OGH 15Os90/94

OGH15Os90/9430.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Juni 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Würzburger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Adolf Erwin Z***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch, teils als Beteiligter, nach §§ 12, 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2 sowie 130 zweiter Satz StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 11.April 1994, GZ 38 Vr 26/94-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die "volle Berufung", soweit darin eine Berufung wegen Schuld gelegen ist, werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung (wegen Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Adolf Erwin Z***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch, teils als Beteiligter, nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2 sowie 130 (zu ergänzen: zweiter Satz) sowie § 12 StGB (1) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung, teils als Beteiligter, nach § 229 Abs 1 sowie § 12 StGB (2) schuldig erkannt.

Darnach hat er

1) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung nachstehend angeführter strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen

a) in der Nacht zum 18.Dezember 1993 in Salzburg fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert, nämlich einen PKW der Marke Mazda 323 mit dem Kennzeichen ***** sowie einen Pilotenkoffer, eine schwarze Ledertasche, einen Terminplaner, eine optische Brille und technische Kleingeräte, welche Gegenstände sich im oben genannten Fahrzeug befanden, dem Thomas M*****-F***** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern,

b) in einer nicht näher bestimmten Zahl von Fällen zwischen dem 17. (richtig: 18.) Dezember 1993 und dem 26.Dezember 1993 in Wien entweder allein oder gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Albert M***** fremde bewegliche Sachen in einem 60.000 S übersteigenden Wert, nämlich verschiedene Schmuckstücke, Taschenuhren, Münzen und andere Wertgegenstände dem Anton F*****, dem Leopold T***** und anderen nicht ausgeforschten Berechtigten durch Einbruch in deren Wohnstätten mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch diese Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern sowie

c) in der Nacht vom 26. auf den 27.Dezember 1993 in Axams dadurch, daß er sich und den zum Faktum 1) a) beschriebenen PKW einem nicht näher bekannten Täter für den nachfolgend beschriebenen Einbruch zur Verfügung stellte, mit diesem unbekannten Täter zunächst zum beabsichtigten Einbruchsobjekt fuhr und die örtlichen Gegebenheiten auskundschaftete und während der Begehung der Tat Aufpasserdienste leistete, zur strafbaren Handlung dieses bislang nicht bekannten Täters beigetragen, welcher am 27.Dezember 1993 gegen 1,30 Uhr in Axams fremde bewegliche Sachen in einem 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich 232.900 S und 27.500 DM in bar, Schmuck im Wert von ca 125.000 DM sowie Schecks, weitere Devisen und Wertgegenstände im Wert von ca 60.000 S den Verantwortlichen des Hotels "L*****" durch Aufbrechen mehrerer versperrter Schubladen, einer Bürotüre und eines Bürokastens, in welchem der Tresorschlüssel gefunden wurde, sohin durch Aufbrechen eines Behältnisses mit dem Vorsatz wegnahm, sich oder einen Dritten durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern sowie

2) a) Anläßlich der Begehung der zu 1) a) beschriebenen Handlung einen österreichischen Reisepaß lautend auf (Thomas) M*****-F*****, einen österreichischen Führerschein lautend auf Heinz M***** sowie den Zulassungsschein für das zum Faktum 1) a) angeführte Fahrzeug sowie

b) anläßlich der Begehung der unter 1) b) beschriebenen strafbaren Handlung einen Dienstpaß des Anton F***** mit der Nummer 19.660 des Bundesministeriums für Justiz, mithin Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden und

c) anläßlich der Begehung der unter 1) c) beschriebenen strafbaren Handlung auf die dort beschriebene Weise dazu beigetragen, daß ein weiterer, bisher unbekannter Täter eine Vielzahl von Reisepässen, Führerscheinen, Personalausweisen, EC-Karten und anderen Dokumenten, welche von verschiedenen Gästen des Hotels L***** im Hoteltresor eingelagert wurden, mithin Urkunden, über die er nicht alleine verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welche nominell lediglich auf § 281 Abs 1 Z 5 a StPO gestützt wird, behauptet das Bestehen erheblicher Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen insoweit, als widersprüchlich und willkürlich angenommen worden sei, der Beschwerdeführer habe sich den PKW Mazda 323 und die darin befindlichen Gegenstände mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet; damit habe sich das Erstgericht über die Verantwortung des Angeklagten hinweggesetzt, nach welcher dieser das Fahrzeug nur vorübergehend gebrauchen und als Schlafstätte verwenden wollte (Faktum 1) a)).

