OGH 15Os115/94

OGH15Os115/9412.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.August 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Ebner und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Krumholz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dr.Karl S***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15.Februar 1994, GZ 2 b Vr 5860/92-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Freisprüche enthält, wurde Dr.Karl S***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er im Frühjahr 1990 in Wien den am 22.August 1989 geborenen Patrick P***** durch masturbatorische Auf- und Abbewegungen des Geschlechtsteiles des Kindes mit der Hand, sohin auf andere Weise als durch Beischlaf, zur Unzucht mißbraucht hat.

Die gegen diesen Schuldspruch nominell auf die Z 5 a (der Sache nach teilweise auch Z 5) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Den unter dem Blickwinkel einer (vermeintlich) unvollständigen Begründung (Z 5) zu beurteilenden Beschwerdevorwürfen, wonach vom Erstgericht "der chronologische Ablauf bis zur Anzeigeerstattung" vollständig außer Betracht gelassen worden sei; ungeklärt geblieben sei, "warum die Anzeige erst zwei Jahre nach dem Vorfall - ohne irgend einen aktuellen Anlaß - erstattet worden ist, obwohl sowohl die Kindesmutter als auch meine Gattin angeblich in Kenntnis dieser behaupteten Vorfälle waren"; es vollkommen unverständlich sei, "warum von den Eltern, denen ... das angeführte Verhalten bekannt war, weder eine Anzeige erstattet, noch überhaupt eine Unterbrechung des Kontaktes zu mir vorgenommen wurde"; in keiner Weise habe begründet werden können, "wieso sich trotz meiner angeblichen Masturbationstätigkeit das Haar noch nachher auf dem Penis befunden hat und nicht hinuntergefallen war", und schließlich "auch die Ergebnisse des psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht berücksichtigt worden sind, wonach ... bei mir keine relevante psychische Schädigung festgestellt werden könnte, die mich zu einem pädophilen Verhalten prädestinieren würden", genügt es zu erwidern, daß das Gericht seiner im § 270 Abs 2 Z 5 StPO normierten Pflicht zureichend nachgekommen ist, indem es in gedrängter Form die als erwiesen angenommenen entscheidenden Tatsachen in objektiver und subjektiver Richtung des in Rede stehenden Verbrechens bezeichnet und die Gründe angeführt hat, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahme geführt haben. Der Beschwerde zuwider war es aber nicht gehalten, zu allen Details des Vorbringens des Angeklagten Stellung zu nehmen sowie alle Umstände einer Erörterung zu unterziehen, die durch das Beweisverfahren hervorgekommen sind, und sich im voraus mit allen erst in der Beschwerdeschrift präzisierten - fallbezogen gar nicht relevante Umstände betreffenden - Einwendungen, die sich erkennbar bloß gegen die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin Brigitte S***** richten, auseinanderzusetzen (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5 E 6 ff).

Ein formeller Begründungsmangel (Z 5) haftet demnach dem bekämpften Urteil nicht an.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer indes ebensowenig wie mit den (teilweise von hypothetischen Überlegungen getragenen) weiteren Einwänden in der Beweisrüge (Z 5 a), soweit sie für die schöffengerichtliche Beweiswürdigung überhaupt relevant sind (etwa:

Anzeigeerstattung durch Brigitte S***** über bereits längere Zeit zurückliegende Vorfälle ohne aktuellen Anlaß;

Schwerpunktverschiebungen in deren einzelnen Polizeiaussagen; wäre er der Täter, hätte man ihn naheliegenderweise zur Rede gestellt und ihn im Familienkreis geächtet; einzige angebliche Tatzeugin des inkriminierten Vorfalles war nur Brigitte S*****, während die Angaben der Zeugin Manuela P***** lediglich auf Schilderungen ihrer Mutter beruhten und durch die Aussage ihres Gatten widerlegt wurden; keine Prüfung des Motivs, warum dieser "als unglaubwürdig qualifizierte" Zeuge Christian P***** den Angeklagten zu entlasten getrachtet und damit gleichzeitig seine Gattin und Schwiegermutter der Lüge geziehen habe; Brigitte S***** habe dem Zeugen Christian P***** gegenüber geäußert, die gegenständliche Geschichte erfunden zu haben, um die Wohnung zu bekommen), sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken noch schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen. Denn eine für die Anfechtung erforderliche, an die Aktenlage gebundene Geltendmachung von Bedenken gegen die Annahme entscheidender Tatsachen kann keineswegs in dem Vorbringen bestehen, daß das Erkenntnisgericht Beweisergebnisse - nach Meinung des Nichtigkeitswerbers - bedenklich gewürdigt habe. Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO gestattet nämlich nicht - wie es in der vorliegenden Beschwerde geschehen ist - die Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 a E 4).

Die Prüfung der gesamten Aktenlage durch den Obersten Gerichtshof ergibt indes, daß das Schöffengericht in einer Gesamtschau aller maßgeblichen Beweisergebnisse nach eingehender und kritischer Erörterung nicht nur der Persönlichkeit des Beschwerdeführers und seiner leugnenden Verantwortung, sondern auch der (ihn belastenden) Aussagen insbesonders der Zeugin Brigitte S*****, aber auch der anderen Zeugen sowie unter Verwertung des von ihnen gewonnenen persönlichen Eindrucks lebensnah, plausibel und überzeugend begründet hat, aus welchen Erwägungen es die Schuld des Angeklagten für erwiesen hielt (US 8 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung fällt demnach in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien (§ 285 i StPO).

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