OGH 2Ob47/94

OGH2Ob47/9425.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann T*****, vertreten durch Dr.Hans Paternioner und Dr.Franz Niederleitner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei ***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr.Ulrich Polley und Dr.Helmut Sommer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen 96.261 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 8.März 1994, GZ 1 R 259/33-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 13.Oktober 1993, GZ 22 Cg 42/93f-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die vorinstanzlichen Urteile werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 72.195,75 samt 4 % Zinsen seit 19.5.1992 zu bezahlen.

Das Mehrbegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei einen weiteren Betrag von S 24.065,25 samt 4 % Zinsen seit 19.5.1992 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 23.348,40 bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 19.4.1992 ereignete sich auf der T***** Bundesstraße im Bereich der Kreuzung mit der nach § 52 Z 24 StVO benachrangten P*****straße ein Verkehrsunfall, an dem ein vom Kläger gehaltener PKW, welcher von der Gattin des Klägers gelenkt wurde und ein von Erwin D***** gelenkter PKW, der bei der beklagten Partei haftpflichtversichert ist, beteiligt waren.

Gestützt auf das Alleinverschulden des Erwin D***** begehrt der Kläger den Ersatz des der Höhe nach unbestrittenen Sachschadens von S

96.261. Erwin D***** wurde vorgeworfen gegen das absolute Überholverbot des § 9 Abs 1 StVO verstoßen zu haben.

Die beklagte Partei wendete Alleinverschulden der Gattin des Klägers wegen Vorrangverletzung ein. Die Gattin des Klägers sei ohne ausreichende Beobachtung über den Verkehrsspiegel und ohne genügende Beobachtung der tatsächlichen Verkehrsverhältnisse in die T***** Bundesstraße eingebogen. Sie hätte sich in die Kreuzung vortasten oder eines Einweisers bedienen müssen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es im wesentlichen von folgendem Sachverhalt ausging:

Gegenüber der aus Richtung Norden in die T***** Bundesstraße einmündenden P*****straße ist ein Verkehrsspiegel am südlichen Fahrbahnrand der Bundesstraße angebracht. Rund 138 m westlich der Kreuzung beginnt eine Leitlinie, die, in Richtung Osten gesehen, in eine Sperrlinie übergeht. Die Gattin des Klägers lenkte dessen PKW auf der P*****straße in Richtung Süden und beabsichtigte, nach rechts in die T***** Bundesstraße einzubiegen. Die örtliche Situation war ihr bekannt. Sie hielt das Fahrzeug in leichter Schrägstellung zur Fahrbahnlängsachse der P*****straße so an, daß sich ihre Sitzposition etwa 5 m östlich des Fixpunktes (= östliche Ecke des nördlich der P*****straße gelegenen Zaunes) befand. Über den Verkehrsspiegel konnten von dieser Position der nördliche Fahrstreifen der Bundesstraße bis 105 m und der südliche Fahrstreifen bis 130 m westlich des Fixpunktes eingesehen werden. Die Gattin des Klägers blickte nach links (in Richtung Osten, Sichtweite rund 300 m) und danach in den Verkehrsspiegel, über den sie ein auf dem südlichen Fahrstreifen in Richtung Osten fahrendes Fahrzeug wahrnahm. Daraufhin blickte sie nochmals kurz nach links und fuhr langsam los. Vom Zeitpunkt des Blickes in den Verkehrsspiegel bis zum Anfahren verging ca eine Sekunde. Vom Anfahren bis zur Kollision vergingen 3,5 bis 3,7 Sekunden, wobei eine Strecke von rund 6,2 m bogenförmig zurückgelegt wurde. Als die Gattin des Klägers erstmals direkte Sicht nach Westen gewann, sah sie den von Erwin D***** gelenkten PKW, der sich zur Gänze auf der nördlichen Fahrbahnhälfte befand. D***** hatte mit 86 bis 90 km/h ein Überholmanöver durchgeführt, sein PKW befand sich 110 bis 111 m westlich der Bezugslinie (= Senkrechte über die Fahrbahn der Bundesstraße auf Höhe des Fixpunktes), somit außerhalb der Sicht der Gattin des Klägers, als diese in den Verkehrsspiegel blickte. Zum Zeitpunkt, als die Gattin des Klägers 3,5 bis 3,7 Sekunden vor der Kollision das Anfahrmanöver begann, war D***** rund 85 bis 86 m westlich der Bezugslinie zur Gänze auf der nördlichen Fahrbahnhälfte. Trotz Einleitung einer Bremsung durch Erwin D***** kam es rund 2 m westlich der Bezugslinie zur Kollision zwischen den Frontseiten der beiden Fahrzeuge.

