OGH 14Os60/94(14Os61/94)

OGH14Os60/94(14Os61/94)21.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juni 1994 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer, Dr. Ebner, Dr. Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Würzburger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Norbert D***** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 2. Dezember 1993, GZ 7 Vr 134/93-24, ferner über die Beschwerde (§ 494 a StPO) des Angeklagten nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten und seinesVerteidigers Dr. Plätzer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben und der Strafausspruch, der im übrigen unberührt bleibt, dahin abgeändert, daß die Freiheitsstrafe auf 14 (vierzehn) Monate erhöht wird.

Im übrigen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft nicht Folge gegeben.

Der Angeklagte wird mit seiner Berufung, soweit sie sich gegen die Höhe der Freiheitsstrafe richtet, auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird seiner Berufung sowie seiner Beschwerde nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Norbert D***** des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in der Zeit zwischen dem 3. Dezember 1987 und dem 9. Dezember 1992 in B***** als Beamter des dortigen Zollamtes mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht auf Einhebung und Abführung von Straßenverkehrsbeiträgen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht zu haben, indem er es in insgesamt 36 Fällen der Einhebung von Straßenverkehrsbeiträgen unterließ, diese Einnahmen (insgesamt 150.897 S) im Subkassenregister zu verbuchen und vorschriftsmäßig der amtlichen Zollkasse abzuführen, vielmehr diese Beträge für seinen privaten Bedarf verwendete (US 28).

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Dem Vorbringen aus dem ersterwähnten Nichtigkeitsgrund (Z 3) zuwider wurde durch die zeugenschaftliche Einvernahme der - nach der Aktenlage seitens der Dienstbehörde der amtlichen Verschwiegenheitspflicht nicht entbundenen - Zollwachebeamten Franz Ch***** (S 393/I), Johannes P***** (S 398/I), Gustav P***** (S 410/I) und Georg B***** (S 414/I) die Vorschrift des § 151 Z 2 StPO nicht verletzt. Gelangt das Gericht zur Auffassung, daß die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle im konkreten Fall nicht gegeben sind, weil der Beamte durch seine Aussage die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nicht verletzen könnte, dann hat es diesen Beamten als Zeugen zu hören, ohne vorher seine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht zu erwirken; denn nicht alle Angelegenheiten, die einem Beamten amtlich bekannt geworden sind, sind auch Gegenstand eines gegenüber dem Strafgericht zu wahrenden Amtsgeheimnisses (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 24 und 24 a zu § 151)

Im vorliegenden Fall bestand für die Zollbehörde eine Anzeigepflicht nach § 84 StPO, welcher die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich auch nachgekommen war (ON 2, 11, 12, 15). Hinsichtlich des von den Anzeigen erfaßten Tatsachenkomplexes war eine Verpflichtung zur Wahrung des Amtsgeheimnisses gegenüber dem Strafgericht nicht gegeben (E 14 f aaO). Sohin bestand kein Anlaß, vor Einvernahme der genannten Zeugen auf die Frage ihrer Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht einzugehen.

Mit dem Einwand, aus dem Hauptverhandlungsprotokoll gehe das Datum der (lt S 374/I vom Vorsitzenden festgestellten) Beeidigung der Schöffen anläßlich ihrer Mitwirkung in früheren Strafverfahren nicht hervor, wird der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt; denn dieser wird nicht bereits durch bloße Nichterwähnung des Beeidigungsdatums, sondern nur dann verwirklicht, wenn die im selben Jahr noch nicht erfolgte Beeidigung der Schöffen unterbleibt (§ 240 a Abs 1 StPO).

Eine dahingehende Behauptung - die der Aktenlage nicht entsprochen hätte (vgl den Auszug aus dem Beeidigungsbuch des Erstgerichtes ON 30, wonach die Schöffin Daniela Ü***** am 21. Jänner 1993 zu AZ 7 Vr 717/91 und der Schöffe Rupert K***** am 14. April 1993 zu AZ 8 Vr 526/91 je des Landesgerichtes Ried im Innkreis vereidigt worden sind) - wurde vom Verteidiger, der eine entsprechende Überprüfung unterlassen hat, nicht vorgebracht.

