Spruch:
Der Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 22.März 1994, GZ 7 E Vr 34/94-12, verletzt das Gesetz in dem im XX.Hauptstück der StPO verankerten Grundsatz der materiellen Rechtskraft.
Dieser Beschluß wird aufgehoben und der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Widerruf der bedingten Nachsicht der mit Urteil des Bezirksgerichtes Oberwart vom 29.Oktober 1990, GZ 3 U 457/90-3 über Raimund Z***** verhängten Geldstrafe abgewiesen.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Raimund Z***** wurde mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Oberwart vom 29.Oktober 1990, GZ 3 U 457/90-3, wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt. In einem mit Ablauf des 8. Februar 1994 in Rechtskraft erwachsenen Beschluß vom 3.Jänner 1994 erklärte das Bezirksgericht diese Strafe für endgültig nachgesehen (ON 6).
In der Folge wurde Raimund Z***** mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 22.März 1994, GZ 7 E Vr 34/94-12, wegen Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB und anderer Delikte zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Gleichzeitig erging der Beschluß, vom Widerruf der im eingangs erwähnten Verfahren des Bezirksgerichtes Oberwart gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen, jedoch die dort ausgesprochene Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern (§ 494 a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO).
Dieser Beschluß steht - wie die Generalprokuratur in ihrer deshalb erhobenen Wahrungsbeschwerde zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang, war doch schon zuvor am 3.Jänner 1994 vom Bezirksgericht Oberwart die endgültige Strafnachsicht ausgesprochen worden, dessen Entscheidung bereits ab ihrem Ergehen eine Bindungswirkung entfaltete und mit Wegfall der Anfechtbarkeit im Beschwerdeweg die in der Strafprozeßordnung zwar nicht ausdrücklich geregelte, aber durch die Bestimmungen des XX.Hauptstückes dieses Gesetzes indirekt umschriebene materielle Rechtskraft erlangte. Danach ließ der aufrechte Bestand dieser Entscheidung keine Beschlußfassung über die damit erledigte Sache mehr zu (SSt 56/18, EvBl 1989/64).
Die unterlaufene Gesetzesverletzung wirkte sich durch die Probezeitverlängerung zum Nachteil des Verurteilten aus, weshalb der verfehlte Beschluß zu beseitigen und der ihm zugrunde liegende - weitergehende - Antrag der Staatsanwaltschaft abzuweisen war (§ 292 letzter Satz StPO).
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