In rechtlicher Hinsicht warf das Erstgericht Erwin D***** vor, ein allenfalls vor Beginn der Sperrlinie begonnenes Überholmanöver nicht abgebrochen zu haben. Der Unfall hätte sich nicht ereignet, wenn D***** das Überholmanöver vor Beginn der Sperrlinie abgebrochen hätte. Dem Fahrzeug des Erwin D***** sei kein Vorrang zugekommen, weil dieser trotz der Sperrlinie ein Überholmanöver durchgeführt habe. Die Gattin des Klägers hätte darauf vertrauen können, daß die Sperrlinie von keinem Fahrzeug überfahren werde. Sie habe das Rechtsabbiegemanöver beginnen dürfen, ohne gegen Verkehrsvorschriften zu verstoßen, Erwin D***** habe den Unfall allein verschuldet.

Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung dahin ab, daß die beklagte Partei für schuldig erkannt wurde, dem Kläger den Betrag von S 48.130,50 zu bezahlen, das Mehrbegehren auf Zahlung von S 48.130,50 wurde abgewiesen.

Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß gemäß § 9 Abs 1 (§ 55 Abs 2) StVO Sperrlinien nicht überfahren werden dürften. Diese stellten ein absolutes Verbot und - neben § 16 StVO - ein Überholverbot dar (ZVR 1974/267; ZVR 1984/6 ua). Das Verbot des Überfahrens einer Sperrlinie diene insbesondere dem Schutz des Gegenverkehrs; dies sei jedoch nicht ausschließlich Zweck dieser Norm (ZVR 1983/233). Schutzzweck des § 9 Abs 1 StVO sei es, der Sicherheit aller auf der Fahrbahn jenseits der Sperrlinie befindlichen Verkehrsteilnehmer zu dienen (ZVR 1983/71; ZVR 1984/6; ZVR 1985/41 uva). Erwin D***** wäre daher verpflichtet gewesen, das Überholmanöver zu unterlassen oder vor Beginn der Sperrlinie abzubrechen und seinen PKW auf die südliche Fahrbahnhälfte der Bundesstraße zu lenken. Der spezifische Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Übertretung der Schutznorm des § 9 Abs 1 StVO durch Ewin D***** und dem Schaden des Klägers sei zu bejahen. Der Vorrang des Vorschriftszeichens des § 52 Z 4 StVO erstrecke sich auf die gesamte Fahrbahn der Querstraße, der Vorrangberechtigte verliere den Vorrang durch verkehrswidriges Verhalten, zB durch Benützung der falschen Fahrbahnseite nicht. Trotz des Überholverbotes habe sich demnach das Fahrzeug des Erwin D***** gegenüber dem PKW des Klägers im Vorrang befunden.

Gemäß § 19 Abs 4 StVO wäre die Gattin des Klägers verpflichtet gewesen, vor dem Anfahren aus der Anhalteposition auf der P*****straße einen (zweiten) Blick in den Verkehrsspiegel vorzunehmen, um sich zu vergewissern, ob zwischenzeitig an dem auf der südlichen Fahrbahnseite der Bundesstraße herankommenden Fahrzeug der linke Blinker aufleuchtete, weil sie ebenfalls den Vorrang des nach links in die P*****straße einbiegenden, unbekannt gebliebenen Fahrzeuges hätte beachten müssen. Wenn die Lenkerin des Fahrzeuges des Klägers einen zweiten Blick in den Verkehrsspiegel vorgenommen hätte, hätte sie den PKW des Erwin D***** sehen und dessen Vorbeifahrt abwarten müssen. Da die Gattin des Klägers die örtlichen Verhältnisse kannte, sei ihr die richtige Einordnung der Fahrzeuge aus Richtung Westen möglich gewesen. In der Regel würden Vorrangverletzungen schwerer wiegen als andere Verkehrsordnungswidrigkeiten. Da aber Erwin D***** in ungewöhnlich sorgloser Weise gegen das Überholverbot des § 9 Abs 1 StVO verstieß, obwohl er sich einer Kreuzung und einer Rechtskurve näherte, erscheine eine Verschuldensteilung von 1 : 1 gerechtfertigt.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des Vorranges trotz des Überholverbotes nach § 9 Abs 1 StVO fehle, so daß bei Verneinung des Vorranges des PKW des Erwin D***** eine für den Kläger günstigere Verschuldensaufteilung vorzunehmen wäre.

Gegen den klagsabweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt.

