OGH 12Os126/94

OGH12Os126/9424.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.August 1994 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Reinhart als Schriftführerin, in der beim Landesgericht für Strafsachen Graz zum AZ 20 Vr 1035/94 anhängigen Strafsache gegen Ing.Willibald G***** u. a. wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Ing.Willibald G***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 21.Juli 1994, AZ 9 Bs 311/94, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Ing.Willibald G***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Am 18.April 1994 leitete der Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz unter anderem gegen Ing.Willibald G***** die Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB sowie der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB ein und verhängte mit Beschluß vom 20.April 1994 über den Beschuldigten aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr gemäß § 180 Abs 2 Z 1, Z 2 und Z 3 lit a StPO die Untersuchungshaft (1 b, 1 d iVm 385 II).

Ing.Willibald G***** ist unter anderem verdächtig, Angestellte mehrerer Kreditinstitute betrügerisch zur Auszahlung von Krediten in der Höhe von über 92,000.000 S veranlaßt zu haben.

Mit Beschluß vom 8.Juli 1994 (ON 79) verfügte der Untersuchungsrichter die Fortsetzung der Untersuchungshaft wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr (§ 180 Abs 2 Z 1, Z 3 lit a StPO).

Mit dem angefochtenen Beschluß "verwarf" das Oberlandesgericht Graz die Beschwerde des Beschuldigten gegen den zuletzt bezeichneten Beschluß des Untersuchungsrichters.

Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen der (den dringenden Tatverdacht nicht in Frage stellenden) Beschwerdeargumentation hat der Gerichtshof zweiter Instanz bei der (schwerpunktmäßig am Verdacht des schweren Betruges orientierten) Beurteilung des - durch gelindere Mittel nicht substituierbaren - Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a StPO das Gesetz nicht unrichtig angewendet.

Auf Grund des Gutachtens des Buchsachverständigen (ON 86) war die Zahlungsunfähigkeit der Firma T*****-Gesellschaft mbH mit Ende des Jahres 1992 - keineswegs überraschend (vgl unter anderem die Angaben des Kurt M***** zur Überschuldung der Firma mit Ende des Jahres 1990 - 429 II) - eingetreten und für den Beschuldigten als Alleingesellschafter und faktischen Geschäftsführer dieses Unternehmens zu diesem Zeitpunkt erkennbar. Ungeachtet der wirtschaftlich aussichtslosen Situation des Unternehmens, für dessen Verbindlichkeiten der Beschuldigte die persönliche Haftung übernommen hatte, gelang es ihm, sich auch noch im Jahre 1993 Kredite in Millionenhöhe zu beschaffen, indem er tatsachenwidrig Bonität vortäuschte, wobei er ua zur "Besicherung" von Kreditobligationen wertlose Forderungen abtrat (305 IV - betreffend Kredite in der Höhe von 25,000.000 S und 4,000.000 S, Zeugen G***** ON 19, Gerhard K***** ON 33, Ekkehard J***** ON 37, Walfried R***** ON 41), die zumindest zu einem erheblichen Teil nicht den vereinbarten Verwendungszwecken zugeführt wurden (395 I). Im zweiten Halbjahr 1993 unterfertigte der Beschuldigte beim Bankhaus K***** AG eine den Verdacht nach § 156 Abs 1 und 2 StGB indizierende Anweisung, seiner Tochter einen Bargeldbetrag von 7,000.000 S auszuhändigen (ON 37). Im Einklang damit stehen die Angaben des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen des Beschuldigten und der T*****-Gesellschaft mbH sowie des Zeugen Dr.Norbert S*****, daß die Ursachen des persönlichen und unternehmerischen Niedergangs des Beschuldigten unter anderem in dessen privaten Aufwendungen, seinem (aufwendigen) Lebensstil und letztlich in Vermögensabflüssen durch Barabhebungen zu suchen sind (419 III).

Die bisherigen Verfahrensergebnisse weisen somit auf eine bereits manifeste Tendenz des Beschuldigten zur Begehung der in Rede stehenden dolosen Vermögensdelikte hin, sodaß der Gerichtshof zweiter Instanz daher zu Recht davon ausging, daß Tatbegehungsgefahr gemäß § 180 Abs 2 Z 3 lit a StPO gegeben ist.

Der Beschwerdeargumentation, die hohe Medienpräsenz der Strafsache in Verbindung mit der Tätigkeit der Gläubigerschutzverbände schließe die Begehung weiterer Straftaten durch den Beschuldigten geradezu begrifflich aus, steht entgegen, daß der Beschwerdeführer seiner eigenen Verantwortung zufolge bis zu seiner Festnahme mehrfach "Finanzierungskontakte" zu ausländischen Firmen, insbesondere Kreditinstituten knüpfte (385 II).

Von einer Unverhältnismäßigkeit der Haft (§ 193 Abs 2 StPO) kann im Hinblick auf die hier zu beachtende Strafdrohung des § 147 Abs 3 (ein Jahr bis zehn Jahre Freiheitsstrafe) nicht die Rede sein.

Im Hinblick auf das Vorliegen des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr erübrigt es sich, bei Prüfung der Frage der Grundrechtsverletzung auch auf den weiteren Haftgrund der Fluchtgefahr einzugehen (ÖJZ-LSK 1993/51).

Die Beschwerde war daher ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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