OGH 14Os99/94

OGH14Os99/9418.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.August 1994 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.Ebner, Dr.Rouschal und Dr.Adamovic als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Krumholz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des genannten Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 22. März 1994, GZ 10 Vr 1.383/93-35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Walter K***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z 4 StGB (II/2 des Urteilssatzes) und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

IV. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter K***** unter anderem der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (II/1) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z 4 StGB (II/2) schuldig erkannt.

Darnach hat er

(zu II) am 3.Dezember 1993 in Stainach

(1) die Gendarmeriebeamten BezInsp.Günter W*****, BezInsp.Gerhard P***** und RevInsp.Alfred R*****, die im Begriffe standen, ihn festzunehmen, dadurch, daß er gegen sie einschlug und auf sie lostrat, mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht und

(2) durch die vorbezeichnete Tathandlung den Gendarmeriebeamten RevInsp.Alfred R*****, mithin einen Beamten in Erfüllung seiner Dienstpflichten am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig eine Verletzung des Genannten, nämlich einen blutenden Einriß am Fingernagel des linken Mittelfingers bewirkt.

Nur diese beiden Teile des Schuldspruchs bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung nicht zur Gänze abgesprochen werden kann.

Verfehlt ist zwar die Mängelrüge (Z 5), mit der sich der Beschwerdeführer gegen die dem Schuldspruch wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt zugrundeliegende Konstatierung wendet, er hätte um sich geschlagen und getreten, als die drei Beamten ihn aus dem Fahrzeug zogen. Davon abgesehen, daß es nicht entscheidend ist, ob der Angeklagte erst am Boden liegend seiner Festnahme aktiven Widerstand entgegensetzte, konnten die Tatrichter ihre Annahme, er habe sich bereits der zu seiner Herausbeförderung aus dem PKW erforderlichen Zwangsgewalt widersetzt, auf die Aussage der einschreitenden Gendarmeriebeamten stützen. Daß an dieser Phase des Geschehens - den insoweit gar nicht bekämpften Urteilsfeststellungen zuwider (US 10) - nach den Verfahrensergebnissen nur P***** und W***** beteiligt waren, nicht aber R*****, der erst eingriff, als seine beiden Kollegen infolge der Gegenwehr des Angeklagten mit diesem zu Boden gestürzt waren (W*****, S 29/II, P*****, S 27/II, R*****, S 24/II), betrifft desgleichen keine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache. Daß aber der Angeklagte schon während dieser ersten Phase (des Herausziehens aus dem PKW) aktiven Widerstand geleistet hat, wird vom Zeugen R*****, was die Beschwerde übersieht, ausdrücklich bestätigt (S 24/II).

Der behauptete Begründungsmangel liegt demnach nicht vor.

Hingegen befindet sich der Beschwerdeführer mit der gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung gerichteten Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit der er Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite reklamiert, im Recht:

Wenngleich der Unrechtsgehalt einer aus einem Widerstand gegen die Staatsgewalt resultierenden Verletzung eines Beamten nicht in jedem Fall durch die alleinige Unterstellung der Tat unter die Bestimmung des § 269 Abs 1 StGB erfaßt wird, weswegen an sich echte Konkurrenz mit dem in Betracht kommenden Verletzungsdelikt möglich ist, so erfüllt doch nicht jede im Zuge ausgeübter Gewalt bei einem solchen Widerstand dem Beamten zugefügte körperliche Beschädigung schon zwangsläufig auch den Tatbestand nach §§ 83, 84 Abs 2 Z 4 StGB. Vielmehr ist es hiezu erforderlich, daß der Täter nicht nur die Amtshandlung gewaltsam hindern will, sondern darüber hinaus mit Verletzungs- oder Mißhandlungsvorsatz im Sinne des § 83 Abs 1 oder Abs 2 StGB handelt (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 269 RN 32 und die dort angeführte Judikatur).

Feststellungen in dieser Richtung hat das Erstgericht, wie dem Beschwerdeführer zuzugeben ist, jedoch nicht getroffen. Abgesehen von der inhaltslosen Wiedergabe des Wortes "mißhandelt" im Urteilsspruch ist der Entscheidung in tatsachenmäßiger Beziehung lediglich zu entnehmen, daß der Angeklagte sich nicht nur den Aufforderungen auszusteigen widersetzte, sondern um sich schlug und trat, als die drei Beamten ihn aus dem Fahrzeug zogen und ihm schließlich Handschellen anlegten, und daß RevInsp.R***** durch die Tätlichkeiten des Angeklagten im Zuge der Amtshandlung einen blutenden Einriß am Fingernagel des linken Mittelfingers erlitt (US 10, 11; 14).

Daraus allein ergibt sich jedoch weder ein Handeln mit Verletzungsvorsatz, noch ist damit gesagt, daß mit der festgestellten Widerstandsleistung zumindest ein (über den Tatbestandsvorsatz nach § 269 Abs 1 StGB hinausgehender) Mißhandlungsvorsatz im Sinne des § 83 Abs 2 StGB verbunden war.

Demnach haftet dem Urteil in der Tat ein Feststellungsmangel in subjektiver Hinsicht an, der die Aufhebung des davon betroffenen Schuldspruches schon bei einer nichtöffentlichen Beratung (§ 285 e StPO) und die Zurückverweisung der Strafsache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung erfordert.

Mit seiner durch die Mitaufhebung des Strafausspruchs gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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