnützige Bauvereinigung zwingend geltenden Bestimmungen der Schillingeröffnungsbilanz nichts daran änderten, daß vom Kostendeckungprinzip zur Zeit der Überlassung der Wohnungen her von den tatsächlichen Grund- und Baukosten der konkreten Baulichkeit auszugehen ist, weil es nicht darum geht, der gemeinnützigen Bauvereinigung Mittel zur Errichtung anderer Bauten zu verschaffen, sondern lediglich die tatsächlichen Kosten zu refinanzieren. Diese Aussage gilt auch für den vorliegenden Fall. Entgegen der Darstellung von Meinhart/Österreicher, Die WGG-Novelle im 2.WÄG, WoBl 1991, 85, 88, auf die sich die Antragsgegnerin beruft, betrifft die Entscheidung WoBl 1990/12 somit nicht nur eine "eher atypische Vertragslage" mit Abschluß vor 1954.

Auch die von der Antragsgegnerin herangezogenen Materialien zum 2.WÄG führten zu keinem anderen Ergebnis. Der diesbezügliche Absatz in den Erläuternden Bemerkungen zu § 20 WGG, 52 BlgNR 18.GP, 3 f, lautet vollständig: "§ 20 Abs 2 bis 4 bringen eine Übernahme mietrechtlicher Endigungsregeln und zusätzlich einen neuen Fall der Änderungskündigung in Abs 2 Z 2. Damit wird bei Anwendbarkeit des SEBG auf die Baulichkeit erneut die Erhöhung des Entgelts, das den gemeinnützigkeitsrechlichen Vorschriften (WGG 1940, WGGDV usw) entspricht, ermöglicht. § 39 Abs 18 WGG (Art I Z 8) regelt, wie die Entgeltbildung und Verwendung bei Miet- oder Nutzungsgegenständen einer dem SEBG unterliegenden Baulichkeit zu erfolgen hat". Die Antragsgegnerin will auch im drittinstanzlichen Verfahren aus der Verwendung des Wortes "erneut" ableiten, daß eine solche Erhöhung aufgrund der Anwendbarkeit des SEBG schon vor Inkrafttreten des 2.WÄG möglich gewesen sei.

Zunächst erlauben Erläuternde Bemerkungen zu Gesetzesnovellierungen keinen zwingenden Schluß auf den Willen des historischen Gesetzgebers, der die vor der Novelle gegebene Rechtslage geschaffen hat. Weiters ist die von der Antragsgegnerin herangezogene Wendung im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Satz zu lesen: Eingeführt wurde ein neuer Fall der Änderungskündigung. § 20 Abs 2 Z 1 WGG (übernommen aus § 20 Abs 2 idF des 1.WÄG) sieht schon ab 1.1.1989 unter bestimmten Voraussetzungen eine Änderungskündigung zur Erzielung des nach § 14 Abs 1 WGG zulässigen Entgelts für Altverträge vor. § 20 Abs 2 Z 2 WGG (idF des 2.WÄG) führte eine weitere Änderungskündigung - "erneut" - zur Erzielung eines nach § 14 Abs 1 WGG zulässigen Entgeltes, hier unter Anwendung des SEBG (§ 39 Abs 18 WGG), ein (Würth in Rummel2 § 20 WGG Rz 11, 12). Der Gesetzgeber hat hiebei nicht etwa den - von der Antragsgegnerin noch immer vertretenen - Standpunkt der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zur Heranziehung der Schillingeröffnungsbilanzwerte übernommen, sondern mit der Neueinführung einer weiteren Änderungskündigung zur Durchsetzung einer Aufwertung nach dem SEBG zufolge Würth, aaO, einen "Kompromiß" zwischen diesem Standpunkt und der in WoBl 1990/12 zum Ausdruck gebrachten Auffassung gesucht. Für die Meinung der Antragsgegnerin zur hier maßgeblichen Rechtslage spricht dies keineswegs.

Das Rekursgericht, auf dessen Ausführungen im übrigen verwiesen wird (§ 22 Abs 4 WGG, § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 510 Abs 3 und § 528a ZPO), hat die hier zu beurteilende Rechtsfrage somit richtig gelöst.

Zum Revisionsrekurs der Antragsteller:

Da das Verfahren bei der Schlichtungsstelle vor dem 1.3.1991 anhängig wurde, ist § 20 Abs 1 WGG noch in der Fassung des 1.WÄG heranzuziehen (vgl Art V Abs 3 Z 3 2.WÄG). Auch danach ist § 27 MRG anwendbar (vgl Würth in Rummel2 § 1 MRG Rz 21), was die Antragsteller auch nicht bestreiten. Damit ist aber auch grundsätzlich von der Anwendbarkeit des Abs 3 dieser Bestimmung und der darin enthaltenen dreijährigen Verjährungsfrist für den WGG-Bereich auszugehen. Die Auffassung der Antragsteller, es hätten im § 27 Abs 3 MRG neben den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 und 27 Abs 1 MRG auch jene der §§ 13 und 14 WGG besonders angeführt werden müssen, überzeugt nicht. Vielmehr ergibt sich bei verständiger Betrachtung der Verweisungstechnik des Gesetzgebers, daß die Rückforderungregelung des § 27 Abs 3 MRG auch gegen das WGG verstoßende Entgelte umfaßt. Das Kostendeckungsprinzip hat (mit Ausnahmen) für die Höhe dieser Entgelte Bedeutung, nicht aber - wie die Antragsteller meinen - für die Verjährung des Rückforderungsanspruches. Dem Rekursgericht ist zuzustimmen, daß es keinen sachlichen Grund gibt, bei der Dauer der Verjährungsfrist zwischen nach dem MRG und nach dem WGG unzulässigen Vorschreibungen zu differenzieren.

Auf den Hemmungseinwand der Antragsteller ist nicht einzugehen, weil es sich bei diesem Vorbringen um eine unzulässige Neuerung handelt.

Die Vorinstanzen haben somit zutreffend eine dreijährige Verjährungsfrist angenommen.

Beide Revisionsrekurse mußten demnach erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 22 Abs 4 WGG, § 37 Abs 3 Z 19 erster Halbsatz MRG.

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