OGH 15Os101/94

OGH15Os101/9412.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.August 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Ebner und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Krumholz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Otmar Franz R***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 zweiter und dritter Fall SGG und des Vergehens nach § 16 Abs 1 und Abs 2 Z 1 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 13.April 1994, GZ 19 Vr 1610/93-12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Otmar Franz R***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 zweiter und dritter Fall SGG (A) und des Vergehens nach § 16 Abs 1 und Abs 2 Z 1 SGG (B) schuldig erkannt.

Darnach hat er

(zu A) Mitte September 1993 gemeinsam mit dem bereits verurteilten Werner M***** den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge dadurch ein- und ausgeführt, daß er Heroin in einer Menge, die zumindest 1,5 Gramm reine Heroinbase beinhaltete, aus der Schweiz nach Vorarlberg schmuggelte sowie

(zu B) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen, ein- und ausgeführt sowie einer anderen Person überlassen, wobei er durch die Überlassung an die am 3.März 1975 geborene Sarah F***** einer Minderjährigen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglicht hat und selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als die Minderjährige war, und zwar

1.) Mitte September 1993 25 Gramm Cannabisharz aus der Schweiz nach Vorarlberg geschmuggelt und

2.) im Herbst 1993 fallweise Cannabisharz konsumiert und die am 3. März 1975 geborene Sarah F***** hiezu eingeladen.

Die auf die Z 3, 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten richtet sich ausschließlich gegen das (zu A) bezeichnete Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz; sie strebt insoweit eine Verurteilung (lediglich) wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 (zweiter und dritter Fall) SGG an.

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund (Z 3) erblickt der Beschwerdeführer einerseits darin, daß der Zeuge Werner M*****, der bereits rechtskräftig als Mittäter in bezug auf das dem Angeklagten (zu A) angelastete Verbrechen verurteilt worden ist, nicht im Sinn des § 152 Abs 5 StPO belehrt wurde, andererseits in dem Umstand, daß dem Zeugen M***** ein Entschlagungsrecht gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO nicht zuerkannt wurde.

Vorweg ist anzuführen, daß dieser Nichtigkeitsgrund nur dann

vorliegt, wenn das Erstgericht die Aussage eines

entschlagungsberechtigten Zeugen, der auf sein Entschlagungsrecht

nicht ausdrücklich verzichtet hat, im Urteil auch tatsächlich

verwertet hat (EvBl 1967/47 = RZ 1967, 34; vgl auch EvBl 1970/323 =

JBl 1970, 484 = RZ 1970, 147).

Die entscheidende Feststellung, daß der Angeklagte im Zusammenwirken mit M***** eine große Menge Heroin - darunter auch jenes, das M***** für sich selbst erstanden hatte - nach Österreich geschmuggelt hat, stützte das Erstgericht auf die Angaben des Beschwerdeführers vor der Gendarmerie (US 8 ff, insb US 11). Daß diese Menge auch vom Vorsatz des Angeklagten erfaßt war, begründeten die Tatrichter mit seiner Verantwortung vor der Gendarmerie am 4.Oktober 1993, wobei sie seinen abschwächenden Angaben vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung keine Glaubwürdigkeit zuerkannten und auch die den Beschwerdeführer entlastenden Aussagen des Zeugen M***** in der Hauptverhandlung für nicht glaubwürdig erachteten. Demnach stellte das Schöffengericht einzig und allein auf Grund der Angaben des Angeklagten vor der Gendarmerie fest, daß er gemeinsam mit M***** nicht nur das für Sarah F***** bestimmte Heroin im Wert von 4.000 S, sondern daß M***** auch Heroin in unbestimmter, nach dem bedingten Vorsatz des Beschwerdeführers jedoch in großer Menge, für eigene Zwecke einführte. Auf die Aussage des in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Mittäters M***** sowie auf die dort verlesenen Aussagen des Genannten im Verfahren 19 Vr 1489/93 des Landesgerichtes Feldkirch hat das Erstgericht die zum Schuldspruch nach § 12 Abs 1 SGG führenden entscheidenden Feststellungen nicht gegründet. Demnach hat das Schöffengericht die nach Ansicht des Beschwerdeführers zu Unrecht gewonnenen Beweismittel, nämlich die Aussage des bereits rechtskräftig verurteilten Werner M***** zur Stützung seiner zu diesem Schuldspruch führenden Feststellungen überhaupt nicht verwendet, sodaß sich ein Eingehen auf die Rechtsrichtigkeit der bemängelten Vorgangsweise des Erstgerichtes erübrigt.

