OGH 11Os102/94

OGH11Os102/9427.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Juli 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kriz als Schriftführer, in der beim Landesgericht für Strafsachen Graz zum AZ 18 Vr 763/94 anhängigen Strafsache gegen Andresen A***** und andere wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 SGG über die Grundrechtsbeschwerde des Alfred N***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 19. Mai 1994, AZ 10 Bs 218/94, (= ON 56 des Vr-Aktes) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Alfred N***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Gegen den am 1.Februar 1960 geborenen Alfred N***** wird beim Landesgericht für Strafsachen Graz die Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 SGG geführt. Er befindet sich seit 21.April 1994 in Haft (205/I). Die Untersuchungshaft wurde am 23.April 1994 verhängt (ON 16, 17).

Er wurde bereits mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 4.Juni 1992, GZ 8 Vr 2315/91-54, (rechtskräftig seit 9.Juni 1992) wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten unter bedingter Nachsicht eines Strafteiles von 14 Monaten (Probezeit drei Jahre) sowie wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (gemäß § 22 Abs 1 FinStrG gesondert) zu einer Geldstrafe verurteilt. Als Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz lag ihm damals zur Last, zwischen 1989 und März 1990 im Raum Graz, Köflach und Voitsberg gewerbsmäßig den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der großen Menge übersteigenden Menge, nämlich zumindest 35 kg Cannabisharz, in Verkehr gesetzt zu haben. Den unbedingt ausgesprochenen Teil der obigen Freiheitsstrafe hat N***** durch Anrechnung der (bis zu seiner Enthaftung am 14. Dezember 1990 dauernden) Untersuchungshaft verbüßt.

Nunmehr ist Alfred N***** dringend verdächtig, in der Zeit zwischen 1989 und Frühjahr 1991 (noch) weitere 12-15 kg Haschisch verhandelt zu haben, wobei er auch nach seiner oben bezeichneten Enthaftung noch mindestens 4 kg Haschisch von Peter H***** bezogen und um 180.000 Schilling an den gleichfalls in Verfolgung gezogenen Harald P***** abgegeben haben soll.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Oberlandesgericht der Beschwerde des Beschuldigten gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 23.April und 5.Mai 1994, GZ 18 Vr 763/94-17, 39, mit denen der Untersuchungsrichter die Untersuchungshaft aus den Haftgründen nach § 180 Abs 2 Z 1, 2 und 3 lit b StPO verhängt bzw die Fortsetzung beschlossen hatte, nicht Folge und verfügte die Fortdauer der Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 und 3 lit b StPO unter Festsetzung der Wirksamkeitsdauer des Beschlusses bis längstens 19. Juli 1994.

In seiner dagegen fristgerecht erhobenen Grundrechtsbeschwerde wendet sich der Beschuldigte - ohne die Dringlichkeit des Tatverdachtes zu bestreiten - gegen die Annahme eines Haftgrundes und gegen die Dauer der Untersuchungshaft, die im Verhältnis zu der zu erwartenden (Zusatz-)Strafe unangemessen sei.

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Bei der Prüfung des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr - Fluchtgefahr wurde den Beschwerdeausführungen zuwider vom Oberlandesgericht (siehe S 137 f/I und dem Berichtigungsbeschluß vom 12.Juli 1994) ohnehin nicht herangezogen - ging das Oberlandesgericht zutreffend davon aus, daß die dem Beschwerdeführer im genannten Urteil vom 4.Juni 1992 angelastete schwerwiegende Suchtgiftdelinquenz durch die ihm nunmehr vorgeworfenen Taten noch beträchtlich erweitert wird. Darüber hinaus soll der Beschwerdeführer, worauf das Oberlandesgericht gleichfalls zu Recht hinwies, - zugegebenermaßen - auch nach seiner Haftentlassung abermals mit Haschisch (in großer Menge) gehandelt haben. Diese Umstände indizieren insgesamt tatsächlich eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß der Beschwerdeführer auf freiem Fuß noch vor rechtskräftigem Abschluß des Strafverfahrens wiederum auf gleiche Weise als Suchtgifthändler in Erscheinung treten und sohin gegen dasselbe Rechtsgut gerichtete strafbare Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen begehen werde. Sein ins Treffen geführtes nunmehriges Wohlverhalten vermag angesichts der aufgezeigten besonderen Fallkonstellation am Vorliegen des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr ebensowenig zu ändern wie die bisherige Dauer der Haft. Der Haftgrund kann auch nicht durch gelindere Mittel substituiert werden.

Angesichts des vorliegenden Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr erübrigt sich die Prüfung, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichtes noch der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr gegeben war.

Bei der Schwere der dem Beschuldigten vorgeworfenen Suchtgiftdelinquenz und dem sehr raschen Rückfall nach der seinerzeitigen Entlassung aus der Untersuchungshaft kann unter Berücksichtigung der Strafdrohung des § 12 (Abs 3) SGG von einer Unangemessenheit der bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung knapp einen Monat währenden Untersuchungshaft keine Rede sein.

Da somit Alfred N***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt ist, war seine Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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