OGH 6Ob8/94

OGH6Ob8/9430.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Firmenbuchsache der unter FN ***** eingetragenen "A***** Gesellschaft mbH" mit dem Sitz in Wien *****, wegen der durch die als Geschäftsführer einschreitenden Personen 1. Mag.Wolf N*****, und 2. Henning von S*****, vertreten durch Dr.Maximilian Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in Wien ua Rechtsanwälte, mit der am 7.September 1992 angebrachten Anmeldung begehrten Eintragung mehrfacher Änderung des Gesellschaftsvertrages sowie des Geschäftsführerwechsels (ON 49), infolge Revisionsrekurses des Gesellschafters Werner A*****, vertreten durch Dr.Michael Winischhofer, Rechtsanwalt in Wien ua Rechtsanwälte, gegen den zum Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 24.März 1993, GZ *****56, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 30.Dezember 1993, AZ 6 R 64/93(ON 59), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die mit Gesellschaftsvertrag vom 28.Juli 1978 (im Sinne des Strukturverbesserungsgesetzes) gegründete Gesellschaft mbH war am 9. November 1978 in das damalige Handelsregister eingetragen worden. Gründungsgesellschafter waren zwei Brüder (als Kommanditisten), eine Gesellschaft mbH (als Komplementärin), deren Gesellschafter die beiden Brüder waren, sowie eine ausländische Bank (als stille Gesellschafterin der umzuwandelnden GesmbH & Co KG). Der ältere der beiden Brüder wurde gesellschaftsvertraglich zum Geschäftsführer bestellt. Zwischen den beiden nach der Gesellschaftsgründung gleich hoch beteiligten (36,75 %) Brüdern ist unstrittig, daß sie die von ihnen übernommenen Geschäftsanteile zum Teil (je im Ausmaß von 12,125 %) nur als Treuhänder eines Ehepaares innehielten und auch am Tag der Errichtung des Gesellschaftsvertrages vom 28.Juli 1978 im Zuge eines in Notariatsaktform errichteten Treuhandvertrages ein befristetes Anbot zur Übertragung der treuhändig gehaltenen Geschäftsanteile an das Ehepaar als Treugeber stellten. Nachgewiesen ist zwar eine in Notariatsaktform errichtete Annahmeerklärung des Abtretungsanbotes durch den Ehemann des Treugeberpaares selbst (als Machthaber seiner Ehefrau schritt der Ehemann des Treugeberpaares mit einer nicht in Notariatsaktform errichteten Vollmacht ein), strittig ist aber zwischen den beiden Brüdern ein wirksamer Zugang der Annahmeerklärungen an die Treuhänder sowie die Einhaltung der gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung über ein Anbot im Falle einer rechtsgeschäftlichen Übertragung von Gesellschaftsanteilen an "Nichtgesellschafter". Auch in Ansehung der Geschäftsanteile der bei der Gründung von der seinerzeitigen Komplementärgesellschaft übernommenen Geschäftsanteile (von 1,5 %) sowie in Ansehung der Geschäftsanteile der seinerzeitigen stillen Gesellschafterin (25 %) besteht zwischen den beiden Brüdern Streit über die Wirksamkeit der mehrfachen Übertragung dieser Gesellschaftsanteile.

Die einzelnen Übertragungsfälle waren dem Registergericht zunächst in keiner Form zur Kenntnis gelangt. Erstmals im Jahre 1989 legte über gerichtliche Aufforderung der ältere der beiden Brüder als Geschäftsführer eine Gesellschafterliste vor. Nach dem Inhalt dieser Liste waren die beiden Brüder damals mit Geschäftsanteilen im Ausmaß von je 37 % und eine schweizerische Holding AG mit einem solchen von 26 % an der Gesellschaft beteiligt. Aus Anlaß der Anmeldung von satzungsändernden Gesellschafterbeschlüssen, die in der Generalversammlung vom 7.Dezember und vom 20.Dezember 1989 gefaßt worden sein sollen und die der jüngere Bruder mit Nichtigkeitsklage bekämpft hatte, wurde auch im Registergericht aktenkundig, daß über die Gesellschafterstellung und das Ausmaß ihrer jeweiligen Beteiligung an der Gesellschaft zwischen den beiden Brüdern Meinungsverschiedenheiten bestehen. Zuletzt beanspruchte der ältere Bruder aufgrund von mehreren von seinem jüngeren Bruder nicht anerkannten Übertragungen von Gesellschaftsanteilen eine Beteiligung an der Gesellschaft im Ausmaß von 75 %; er gesteht seinem jüngeren Bruder nur eine solche von 25 % zu. Diese Ansicht kam auch in einer von ihm am 7.Feber 1992 dem Firmenbuchgericht überreichten Gesellschafterliste zum Ausdruck, ohne daß dabei die Kette der Übertragungsakte dargelegt worden wäre.

Am 10.Februar 1992 fand eine Generalversammlung statt, an der (jeweils durch Bevollmächtigte) nur die beiden Brüder teilgenommen hatten. Sämtlichen zur Abstimmung gelangten Anträgen auf Satzungsänderungen und Geschäftsführerbestellungen stimmte der ältere Bruder zu, während sie der jüngere Bruder ablehnte. Dieser erklärte auch Widerspruch und erhob in der Folge Nichtigkeitsklage. Der ältere Bruder erklärte in der Generalversammlung vom 10.Februar 1992 (nach Bestellung der beiden bisherigen Prokuristen zu Geschäftsführern) seinen Rücktritt als Geschäftsführer.