Der Kläger vertritt in seinem Rechtsmittel die Ansicht, die beklagte Partei habe gar nicht behauptet, daß seine Gattin verpflichtet gewesen wäre, vor dem Anfahren aus der Anhalteposition einen zweiten Blick auf den Verkehrsspiegel zu werfen. Dies insbesondere auch nicht mit der Begründung, weil zwischenzeitig auf dem auf der südlichen Fahrbahnseite der Bundesstraße herankommenden Fahrzeug der linke Blinker aufleuchtete. Der deshalb geforderte zweite Blick sei vollkommen aktenwidrig und abstrakt gehalten. Vielmehr habe sich die Lenkerin des Fahrzeuges des Klägers verkehrsgerecht verhalten, weil sie ihren PKW vor der Haltelinie anhielt und sich zunächst nach links vergewisserte, ob das beabsichtigte Einfahren in die Bundesstraße in Richtung Westen möglich sei. Sie habe sodann in den Verkehrsspiegel geblickt, wobei diese Beobachtung naturgemäß eine etwas längere Zeit in Anspruch nehme, als ein Blick auf ein Verkehrsgeschehen in der Natur. Sie habe dabei die Annäherung eines Fahrzeuges am südlichen Fahrstreifen der Bundesstraße, von der sie wußte, daß sie durch eine Sperrlinie geteilt ist, beobachtet. Zu diesem Zeitpunkt sei der PKW des Erwin D***** außerhalb des Sichtbereiches des Verkehrsspiegels gewesen. Ein Verlangen, nochmals in den Verkehrsspiegel zu blicken, sei ungerechtfertigt, weil dann neuerlich das Verkehrsgeschehen in Richtung Osten beobachtet hätte werden müssen. Damit würden die Grundsätze der Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs in Frage gestellt werden. Eine Verletzung der Vorrangbestimmung des § 19 Abs 4 StVO könne der Gattin des Klägers nicht vorgeworfen werden, weil dies die Wahrnehmbarkeit des bevorrangten Fahrzeuges voraussetze. Dem Vertrauensgrundsatz entsprechend dürfe der Wartepflichtige davon ausgehen, daß sich der Lenker des bevorrangten, aber noch nicht wahrnehmbaren Fahrzeuges vorschriftsgemäß verhalten werde. Für Erwin D***** hingegen habe ein absolutes Überholverbot und ein Verbot, die nördliche Fahrbahnhälfte zu benützen, bestanden. Dieses Verbot diene grundsätzlich der Sicherheit aller auf der Fahrbahn jenseits der Sperrlinie befindlichen Verkehrsteilnehmer und insbesondere auch des Gegenverkehrs. Erwin D***** habe durch Benützung der nördlichen Fahrbahnhälfte und durch den Verstoß gegen das absolute Verbot des Überfahrens der Sperrlinie den ihm zustehenden Vorrang aufgehoben.

Jedenfalls sei die Verschuldensteilung von 1 : 1 ungerechtfertigt, weil sich Erwin D***** besonders verkehrswidrig verhalten habe.

Diesen Ausführungen kann nur zum Teil gefolgt werden:

Die Ansicht des Klägers, daß ein Mitverschulden nicht von Amts wegen wahrzunehmen ist, sondern die Behauptungs- und Beweislast für das Mitverschulden des Geschädigten den Ersatzpflichtigen trifft, trifft zwar grundsätzlich zu (Apathy, KommzEKHG, Rz 5 zu § 7 mwN), doch hat im vorliegenden Fall die beklagte Partei ohne Zweifel ausreichende Behauptungen aufgestellt, um der Gattin des Klägers eine Verletzung des Vorranges des Fahrzeuges des Erwin D***** anzulasten. Die beklagte Partei hat im erstinstanzlichen Verfahren diesbezüglich ausgeführt, die Gattin des Klägers hätte bei ausreichender Aufmerksamkeit das Herannahen des PKW des Erwin D***** im Verkehrsspiegel erkennen können; sie hätte sich langsam in die Kreuzung vortasten bzw sich eines Einweisers bedienen müssen, um in die T***** Bundesstraße gefahrlos einbiegen zu können (AS 10).

Richtig ist auch, daß eine Vorrangverletzung dann nicht angelastet werden kann, wenn das bevorrangte Fahrzeug nicht wahrnehmbar war; dies gilt aber nur für den Fall, daß es dem Wartepflichtigen auch bei gehöriger Vorsicht und Aufmerksamkeit nicht möglich war, das andere Fahrzeug wahrzunehmen, nicht aber dann, wenn das Nichtwahrnehmen auf ein Fehlverhalten des Wartepflichtigen zurückzuführen ist (ZVR 1986/12).