Hinsichtlich des Faktums 1) b) beruhe der Schuldspruch gleichfalls bloß auf einer Vermutung zu Lasten des Beschwerdeführers, der bloß an einem Einbruchsdiebstahl als Beitragstäter beteiligt gewesen sei; überdies sei nicht konstatiert, in welcher Begehungsform der Angeklagte die ihm vorgeworfenen Einbruchsdiebstähle begangen habe.

Letztlich sei auch die angenommene Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung in bezug auf die Diebstähle unzureichend begründet; das Erstgericht habe diese mit der raschen Folge der Begehung der Einbruchsdiebstähle begründet, obwohl weder Zahl noch Zeitpunkt der Taten festgestellt sei.

Mit diesem Beschwerdevorbringen wird weder deutlich noch bestimmt aufgezeigt, inwiefern schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung vorlägen oder aktenkundige Beweisergebnisse vorhanden seien, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Punkten aufkommen lassen, sondern ausschließlich nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung versucht, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes einer Kritik zu unterziehen. Demnach sei zu den Einwänden in der Rechtsmittelschrift lediglich am Rande angemerkt:

Angesichts der in der Hauptverhandlung am 11.April 1994 verlesenen (S 447) Stellungsanzeige ON 2, in welcher der Beschwerdeführer anläßlich seiner Vernehmung vor der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Tirol am 4.Jänner 1994 in bezug auf die Entwendung des PKWs Mazda eingestand: "Den PKW wollte ich bis zum Kauf eines eigenen Autos für mich behalten. Ich habe es auch zum Schlafen verwendet. Irgendwann wollte ich mir dann selbst eines kaufen, dann hätte ich es einfach stehenlassen" (S 35) in Verbindung mit seiner Verantwortung vor dem Untersuchungsrichter am 5.Jänner 1994 (S 70), in welcher er aussagte, er hätte mit dem Auto fahren und in ihm schlafen wollen, durfte das Erstgericht diese Verantwortung angesichts des Gebotes gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe und ohne Verstoß gegen die Denkgesetze durchaus als Geständnis einer Anmaßung von Eigentümerrechten auf unbestimmte Zeit werten und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Angeklagte in der Hauptverhandlung hinsichtlich des Faktums 1) a) kein neues anderes Vorbringen erstattete, ohne weitere Ausführungen zutreffend mit diesem Geständnis begründen.

Was die Diebstahlsfakten 2) b) betrifft, stützte das Erstgericht den Schuldspruch plausibel auf die ihm glaubwürdig erscheinende Aussage des Zeugen Albert M*****, den Umstand, daß Beutestücke aus den Wiener Einbruchsdiebstählen nur beim Beschwerdeführer, nicht aber bei M***** sichergestellt worden sind und auf die Unglaubwürdigkeit der Verantwortung des Angeklagten, sich in Wien nicht auszukennen, obwohl er bereits dreimal vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen verurteilt worden ist. Angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der im § 12 StGB angeführten Beteiligungsformen waren im übrigen Feststellungen dahin, in welcher Begehungsform der Beschwerdeführer an den Diebstählen in Wien beteiligt war, nicht geboten.

Schließlich bestehen auch gegen die angenommene Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung hinsichtlich der Einbruchsdiebstähle keine Bedenken, zumal - was die Nichtigkeitsbeschwerde übergeht - das Schöffengericht diese Qualifikation keineswegs bloß darauf gegründet hat, daß der Angeklagte die Diebstähle in rascher Folge begangen habe, sondern darauf, daß der Beschwerdeführer arbeitslos, ohne Einkommen und ohne Vermögen war und deshalb die Einbruchsdiebstähle in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 9), worin eine denkmögliche, taugliche und plausible Begründung für die konstatierte Gewerbsmäßigkeit zu erblicken ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde zeigt demnach keine der in § 281 Abs 1 Z 5 a StPO geforderten erheblichen Bedenken auf, sodaß sie jedenfalls als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war.

Der Angeklagte hatte neben der Rechtsmittelanmeldung des Verteidigers auch selbst "Nichtigkeitsbeschwerde und volle Berufung" angemeldet (ON 40) und neben der Rechtsmittelschrift des Verteidigers selbst auch einen Schriftsatz, betitelt "Nichtigkeitsbeschwerde und volle Berufung", eingebracht (ON 44).

Eine in einer "vollen Berufung" gelegene Schuldberufung ist im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehen; sie war deshalb zurückzuweisen.

Soweit indes der erwähnte Schriftsatz des Angeklagten als Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde gedacht ist, war auf ihn nicht Bedacht zu nehmen, weil das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde vorsieht (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 285 E 36 f, 39a f).

Die Entscheidung über die Berufung (wegen Strafe) fällt gemäß § 285 i StPO in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck.

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