Verfehlt ist auch der Beschwerdeeinwand gegen die Verlesung der Erhebungen der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich in der Hauptverhandlung (S 421/I). Insoweit behauptet der Angeklagte nämlich einen Verstoß gegen eine Bestimmung (§ 252 Abs 1 StPO idF des Strafprozeßänderungsgesetzes 1993), welche zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch nicht in Kraft getreten war. Bis 31. Dezember 1993 (Art IV Abs 1 StPÄG 1993) galt nämlich noch die Vorschrift des § 252 Abs 2 StPO aF, wonach Augenscheins- und Befundaufnahmen, gegen den Angeklagten früher ergangene Straferkenntnisse sowie Urkunden und Schriftstücke anderer Art, die für die Sache von Bedeutung waren, vorgelesen werden mußten, sofern nicht beide Teile darauf verzichteten; dieser Vorschrift wurde vom Schöffengericht entsprochen.

Den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO sieht der Beschwerdeführer u.a. durch die Abweisung seines Antrages verwirklicht, den Zollbeamten N. M***** zum Beweise dafür einzuvernehmen, "daß der Zeuge Georg B***** ihm bei Übergabe der Kasse am 18. Dezember 1992 keine Mitteilung über die Eintragung des Herrn Angeklagten gemacht hat bzw eine Mitteilung gemacht hat, daß das mit dem Angeklagten abgesprochen war" (S 420/I). Schon aus diesem Wortlaut des Beweisantrages geht hervor, daß er lediglich auf die Vornahme eines Erkundungsbeweises abzielte, durch welchen erst geklärt werden sollte, ob der beantragte Zeuge zu Angaben in der Lage sein könnte, die dem Standpunkt des Angeklagten förderlich wären. Die bloß abstrakte Möglichkeit solcher Förderung reicht aber nicht aus, einen Beweisantrag erheblich erscheinen zu lassen; hiezu bedarf es auch noch der Darlegung, inwieweit das vom Antragsteller erwartete - im vorliegenden Falle zudem nicht einmal klar umrissene - Ergebnis der Beweisaufnahme für die Schuldfrage von Bedeutung ist, sowie gegebenenfalls des Hinweises, aus welchen Gründen tatsächlich mit einem solchen Ergebnis zu rechnen wäre (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 88 ff, insb E 90 zu § 281 Abs 1 Z 4). Der vorliegende Beweisantrag erfüllt keines dieser Erfordernisse; vor allem fehlt es schon an jeglicher Begründung der - im Vorbringen zu § 281 Abs 1 Z 5 StPO sogar ausdrücklich bestrittenen (S 7 f/II) - Relevanz der angeblichen Absprache über die Eintragung eines Überschußbetrages von 14.460 S in das Subkassenregister durch den Angeklagten am 18. Dezember 1992 (S 53/I), also zu einem Zeitpunkt, zu welchem eine ihn von der Registerführung ausschließende dienstliche Anweisung ergangen war (US 16 unten). Falls der Zeuge Georg B***** - seiner Aussage (S 415 f/I) zuwider - dem Angeklagten weisungswidrig die Registereintragung gestattet und seinem ihn ablösenden Kollegen M***** hievon Mitteilung gemacht haben sollte, stünde dies der Urteilsannahme, die Eintragung sei wahrheitswidrig gewesen und habe nur der Verschleierung der Malversationen des Angeklagten gedient (US 15 zweiter Absatz, US 18 erster Absatz, US 29 f), keineswegs entgegen. Noch weniger könnte damit der im Antrag alternativ als Beweisthema angeführte Umstand unvereinbar sein, daß der Zeuge Georg B***** - seiner Aussage (S 415/I ganz unten und S 416/I vorletzter Absatz) zuwider - bei der Übergabe der Kasse anläßlich seiner Ablösung die Eintragung des Überschusses durch den Angeklagten überhaupt nicht erwähnte.