Zutreffend hat das Berufungsgericht bereits ausgeführt, daß sich der Vorrang auf die ganze Fahrbahn der bevorrangten Straße bezieht und auch dann nicht verloren geht, wenn sich der im Vorrang befindliche Verkehrsteilnehmer verkehrswidrig verhält, etwa indem er sich auf der linken Fahrbahnhälfte bewegt (ZVR 1990/155 mwN). Es ist daher davon auszugehen, daß die Gattin des Klägers gemäß § 19 Abs 4 StVO gegenüber Erwin D***** benachrangt war. Nach ständiger Rechtsprechung (ZVR 1979/64; ZVR 1990/155 uva) hat sich der benachrangte Kfz-Lenker, um eine ihm obliegende Wartepflicht erfüllen zu können, dann, wenn es die schlechten Sichtverhältnisse erfordern, äußerst vorsichtig der Kreuzung zu nähern und sich auf dieser vorzutasten, um die notwendige Sicht zu gewinnen. Vortasten bedeutet dabei in der Regel ein schrittweises Vorrollen in mehreren Etappen bis zu einem Punkt, von dem aus die erforderliche Sicht möglich ist. Der Wartepflichtige darf gemäß § 19 Abs 7 StVO durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen. Diese Vorsichtsmaßnahmen sind nicht nur beim Einfahren in eine vom Wartepflichtigen vorerst nicht einsehbare Verkehrsfläche einzuhalten, sondern auch dann, wenn die Fahrbahn der bevorrangten Straße nicht in jenem Ausmaß überblickt werden kann, das erforderlich ist, um mit Sicherheit beurteilen zu können, daß durch das Einfahren in die bevorrangte Verkehrsfläche keine Fahrzeuge, die dort herankommen könnten, behindert werden (ZVR 1987/24; ZVR 1987/66 uva).

Das bedeutet nun für den vorliegenden Fall, daß sich die Gattin des Klägers beim Einfahren aus der P*****straße in die bevorrangte T***** Bundesstraße weiter hätte darüber vergewissern müssen, daß sie den Vorrang der auf dieser Straße fahrenden Fahrzeuge nicht verletzt; dies wäre etwa durch einen weiteren (zweiten) Blick in den Spiegel möglich gewesen. Hätte sie zum Zeitpunkte des Anfahrens aber nochmals in den Spiegel geblickt, dann hätte sie auch das Fahrzeug des Erwin D*****, das zu diesem Zeitpunkt nur mehr 85 bis 86 m entfernt und zur Gänze auf der nördlichen Fahrbahnhälfte war, gesehen und hätte dessen Vorrang wahren können.

Die Gattin des Klägers konnte auch nicht unter allen Umständen damit rechnen, daß die linke Fahrbahn der bevorrangten Straße frei ist, weil immerhin die Möglichkeit bestand, daß ein Benützer der Vorrangstraße ein Überholmanöver nicht mehr rechtzeitig abbrechen konnte oder einem Hindernis ausweichen mußte.

Unzweifelhaft trifft aber Erwin D*****ein besonderes Maß an Verschulden am Zustandekommen des Unfalles, weil er in ungewöhnlich sorglosererweise gegen das Überholverbot des § 9 Abs 1 StVO verstieß, obwohl er sich einer Kreuzung und einer Rechtskurve näherte. Für die Verschuldensabwägung sind in erster Linie Größe und Wahrscheinlichkeit der durch das schuldhafte Verhalten bewirkten Gefahr, die Wichtigkeit der verletzten Vorschrift für die Verkehrssicherheit sowie der Grad der Fahrlässigkeit der einzelnen Verkehrsteilnehmer entscheidend (ZVR 1984/31. Wenngleich die Einhaltung der Vorrangbestimmungen für die Verkehrssicherheit besondere Bedeutung hat und einer Vorrangverletzung grundsätzlich gegenüber anderen Verkehrswidrigkeiten größeres Gewicht zukommt (ZVR 1990/155), erscheint im vorliegenden Fall im Hinblick auf das besonders schwerwiegende Fehlverhalten des Erwin D***** eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 3 : 1 zu seinen Lasten angemessen.

Es war sohin der Revision teilweise Folge zu geben und der beklagten Partei der Ersatz von 3/4 der Schäden des Klägers aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 43, 50 ZPO. Da der Kläger mit 75 % seiner Ansprüche durchgedrungen ist, hat ihm die beklagte Partei 50 % seiner Kosten und 75 % der Barauslagen zu ersetzen. Im Verfahren erster Instanz betrugen die Kosten des Klägers ohne Barauslagen S 14.950,44 (darin enthalten S 2.491,74 an Umsatzsteuer); 50 % hievon betragen S 7.475,22; die Barauslagen betrugen S 8.290, 75 % hievon ergeben S 6.217,50, woraus sich ein Kosteneratzanspruch des Klägers von insgesamt S 13.692,72 errechnet. Im Berufungsverfahren entstanden dem Kläger Kosten in der Höhe von S 10.752,48 (darin enthalten S 1.792,08 an Umsatzsteuer, keine Barauslagen), sein Kostenersatzanspruch beträgt sohin S 5.376,24. Im Revisionsverfahren entstanden dem Kläger Kosten in der Höhe von insgesamt S 7.058,88 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 676,48 und Barauslagen von S 3.000); die Hälfte von S 4.058,88 ergibt S 2.029,44, 75 % von S 3.000 sind S 2.250.

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