OGH 11Os94/94

OGH11Os94/9427.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Juli 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kriz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl P***** und einen anderen wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Walter R***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 14.März 1994, GZ 11 d Vr 137/93-59, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten R***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl P***** (zu I und II) des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB, Walter R***** (zu I) des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Nach dem hier relevanten Schuldspruch haben

(zu I) Karl P***** und Walter R***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch die Vorspiegelung ihrer Zahlungsfähigkeit und -willigkeit, obwohl sie nicht zahlungswillig waren und auch nicht über ausreichende Mittel zur Bezahlung verfügten, zu Handlungen verleitet, die diese oder die von ihnen vertretenen Banken bzw Firmen in einem jeweils 25.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, wobei Karl P***** den schweren Betrug jeweils in der Absicht beging, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:

1. am 20.Feber 1990 in Korneuburg mit dem abgesondert verfolgten Julius P***** alias F***** den Angestellten Wilfried T***** der R*****bank K***** unter Vorlage einer unrichtigen Gehaltsbestätigung der Firma F*****-Bau für Julius F***** zur Bewilligung und Auszahlung eines Sofortkredites in der Höhe von 150.000 S, Schaden 146.730 S;

2. Erwin B***** zur Aufnahme von Krediten für sie, nämlich:

a) am 26.Mai 1990 in Baden über Vermittlung der Firma W***** in der Höhe von 80.000 S bei der P*****-Bank S*****, Schaden 80.000 S;

b) am 1.Juni 1990 in N***** in der Höhe von 100.000 S bei der Filiale der C*****, Schaden 70.000 S.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Walter R*****, der keine Berechtigung zukommt.

Die Abweisung des in der Hauptverhandlung am 14.März 1994 gestellten Antrages auf Beischaffung des bei der C***** N***** gestellten Kreditantrages zum Beweis dafür, "daß ursprünglich entsprechend der Aussage des Zweitbeschuldigten (Walter R*****) ein Kredit über 300.000 S beantragt wurde und daß dann nur ein Kredit von 100.000 S gewährt wurde" (101/III), bewirkte - dem Beschwerdestandpunkt (Z 4) zuwider - keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsinteressen, weil das Erstgericht ohnedies - insoweit in Übereinstimmung mit der Verantwortung des Angeklagten - von dem angestrebten Beweisergebnis ausging (US 11).

Die dazu erst in der Rechtsmittelschrift vorgebrachten Ergänzungen hinwieder haben außer Betracht zu bleiben, weil sich die Prüfung der Berechtigung einer Verfahrensrüge stets an dem erstinstanzlichen Zwischenerkenntnis auf der Basis des in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages und der Verfahrensergebnisse zu jenem Zeitpunkt zu orientieren hat (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 41).

Die aus demselben Nichtigkeitsgrund (Z 4) unter Bezugnahme auf die Vorschrift des § 3 StPO gerügte Unterlassung einer amtswegigen Beweisaufnahme durch Einvernahme der Zeugen Walter T***** und Ludwig P***** scheitert schon an einem formellen Hindernis; denn die Geltendmachung des bezeichneten Nichtigkeitsgrundes setzt voraus, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinn des Antragstellers entschieden wurde (Mayerhofer-Rieder aaO E 1), was vorliegend nicht zutrifft. Die Einvernahme der Zeugin Elisabeth N***** hinwieder wurde zwar im Verfahren zum AZ 12 c E Vr 946/92 in der (vor dem Einzelrichter abgeführten) Hauptverhandlung vom 4.Feber 1993 (212/I) beantragt. In der dem angefochtenen Urteil vorangegangenen und mit diesem abgeschlossenen Hauptverhandlung am 14. März 1994 wurde jedoch ein derartiger Beweisantrag nicht (mehr) gestellt. Es fehlt daher auch insoweit an der formellen Legitimation zur Geltendmachung des in Rede stehenden Nichtigkeitsgrundes (Mayerhofer-Rieder aaO E 29 ff).