Das Erstgericht verletzte die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers aber auch nicht durch die Ablehnung des Antrags auf Einholung eines Buchgutachtens zum Beweis dafür, daß die in der Anklage genannten Beträge ohnehin (zumindest teilweise) in Überschußmeldungen oder "zusammengefaßten Nummern" des Subkassenregisters enthalten gewesen seien (S 420/I). Dies konnte auch ohne Heranziehung eines Buchsachverständigen an Hand der Auszüge aus dem Subkassenregister und der zollamtlichen Bestätigungen Lager-Nr. Za 52-1 mit Sicherheit verneint werden, weil einerseits bei Bestätigung der Einhebung der vom Schuldspruch erfaßten Straßenverkehrsbeiträge jeweils Postzahlen des Subkassenregisters angegeben worden waren, unter welchen aber tatsächlich ganz andere - in keinem Zusammenhang mit den gegenständlichen Eingängen stehende und diese keineswegs mitumfassende - Einnahmen gebucht, andererseits Meldungen des jeweiligen Überschusses an Bargeld (gegenüber der buchmäßig erfaßten Summe), der bei bloß versehentlicher Unterlassung der Verbuchung ordnungsgemäß abgeführter Einnahmen aufgetreten wäre, bei diesen Anlässen unterblieben waren. Solche Überschußmeldungen waren nach der Aktenlage (vgl S 400/I Mitte und S 406/I ganz unten) überhaupt äußerst selten und bezogen sich nur auf relativ geringe Beträge.

Bei dem Einwand (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO), daß das Erstgericht die gebotene Erörterung der Abweichung einer Unterschrift im Zusammenhang mit Faktum 22 von anderen Unterschriften des Angeklagten unterlassen haben soll, übersieht der Beschwerdeführer die ausschlaggebende Bedeutung des zweimaligen Aufscheinens einer unbestrittenermaßen von seiner Hand stammenden Paraphe auf der zollamtlichen Bestätigung (Lager-Nr. Za 52-1) vom 1. März 1991 (S 217/I). Darnach hat er den Straßenverkehrsbeitrag von 1.940 S sowohl bescheidmäßig festgesetzt als auch - allerdings unter Anführung einer laut S 219/I für die Buchung eines Eingangs anderer Art verwendeten Subkassenregisterpostnummer - eingehoben. Daß die Eintragung im Subkassenregister unter dieser Postzahl nicht durch den Angeklagten, welcher zu jenem Zeitpunkt nicht mit der Registerführung betraut war, sondern durch einen seiner Kollegen erfolgt ist (vgl S 397/I ganz oben), ändert nichts an seiner Belastung durch die ihm nachgewiesene Festsetzung und Einhebung des unverbucht gebliebenen Straßenverkehrsbeitrages.

Verfehlt ist auch die Rüge, das Faktum 29 (hinsichtlich des am 7. Jänner 1992 eingehobenen Betrages von 6.500 S) sei trotz des Mangels einer Unterschrift des Angeklagten und trotz einer Durchstreichung (auf Lager-Nr. Za 52-1, S 123/I) zu Unrecht "ohne jede weitere nähere Begründung dem Angeklagten zugerechnet" worden. Mit den Besonderheiten dieses Falles hat sich das Erstgericht in der Urteilsbegründung ausführlich auseinandergesetzt (US 21 f, 28). Dem Urteilssachverhalt zufolge wurde der betreffende Straßenverkehrsbeitrag von einem Kollegen des Angeklagten festgesetzt und kassiert, dem der - damals das Subkassenregister führende - Angeklagte die Buchung unter einer in Wahrheit für eine andere Einnahme verwendeten Subkassenregisterpost zwecks Eintragung in die zollamtliche Bestätigung der Einhebung bekanntgab (was die Zueignung des nicht verbuchten Betrages von 6.500 S ermöglichte, ohne daß dies bei Übernahme der Subkasse durch einen anderen Beamten auffallen mußte). Diese Urteilsfeststellungen sind mit dem Hinweis des Erstgerichtes (in US 28 erster Absatz) auf die dem Angeklagten an Hand seiner Unterschrift anläßlich der Ablösung (S 127/I) nachgewiesene Führung des Subkassenregisters zum Zeitpunkt der darin unter Post Nr. 41 aufscheinenden Buchung hinreichend begründet. Damit, daß der (grüne) Durchschlag der Lager-Nr. Za 52-1 (S 123/I) über Spalte 7 (mit Stempelaufdruck betreffend die Barbezahlung) einen Schrägstrich aufweist, mußte sich das Erstgericht nicht auseinanderzusetzen. Dieser Strich hatte nämlich angesichts der hievon unberührt gebliebenen Bestätigung der Einhebung des Straßenverkehrsbeitrages in Spalte 6 der dem Fahrzeuglenker ausgefolgten (laut S 117/I erst anläßlich einer nachträglichen Überprüfung der Amtsführung des Angeklagten an das Zollamt zurückgelangten) Durchschrift keinesfalls die Bedeutung eines Widerrufs des (insofern einer Quittung gleichzuhaltenden) Bestätigungsinhaltes.