Der die Abweisung eines Ablehnungsantrages monierenden Verfahrensrüge (Z 4) ist zunächst zu erwidern, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, es sei von vornherein erkennbar gewesen, daß es dem Senat nur darum ging, die Verurteilung des Angeklagten gemäß § 12 Abs 1 SGG herbeizuführen, als eine durch nichts begründete unsachliche Spekulation zurückzuweisen ist. Die gesamte Aktenlage bietet nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, daß - entgegen dem Ablehnungsantrag (S 82) - eine Befangenheit des Schöffengerichtes vorlag. Eine zur Ansicht der Verteidigung unterschiedliche Rechtsauffassung zu einer Verfahrensfrage bietet keine Grundlage für eine Ablehnung (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 72 E 17, 19). Demzufolge sind durch die bekämpfte Abweisung des Antrages auf Ablehnung des Schöffensenates Verteidigungsrechte nicht verletzt worden.

In der Mängelrüge (Z 5) behauptet der Angeklagte einen Widerspruch zwischen der Urteilsfeststellung einerseits, "es könne nicht festgestellt werden, ob Otmar Franz R***** genaue Kenntnis über die Größe der von Werner M***** eingekauften Heroinmenge hatte, er habe aber jedenfalls gewußt, daß Werner M***** Heroin im Gegenwert von 4.000 S für Sarah F***** eingekauft und darüber hinaus auch für sich selbst einen Heroinkauf getätigt hatte (S 101)", und der Konstatierung andererseits, daß der Beschwerdeführer "es bei der Einreise nach Österreich ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, den bestehenden Vorschriften zuwider am Schmuggel einer Heroinmenge, deren Weitergabe geeignet wäre, in großem Maße eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, mitzuwirken (S 101 f)". Die behauptete Widersprüchlichkeit, die lediglich dann gegeben wäre, wenn im Urteil Tatsachen als nebeneinander bestehend festgestellt würden, die nach den Gesetzen logischen Denkens einander ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können (Mayerhofer/Rieder, StPO3, § 281 Z 5, E 101), liegt nicht vor, denn es ist keineswegs denkgesetzwidrig anzunehmen, daß ein Suchtgifttäter zwar keine genaue Kenntnis über die vom Mittäter angekaufte Suchtgiftmenge hat, aber trotzdem ernstlich mit der Möglichkeit rechnet und sich damit abfindet, daß diese Menge so groß ist, daß sie geeignet ist, die im § 12 Abs 1 SGG bezeichnete Gefahr entstehen zu lassen. Inwiefern der bemängelte Ausspruch des Gerichtes auch "zumindest undeutlich, unvollständig" sei, ist der insofern unsubstantiierten Beschwerde nicht zu entnehmen.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider haften der Urteilsannahme, das von M***** eingekaufte Suchtgift sei von sehr guter Qualität gewesen und habe eine Konzentration von zumindest 30 % reiner Heroinbase aufgewiesen, der behauptete Begründungsmangel nicht an. Denn die von den Tatrichtern ins Treffen geführte Gerichtserfahrung vermag durchaus die erwähnte Konstatierung zu tragen (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 258 E 156 a).

Letztlich erweist sich auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) als nicht berechtigt. Der Angeklagte vermeint, an der Richtigkeit der Urteilsfeststellung über seinen bedingten Vorsatz hinsichtlich der eingeführten Heroinmenge ergeben sich aus den Akten erhebliche Bedenken - dies indes zu Unrecht. Entgegen seinem Vorbringen findet die angefochtene Urteilsannahme in seiner Verantwortung vor der Gendarmerie durchaus Deckung. Auch sonst aber vermag der Beschwerdeführer keine sich aus den Akten ergebenden relevanten Umstände aufzuzeigen, aus denen sich erhebliche Bedenken gegen seinen festgestellten bedingten Vorsatz in bezug auf die Menge des eingeführten Heroins aufzuzeigen. Der Sache nach unternimmt er mit seinem Vorbringen insgesamt nur den im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile nach wie vor unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen.

Die zur Gänze offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen fällt demnach in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz (§ 285 i StPO).

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