Die Mängelrüge (Z 5) wendet sich zunächst gegen die Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe gewußt, daß Karl P***** bereits längere Zeit in Haftanstalten verbrachte und auch einschlägig betrügerisch tätig war, für F***** die Gehaltsbestätigung in betrügerischer Absicht ausstellte, um einen Kredit zu erhalten, wußte, daß B***** nur ein Strohmann sei und daß der von letzterem aufgenommene Kredit, nicht zurückbezahlt werden würde, als unzureichend begründet, bezieht sich dabei aber auf aus dem Zusammenhang gerissene Verfahrensergebnisse und unwesentliche Umstände und übersieht, daß die Tatrichter den Schuldspruch auf das zur Gänze verarbeitete Ergebnis der Beweisaufnahme stützten und dabei zum Ausdruck brachten, auf Grund welcher Verfahrensergebnisse sie (gemäß § 258 Abs 2 StPO) zu den den Schuldspruch tragenden Feststellungen gelangten; dem angefochtenen Urteil haftet demnach ein Begründungsmangel in Wahrheit nicht an. Soweit die Beschwerde aber die Bedeutung, die der Schöffensenat einzelnen Verfahrensergebnissen beimaß, einer Kritik unterzieht, bekämpft sie bloß unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz nach Art einer Schuldberufung. Soweit die Beschwerde einen Begründungsmangel darin erblickt, daß das Erstgericht "Feststellungen unterlassen" habe, "ob und wenn ja wieviel Geld" dem Beschwerdeführer tatsächlich unberechtigterweise zugekommen sei, übergeht sie die diesbezüglichen Ausführungen im Urteil (US 10 und 12), wo detailliert dargelegt ist, welche Vorteile der Nichtigkeitswerber durch die Kreditaufnahmen für sich bzw seine Firma erwirkt hat.

Letztlich findet - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch die Urteilsannahme betreffend das Naheverhältnis des Beschwerdeführers mit Karl P*****, die Kenntnis von dessen Straffälligkeit und die Beschreibung des Umfeldes der Firmengründung durch Walter R***** in den Verfahrensergebnissen eine ausreichende Stütze (60, 73/III ua). Dabei konnte das Erstgericht im Einklang mit den Denkgesetzen auch die Tatsache der notleidend gewordenen Zahlungsverpflichtungen (unter Bedachtnahme auf die verlesenen Vorstrafakten) als Indiz für das - auch aus anderen Beweisergebnissen ableitbare - deliktische Verhalten des Angeklagten werten. Daß aber aus den von den Tatrichtern herangezogenen Prämissen auch andere Schlüsse gezogen hätten werden können, kann eine Urteilsnichtigkeit in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht herstellen (Mayerhofer-Rieder aaO § 281 Z 5 E 145).

Wenn sich der Angeklagte unter dem Gesichtspunkt einer unvollständigen und unzureichenden Begründung darüber beschwert, das Schöffengericht habe sich mit den einzelnen Details bzw Widersprüchen in den Angaben des Zeugen B***** und des Mitangeklagten P***** nicht ausreichend auseinandergesetzt, zeigt er damit abermals keinen formalen Begründungsmangel auf. Denn das Erstgericht war einerseits nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht verpflichtet, alle Einzelheiten von Aussagen weitwendig im Detail zu erörtern und jeweils darauf zu untersuchen, inwieweit sie, isoliert betrachtet, für diese oder gegen jene Darstellung sprechen, und anderseits auch nicht in der Lage, sich bei der Würdigung mit allen, insbesondere mit erst nachträglich ins Treffen geführten Argumenten zu befassen; es hat jedenfalls unter aktengetreuer Wiedergabe der verwerteten Verfahrensergebnisse mit einer den Denkgesetzen entsprechenden Begründung (US 13 f) zum Ausdruck gebracht, aus welchen Erwägungen es welchen Angaben des Mitangeklagten P***** bzw des Zeugen B***** folgte, sodaß (auch) insoweit kein Begründungsmangel vorliegt.

Im Gegensatz zur Beschwerdebehauptung geht das angefochtene Urteil ausdrücklich davon aus, daß das Fahrzeug, für welches von B***** ein Kredit erwirkt wurde, auf letzteren zugelassen, von P***** benützt und schlußendlich, nachdem an die P***** AG keine Kreditrückzahlungen geleistet worden waren, an der Adresse des B***** sichergestellt wurde (US 11 iVm 105/I).

Soweit der Beschwerdeführer "zu den voranstehend genannten Feststellungen" auch eine Aktenwidrigkeit geltend macht, fehlt es an der erforderlichen Substantiierung, sodaß dieser Einwand einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich ist. Der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, die Verwendung des des Wortes "offenbar" stelle im Zusammenhang mit den Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite eine bloße Scheinbegründung dar, genügt es zu erwidern, daß die bezüglichen Formulierungen, die im übrigen - liest man alles zusammen - die von der Beschwerde behaupteten Zweifel gar nicht erkennen lassen, nicht das Handeln des Beschwerdeführers mit Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz betreffen, sich vielmehr auf die Verwendung bzw Aufteilung der herausgelockten Geldbeträge beziehen.

Die Beschwerdeausführungen versagen aber auch unter dem Gesichtspunkt der Tatsachenrüge (Z 5 a), weil es ihr nicht gelingt, aus den Akten Umstände darzutun, die geeignet wären, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten R***** und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagter fällt demnach in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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