Die in der Generalversammlung vom 10.Februar 1992 mit der Stimme des älteren Bruders zu Geschäftsführern bestellten ehemaligen Prokuristen meldeten in ihrer Eigenschaft als neue Geschäftsführer die Gesellschaftsvertragsänderungen sowie den Geschäftsführerwechsel zur Eintragung in das Firmenbuch an.

Das Firmenbuchgericht erachtete die Anmeldung insofern als unvollständig, als nach der Aktenlage und den vorgelegten Urkunden die Kette der Übertragungen von Gesellschaftsanteilen seit der Gründung bis zur Generalversammlung vom 10.Februar 1992 zur Beurteilung der an diesem Tag bestandenen Mitgliedschaften an der Gesellschaft nicht zu beurteilen waren; es forderte die als Geschäftsführer einschreitenden ehemaligen Prokuristen auf, entsprechende Urkunden nachzureichen. Diese deckten hierauf in einem anwaltlich verfaßten Schriftsatz die einzelnen Übertragungsfälle unter Vorlage der entsprechenden Vertragsurkunden auf. Zur Abklärung der bereits aktenkundigen Streitpunkte zwischen den beiden Brüdern als Gesellschafter forderte das Firmenbuchgericht die anwaltlichen Vertreter des jüngeren Gesellschafters auf, zum ergänzenden Nachtragsvorbringen der als (neue) Geschäftsführer der Gesellschaft einschreitenden ehemaligen Prokuristen Stellung zu nehmen. Nach dem Einlangen einer solchen Stellungnahme wies das Firmenbuchgericht die Eintragungsbegehren ab.

Die Gesellschaft erhob (durch Rechtsanwälte, die sich schon vor der Rücktrittserklärung des älteren Bruders als Geschäftsführer auf eine Bevollmächtigung durch die Gesellschaft berufen hatten) gegen die ablehnende Entscheidung des Firmenbuchgerichtes Rekurs.

Diesem Rechtsmittel gab das Rekursgericht in der Weise Folge, daß es dem Firmenbuchgericht die Einleitung und Durchführung eines Verbesserungsverfahrens und eine danach zu fällende neue Entscheidung über die Eintragungsbegehren auftrug. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Der jüngere Bruder ficht den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß mit einem auf Wiederherstellung der abweislichen erstinstanzlichen Entscheidung gerichteten Abänderungsantrag, einem hilfsweise gestellten Antrag auf Anordnung der Unterbrechung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Nichtigkeitsklagebegehren des Rechtsmittelwerbers sowie einen weiteren hilfsweise gestellten Antrag auf Rückverweisung der Sache an das Rekursgericht an.

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionsrekurswerber fehlt die Rechtsmittelberechtigung.

Der Rechtsmittelwerber ist (Gründungs-)Gesellschafter der eingetragenen Gesellschaft mbH. Er war nie deren Geschäftsführer. Das Ausmaß seiner Beteiligung an der Gesellschaft ist strittig. Darüber ist als Vorfrage über das wirksame Zustandekommen der zur Eintragung angemeldeten Gesellschafterbeschlüsse im anhängigen Firmenbuchverfahren zu befinden. Die beantragte Eintragung als solche trifft aber keinerlei Aussagen über die Beteiligung des Rechtsmittelwerbers (oder anderer Personen) an der Gesellschaft, sondern nur über die geltende (geänderte) Satzung sowie über die Beendigung einer Geschäftsführerfunktion eines anderen (Gründungs-)Gesellschafters und über die Neubestellung zweier bisheriger Prokuristen zu Geschäftsführern. Die begehrten Eintragungen beinhalten keine die rechtliche Stellung des rekurswerbenden Gesellschafters unmittelbar berührende Aussage. Insbesondere übt die für die Entscheidung über das Eintragungsbegehren erforderliche Lösung der Frage nach der Gesellschaftsbeteiligung des Rechtsmittelwerbers selbst sowie nach der Person der Mitgesellschafter und dem Ausmaß deren Gesellschaftsanteile zur Zeit der angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse als reine Vorfragenlösung keinerlei Bindungswirkung gegenüber dem Rechtsmittelwerber aus.

Ihm steht zur Wahrung seiner Gesellschafterstellung die Klage nach § 41 GmbHG zu Gebote. Diesesen Rechtsbehelf hat der Rechtsmittelwerber auch ergriffen.

Am Firmenbuchverfahren ist der Gesellschafter aber, ungeachtet des Umstandes, daß es das Firmenbuchgricht nach den aktenkundigen Verhältnissen im Sinne des § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG als "schickliche Art" der Erhebungen angesehen hat, seine Stellungnahme zu den Eintragungsgrundlagen einzuholen, nicht beteiligt, da nur Verhältnisse der Gesellschaft selbst und nicht an seine Person anknüpfende Verhältnisse Gegenstand der begehrten Eintragungen sind.

An der Rekursberechtigung eines Gesellschafters einer GesmbH im Firmenbuchverfahren hat sich durch das Firmenbuchgesetz nichts Grundsätzliches geändert (vgl hiezu nur jüngst Koppensteiner KommzGmbHG § 11 Rz 15).

Der Revisionsrekurs war aus diesen Erwägungen mangels Beteiligtenstellung und Rekursberechtigung des Rechtsmittelwerbers zurückzuweisen.

Es schadet dabei nicht, daß im Spruch des Rekursgerichtes der in der Begründung erwähnte Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes fehlt und daß dem aufhebenden Charakter der Rekursentscheidung gemäß ein Ausspruch im Sinne des § 14 Abs 4 zu treffen gewesen wäre; für die beschlossene Zurückweisung des Revisionsrekurses stellt es auch kein Hindernis dar, daß das Gericht erster Instanz die Akten mit dem Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorgelegt hat.

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