OGH 6Ob1599/94

OGH6Ob1599/9413.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien a) "B*****-Handelsgesellschaft mbH, ***** und b) Ing.K*****gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr.Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, jeweils gegen die beklagte Partei Dr.Cornelia K*****, vertreten durch Dr.Gerhard Rieger, Rechtsanwalt in Wien, a) wegen Räumung einer Wohnung und b) wegen Räumung einer Garage, infolge der außerordentlichen Revision der klagenden Parteien gegen das zum Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 28.Juni 1993, GZ 4 C 2234/91-13, ergangene Berufungsurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 19.Januar 1994, AZ 41 R 990/93 (ON 21), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1./ Die außerordentliche Revision der ersten klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels Vorliegens einer Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

2./ In Ansehung der von der zweiten klagenden Partei erhobenen Revision wird der beklagten Partei die Beantwortung der Revision gemäß § 508 a Abs 2 ZPO freigestellt.

Text

Begründung

Zu Punkt 1:

Für den Ehemann der Beklagten wurde aufgrund eines Schenkungsvertrages vom April 1974 das Eigentumsrecht an einer städtischen Liegenschaft mit Wohnhaus einverleibt. Nach einem Dachbodenausbau ließ der Eigentümer Wohnungseigentum begründen. Seit 1985 ist an einem 113/614-Anteil, mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung Nr 3 verbunden ist, das Eigentum einer dritten Person, an acht weiteren Miteigentumsanteilen, mit denen jeweils Wohnungseigentum an den übrigen sieben Wohnungen und einem Lagerraum verbunden ist, das Eigentum des Ehemannes der Beklagten einverleibt.

Die aus vier Zimmern und Nebenräumen bestehende ungefähr 145 m2 große Dachbodenausbauwohnung widmete der Ehemann der Beklagten als Ehewohnung, die er auch mit der Beklagten, mit der er seit 1973 verheiratet ist, bezog.

Im April 1989 zog der Ehemann der Beklagten aus der Ehewohnung aus.

Unterhalb dieser Dachbodenausbauwohnung liegt die ca 51 m2 große Wohnung Nr 7.

Das Prozeßgericht erster Instanz nahm das Vorbringen der Beklagten nicht als erwiesen an, daß sie und ihr Ehemann während ihrer aufrechten Lebensgemeinschaft diese Wohnung gemeinsam benützt hätten und daß der Wohnungseigentümer aus Anlaß seines Auszuges aus der Ehewohnung oder zu einem anderen Zeitpunkt der Beklagten zugesagt habe, sie könne die Wohnung Nr 7 als Praxis - für eine geplante selbständige Berufsausübung - einrichten und benützen.

Die Beklagte begann aber im Sommer 1989, die Wohnung Nr 7 als Praxis für ihre künftige berufliche Tätigkeit einzurichten und empfing in diesen Räumlichkeiten gelegentlich auch Besucher.

Eine seinerzeit von der Schwiegermutter der Beklagten gegründete Handelsgesellschaft (die erste Klägerin), an der der Ehemann der Beklagten zeitweilig zu einem Viertel und später zu einer Hälfte beteiligt war und deren Geschäftsführer er nach dem eigenen Vorbringen der Gesellschaft war und ist, leistet seit 1984 an den Wohnungseigentümer im Sinne einer mündlichen Mietvereinbarung regelmäßig Mietzinszahlungen für die Wohnung Nr 7, die die Gesellschaft nach ihrem Vorbringen als "Reserveraum" anmietete. Eine Übernahme dieser Wohnung Nr 7 in die Benützung durch die vom Ehemann der Beklagten vertretene Gesellschaft mbH wurde nach außen hin nicht sinnfällig.

Mit der Ende November 1991 eingebrachten Klage begehrte die Handelsgesellschaft von der Beklagten die Räumung der Wohnung Nr 7. Sie stützte dieses Begehren auf die Behauptung, die Wohnung angemietet zu haben, weil sie sie als Lager oder als Dienstwohnung für einen Dienstnehmer verwenden haben wollen, die Beklagte habe aber ihrem Ehemann die Wohnungsschlüssel entwendet und benütze die Wohnung, die niemals Ehewohnung gewesen und der Beklagten von ihrem Ehemann auch niemals mietweise oder aus sonstigem Grund überlassen worden sei, titellos.

Das Prozeßgericht erster Instanz gab dem Räumungsbegehren statt.

Mit ihrer Berufung bekämpfte die Beklagte die ihrem Vorbringen zuwider getroffenen erstrichterlichen Feststellungen über Benützung und Widmung der Wohnung Nr 7 sowie über deren Vermietung an die erste klagende Partei; mit ihrer Rechtsrüge wandte sie sich vor allem gegen die der nichtbesitzenden angeblichen Mieterin zugebilligte Klagslegitimation.

Das Berufungsgericht wies in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils das Räumungsbegehren aus der Erwägung ab, daß der Räumungsklägerin mangels Behauptung und Beweises einer sinnfälligen Übergabe der Wohnung zur Ausübung der Mietrechte die Berechtigung zur Geltendmachung petitorischer Ansprüche gegen Dritte fehle. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß eine Revisionszulässigkeitsvoraussetzung iS des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliege.

Die erste klagende Partei erhebt gegen das abändernde Berufungsurteil außerordentliche Revision. In der Zulässigkeitsbeschwerde macht sie geltend, daß nach neuerer Rechtsprechung des Revisionsgerichtes zur Aktivlegitimation (eines Mieters zur Klage gegen Dritte in Analogie zu § 372 ABGB) Rechtsbesitz ohne weitere Voraussetzungen hinreiche.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin vermag die von ihr behauptete Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht durch Zitate zu belegen.

Der quasi-dingliche Rechtsschutz, der dem Mieter einer unbeweglichen Sache aus dem Rechtsgedanken des § 372 ABGB zugebilligt wird, wurde in der Rechtsprechung stets daran geknüpft, daß der Mieter sich bereits im Besitz des ihm vermieteten Bestandgegenstandes befinde oder doch befunden habe und daß sich der Mieter vor einer solchen Übergabe nur an seinen Vertragspartner halten könne. Diese vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht hat der Oberste Gerichtshof nie geändert (MietSlg 29.050, 29.052/9 ua), insbes nicht durch die Entscheidung des verstärkten Senates SZ 62/204.

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