OGH 6Ob595/94

OGH6Ob595/9423.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj.Kindes Stefanie K*****, in Obsorge ihrer Mutter Christa G*****, in Verfolgung der Unterhaltsansprüche vertreten durch den besonderen Sachwalter Magistrat der Stadt W*****, wegen Erhöhung des vom unehelichen Vater Rudolf T*****, vertreten durch Dr.Ernst Gramm, Rechtsanwalt in Neulengbach, gesetzlich geschuldeten monatlichen Unterhaltes, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Kindes gegen den zum Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16. Februar 1994, GZ 5 P 137/86-84, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 29.März 1994, AZ 43 R 240/94(ON 88), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird stattgegeben und die angefochtene Rekursentscheidung im Sinne einer vollständigen Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses abgeändert.

Text

Begründung

Das pflegebefohlene Mädchen kam am 27.Juni 1986 als uneheliches Kind zur Welt. Ein damals 32 Jahre alter lediger Landwirt anerkannte zwei Monate nach der Geburt des Kindes vor dem Jugendwohlfahrtsträger seine Vaterschaft und verpflichtete sich zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 1.500 S. Seine Unterhaltsverpflichtung ist seit der Rekursentscheidung vom 10.Mai 1989 rechtskräftig mit 1.900 S monatlich festgesetzt. Das Kind wächst seit seiner Geburt in der Obsorge seiner berufstätigen Mutter heran.

Das Kind stellte durch seinen Unterhaltssachwalter den Antrag, für die Zeit ab der Vollendung des 6.Lebensjahres (27.Juni 1992) die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters mit 3.200 S festzusetzen (ON 62). Der Antragsbehauptung, der Vater könne als Landwirt ein monatliches Nettoeinkommen von 18.000 S erzielen, setzte dieser in seiner anwaltlich verfaßten Stellungnahme (ON 64), mit der er sich "gegen die Unterhaltserhöhung im Ausmaß einer Mehrleistung von 1.300 S" aussprach, die Verfahrensbehauptung entgegen, daß sein monatliches Durchschnittseinkommen "großzügig berechnet höchstens 15.000 S netto" betrage. Nach dem Gutachten des bereits im vorangegangenen Unterhaltsfestsetzungsverfahren beigezogenen Sachverständigen hat das landwirtschaftliche Einkommen des Vaters im Jahr 1991 nur 115.000 S betragen und ist für das Folgejahr in derselben Höhe anzunehmen. Überdies erhält der Vater als geschäftsführender Gemeinderat einer niederösterreichischen Marktgemeinde Bezüge nach dem nö Gemeinde-Bezügegesetz. Diese betrugen nach eigenen Angaben des Vaters im Jahre 1992 rund 6.700 S im Monat. Nach dem Vorbringen des Vaters wende er diese Beträge zur Gänze für Barauslagen für die Gemeinde, wie Telefongebühren, Kraftfahrzeugeinsätze, Spenden an diverse Vereine, Pokale bei Veranstaltungen und ähnliches auf.

Das Pflegschaftsgericht legte seiner mit der Bedürfniserhöhung des in die Altersgruppe der schulpflichtigen Kinder herangewachsenen Mädchens begründeten Unterhaltsneufestsetzung eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von 15.000 S zugrunde, weil dies das vom Vater selbst angegebene Einkommen darstelle. Solcherart ermittelte das Pflegschaftsgericht die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters mit (18 % von 15.000 S =) 2.700 S und wies das Erhöhungsmehrbegehren ab.

Das nur vom Vater angerufene Rekursgericht legte seiner Unterhaltsfestsetzung eine Bemessungsgrundlage von nur 12.847 S zugrunde, weil es dem durchschnittlichen landwirtschaftlichen monatlichen Einkommen von 9.500 S nur die Hälfte der Gemeinderatsbezüge als Nettoeinkommen hinzurechnete. Auf diese Weise ermittelte das Rekursgericht die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters nur mit (18 % von 12.847 S =) 2.300 S.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Kind gegen die teilweise Abänderung der erstinstanzlichen Unterhaltsbemessung durch das Rekursgericht (Herabsetzung um 400 S monatlich) erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist wegen der erforderlichen Beurteilung der Gemeidneratsbezüge des Vaters zulässig. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Der unterhaltspflichtige Vater steht als geschäftsführender Gemeinderat einer niederösterreichischen Marktgemeinde im Genuß von Bezügen nach dem niederösterreichischen Gemeinde-Bezügegesetz. Der Bezug eines Gemeinderatsmitgliedes (ohne Bürgermeisterfunktion) stellt gemäß § 2 Abs 2 NÖGBezG eine Entschädigung dar, mit der der mit der Ausübung des Mandats verbundene Aufwand als ersetzt gilt. Der Bezug ist mit höchstens 30 % des Bürgermeisteramtsbezuges festzusetzen, der in Gemeinden mit 5.000 bis 10.000 Einwohnern zwischen 70 und 90 % des Gehaltes eines näher bezeichneten Beamtengehalts festzusetzen ist. Der Bezug des Gemeinderatsmitgliedes liegt damit in der Größenordnung von 20 bis 25 % des im Gesetz erwähnten Beamtengehaltes. Danach ist die Auslegung geboten, daß der Gemeinderatsbezug zwar auch, aber nicht nur als Aufwandersatz bestimmt ist.

Das Rekursgericht hat diese Bezüge als Aufwandentschädigung global mit der Hälfte als Nettoeinkommen behandelt.

Nach der Art der Ermittlung und der absoluten Höhe des Bezuges von Gemeinderatsmitgliedern nach dem niederösterreichischen Gemeinde-Bezügegesetz erscheint diese globale Anerkennung von 50 % der Bezüge als Entschädigung für bare Auslagen nicht gerechtfertigt; vielmehr wäre der tatsächliche mit der Mandatsausübung notwendigerweise verbundene Aufwand vom Bezugsberechtigten konkret zu behaupten und nachzuweisen. Dies ist nicht erfolgt. Die vom Vater in seiner Stellungnahme abgegebene Erklärung, daß sein monatliches Durchschnittseinkommen "großzügig berechnet, höchstens 15.000 S netto" betrage, bedeutet zwar kein formelles Zugeständnis, wohl aber die Unterlassung einer konkreten Bestreitung und findet in den Beweisergebnissen keinen Grund zu Zweifeln. Dem vom Sachverständigen ermittelten landwirtschaftlichen monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen von 9.583 S können mangels konkret dargetaner Aufwendungen im Zusammenhang mit der eigenen Behauptung des Vaters über sein Durchschnittsnettoeinkommen in Anwendung des § 273 ZPO durchaus rund 80 % der Gemeinderatsbezüge, also rund 5.400 S, als Unterhaltsbemessungsgrundlage hinzugerechnet werden.

Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung des Revisionsrekurses die erstinstanzliche Entscheidung wieder herzustellen.

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