OGH 15Os93/94(15Os94/94, 15Os95/94)

OGH15Os93/94(15Os94/94, 15Os95/94)13.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Juli 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Würzburger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerald A***** und Jürgen A***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch verübten Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satzund 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Jürgen A***** sowie über die Berufung des Angeklagten Gerald A***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28.April 1994, GZ 3 c Vr 2844/94-33, sowie über die Beschwerden der beiden Angeklagten gegen die gleichzeitig mit diesem Urteil gefaßten Beschlüsse gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen Strafe) sowie über die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Jürgen A***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Gerald A***** zu A) I) und II) sowie B des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch verübten Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satzund 15 StGB sowie Jürgen A***** zu A) II) und B) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßig durch Einbruch verübten Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 zweiter Satzund 15 StGB schuldig erkannt.

Nur Jürgen A***** bekämpft das ihn schuldig sprechende Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf die Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützt wird, und mit einer Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld.

Nach dem Inhalt des Urteilsspruches hat er

A) am 10.März 1994 in Wien in gewolltem und bewußtem Zusammenwirken

mit seinem Bruder Gerald A***** als Mittäter fremde bewegliche Sachen nachstehend angeführten Personen, jeweils durch Einbruch in ein Transportmittel, mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

II) weggenommen, und zwar

1) durch Einschlagen einer Fensterscheibe des Kraftfahrzeuges des Manfred F***** einen Rucksack, einen Taschenrechner Marke Texas Instruments, ein Federpennal und ein Brillenetui im Gesamtwert von etwa 3.500 S,

2) durch Einschlagen einer Fensterscheibe des Kraftfahrzeuges des Martin M***** zwanzig CDs im Wert von etwa 3.000 S, sowie

B) Wertgegenstände durch Einschlagen einer Fensterscheibe des PKWs

der Doris M***** wegzunehmen versucht.

In der Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe unerörtert gelassen, worin sein Tatbeitrag zu den abgeurteilten strafbaren Handlungen gelegen gewesen sei; es stelle lediglich fest, daß nicht geklärt werden konnte, ob er jeweils beim Aufbrechen der Fahrzeuge mitgeholfen oder Aufpasserdienste geleistet hätte. Es sei daher in den Entscheidungsgründen nicht mit voller Bestimmtheit angegeben, durch welche Tathandlungen er die ihm angelasteten Delikte verwirklicht haben soll.

Die behaupteten Begründungsmängel liegen nicht vor. Da das Leisten von Aufpasserdiensten als Beitragstäterschaft (vgl Fabrizy in WK, Rz 77 zu § 12), das aktive Mitwirken beim Aufbrechen von Kraftfahrzeugen hingegen als Mittäterschaft (vgl Fabrizy aaO Rz 23 f) in bezug auf Einbruchsdiebstähle zu beurteilen ist, die jeweiligen Täterschaftsformen des § 12 StGB aber rechtlich gleichwertig sind (Leukauf-Steininger, Komm3, § 12 RN 4; Fabrizy aaO Rz 105), ist der Angeklagte durch den gerügten Umstand nicht beschwert; genug daran, daß das Erstgericht zumindest eine Aufpassertätigkeit konstatierte. Der behauptete Urteilsmangel betrifft sohin keinen für die Unterstellung der Tat unter das Strafgesetz oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes entscheidenden Umstand.

Nicht als Dartuung eines Begründungsmangels in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes, sondern als unzulässige Bekämpfung tatrichterlicher Beweiswürdigung erweist sich hingegen das weitere Vorbringen, die Diebstähle wären ausschließlich dem Mitangeklagten Gerald A***** zuzuordnen, dem Beschwerdeführer sei weder eine unmittelbare Täterschaft, noch eine Beitragstäterschaft nachzuweisen.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider ist das Ersturteil auch nicht aktenwidrig. Denn vor dem Polizeikommissariat Wien-Floridsdorf hat Gerald A***** an 10.März 1994 ausgesagt, für die Ausführung der geplanten Einbruchsdiebstähle habe er u.a. ein Brecheisen, sein Bruder Jürgen hingegen einen Seitenschneider und einen Schraubenzieher mitgenommen (S 39 f). Aus dieser Aussage durften die Tatrichter ohne Verstoß gegen die Denkgesetze die Feststellung treffen, daß beide Täter vor dem Weggehen Einbruchswerkzeuge eingesteckt haben. Inwiefern darin eine Aktenwidrigkeit zu erblicken ist, die nur dann gegeben ist, wenn in den Entscheidungsgründen etwas als Inhalt einer Aussage angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet (vgl Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 5 E 185), wird in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgezeigt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) und die Subsumtionsrüge (Z 10) lassen eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen, weil sie nicht den Urteilssachverhalt in seiner Gesamtheit mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleichen.

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer nämlich darin, daß nicht festgestellt sei, wodurch er "als Mittäter die abgeurteilten strafbaren Handlungen gesetzt" habe. Er geht damit nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach er zumindest als Aufpasser tätig geworden war.

Mit der Behauptung, das Erstgericht beschränke sich zur subjektiven Tatseite lediglich auf die verba legalia, übergeht er wieder die Konstatierung, daß beide Angeklagten am Abend des 9.März 1993 planten, gemeinsam Einbruchsdiebstähle zu begehen, um durch den Verkauf der gestohlenen Gegenstände ihre finanzielle Situation aufzubessern (US 7 oben, 9 unten).

Bei Ausführung der Subsumtionsrüge (Z 10) vermeint der Beschwerdeführer, in der Beschaffung von Geldmitteln durch Einbruchsdiebstähle in einer Nacht zur Bezahlung der restlichen Miete sei gewerbsmäßiges Handeln nicht zu erblicken. Dabei übergeht er die eben zitierte Feststellung des Schöffengerichtes, daß nicht bloß die Beschaffung von Geldmitteln zur Bezahlung der Wohnungsmiete, sondern umfassend die Aufbesserung der (schlechten) finanziellen Situation das Motiv für die Täter war, die gegenständlichen Diebstähle in der Absicht zu begehen, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt gemäß der Z 1 der soeben zitierten Gesetzesstelle iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Auch die Schuldberufung war zurückzuweisen, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen schöffengerichtliche Urteile in den österreichischen Prozeßgesetzen nicht vorgesehen ist.

Die Entscheidungen über die Berufungen (wegen Strafe) und über die Beschwerden gegen die gemäß § 494 a StPO ergangenen Widerrufsbeschlüsse fallen demnach in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz (§§ 285 i, 498 Abs 3 StPO).

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