OGH 10ObS171/94

OGH10ObS171/9419.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Elmar Peterlunger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wilhelm Hackl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hermann L*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Walter Kossarz, Rechtsanwalt in Krems, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4.Februar 1994, GZ 34 Rs 102/93-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 4.Mai 1993, GZ 8 Cgs 4/93s-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Berufungsurteil wurde einem iS des § 40 Abs 1 ASGG qualifizierten Vertreter des Klägers am 28.2.1994 zugestellt. Die Revision wäre daher gemäß § 505 Abs 2 ZPO binnen vier Wochen von der Zustellung an, also spätestens am 28.3.1994, zu erheben gewesen. Hätte der Kläger innerhalb dieser Frist die Verfahrenshilfe und die Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt, so hätte für ihn die Revisionsfrist nach dem gemäß der zit Gesetzesstelle sinngemäß anzuwendenden § 464 Abs 3 ZPO mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwalts und einer schriftlichen Ausfertigung des Berufungsurteils an ihn (neuerlich) begonnen. Der Kläger brachte seinen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang (einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts) vom 22.3.1994 an diesem oder am folgenden Tag beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht ein. Dieses verfügte am 23.3.1994 die Weiterleitung des Antrages an das seiner Ansicht nach zuständige Arbeits- und Sozialgericht Wien und gab ihn am 24.3.1994 zur Post. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien schickte den bei ihm am 30.3.1994 eingelangten Antrag am 6.4.1994 an das Erstgericht weiter, bei dem er am 8.4.1994 einlangte und bewilligt wurde. Der Bescheid über die Bestellung und eine schriftliche Ausfertigung des Berufungsurteils wurden dem beigegebenen Rechtsanwalt am 19.4.1994 zugestellt. Dieser überreichte am 13.5.1994 beim Erstgericht eine Revision, die dem Obersten Gerichtshof im Wege des Berufungsgerichtes vorgelegt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist verspätet.

Die Verfahrenshilfe wäre nach § 65 Abs 1 Satz 1 ZPO beim Landesgericht Krems an der Donau als Prozeßgericht erster Instanz schriftlich oder zu Protokoll zu beantragen gewesen. Da das Prozeßgericht seinen Sitz außerhalb des Bezirksgerichtssprengels hat, in dem der Kläger seinen Aufenthalt hatte, hätte er den Antrag auch beim Bezirksgericht seines Aufenthalts, allenfalls Wohnsitzes (Innsbruck) zu Protokoll erklären können (§ 65 Abs 1 Satz 2 ZPO, allenfalls § 39 Abs 2 Z 2 ASGG). Die letztzit Gesetzesstellen ermöglichten es dem Kläger aber keinesfalls, einen schriftlichen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwalts beim Landesgericht seines Aufenthalts oder Wohnsitzes einzubringen. Schriftliche Anträge sind auch in Arbeits- und Sozialrechtssachen - abgesehen von den hier nicht zutreffenden Ausnahmen des § 35 Abs 8 ASGG - immer direkt an das Prozeßgericht zu richten. Werden sie bei einem anderen Gericht eingebracht, so sind sie zwar dem Prozeßgericht weiterzuleiten. Die Rechtzeitigkeit eines befristeten Antrages ist jedoch in einem solchen Fall nur gewahrt, wenn der Antrag innerhalb der Frist beim Prozeßgericht einlangt (Kuderna, ASGG § 39 Erl 10).

Da der Antrag des Klägers auf Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwalts beim Prozeßgericht erst am 8.4.1994 und damit außerhalb der am 28.3.1994 abgelaufenen Revisionsfrist einlangte, begann die Revisionsfrist mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwalts und einer schriftlichen Ausfertigung des Berufungsurteils an ihn nicht neuerlich nach dem gemäß § 505 Abs 2 ZPO sinngemäß anzuwendenden § 464 Abs 3 leg cit (SSV-NF 5/57 und 7/50 jeweils mwN) zu laufen. Die erst am 13.5.1994 - also mehr als sechs Wochen nach Ablauf der Revisionsfrist - beim Erstgericht überreichte Revision wäre daher ohne Zustellung einer Ausfertigung an die Revisionsgegnerin bereits vom Erstgericht (§ 507 Abs 1 ZPO), sodann vom Berufungsgericht (§ 508 Abs 3 leg cit) zurückzuweisen gewesen. Die von den Vorinstanzen unterlassene Zurückweisung ist vom Revisionsgericht nachzuholen.

Stichworte