Hinsichtlich der Fakten 35 und 36 unternimmt der Beschwerdeführer erst gar nicht den Versuch einer Auseinandersetzung mit der Argumentation des Erstgerichtes (US 29 f), welches die vorschriftswidrige Verzögerung der Meldung eines (angeblichen) Überschusses gerade angesichts der Motivation des Angeklagten zu äußerster Vorsicht auf Grund seiner vorangegangenen Verurteilung als der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechend bezeichnet und überdies auf die Angaben des Zeugen Gustav P***** (S 412/I unten, 414/I) über die vom Angeklagten veranlaßte Angabe einer bereits für eine andere Buchung verwendeten Subkassenregisterpost in der Quittung vom 9. Dezember 1992 (S 45/I) und des Zeugen Georg B***** (S 415 ff/I) über den Zeitpunkt und die Begleitumstände der (als Verschleierungsmaßnahme beurteilten) Einzahlung eines Betrages von 14.460 S durch den Angeklagten in die Subkasse am 18. Dezember 1992 verwiesen hat. Allerdings trifft es - der Urteilsbegründung (US 30 unten) zuwider - zu, daß in diesen beiden (letzten) Fällen die Originale der jeweiligen Straßenverkehrsbeitragserklärung und zollamtlichen Bestätigung Lager-Nr. Za 52-1 beim Zollamt noch auffindbar waren (vgl S 31 c/I und S 43/I); doch sind die hieraus vom Beschwerdeführer zu seiner Entlastung gezogenen Schlußfolgerungen keineswegs zwingend, ja nicht einmal naheliegend. Die Aufbewahrung der Originalbelege im Amt für jeweils mehrere Tage nach Vornahme der darauf bezüglichen Manipulationen, also während jenes Zeitraumes, in welcher eine Aufdeckung am wahrscheinlichsten war, versetzte den Angeklagten nämlich im Falle von Nachforschungen eher in die Lage, die Nichtabfuhr der betreffenden Einnahmen wahrheitswidrig auf ein bloßes Versehen zurückzuführen; dies insbesondere dann, wenn auf Grund einer ihm nachträglich (unbemerkt) gelungenen Einzahlung dieser Beträge in die Subkasse ein Barüberschuß bestanden hätte. Von einem derartigen - am 18. Dezember 1992 unternommenen - Versuch des Angeklagten ist das Erstgericht (laut US 15 f und 29 f) auch ausgegangen.

Die übrigen Beschwerdeausführungen des Angeklagten unter den Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO erschöpfen sich in Hinweisen auf andere theoretisch mögliche Ursachen für die Unterlassung der vorschriftsmäßigen Verbuchung der gegenständlichen Einnahmen. Mit der solcherart aufgestellten Behauptung, eine für den Angeklagten günstigere Würdigung der Verfahrensergebnisse sei vertretbar, wird jedoch weder die Mängelrüge gesetzmäßig ausgeführt, noch vermag der Beschwerdeführer damit erhebliche Bedenken gegen den Schuldspruch zu erwecken.

Zu Unrecht sieht der Angeklagte den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO dadurch verwirklicht, daß ihm hinsichtlich der Fakten 35 und 36 nicht Aufhebung der Strafbarkeit infolge Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) zugutegehalten wurde. Dieser Strafaufhebungsgrund kam jedoch schon im Hinblick darauf nicht in Betracht, daß auch die Fakten 35 und 36 - bei denen es wie bei allen übrigen zur Aneigung der jeweils unverbucht eingenommenen Beträge durch den Angeklagten gekommen war (US 14 erster Absatz, US 15 oben) - keineswegs im Versuchsstadium steckengeblieben sind.

Schließlich versagt auch die Subsumtionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO), wonach der Angeklagte nicht in mißbräuchlicher Ausübung seiner Befugnis, namens des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze, also im Rahmen der Hoheitsverwaltung Amtsgeschäfte vorzunehmen, gehandelt hätte, sondern sich nur des wiederholten "Griffes in die anvertraute Amtskasse" schuldig gemacht haben könnte. Der Beschwerdeführer verkennt nämlich, daß seine Tätigkeit keineswegs auf die bloße Verwahrung von den der Subkasse des Zollamtes zugeführten Geldern beschränkt war; vielmehr hat er bei seinen Manipulationen wissentlich die ihm als Zollwachebeamten zustehenden Befugnisse im Zusammenhang mit der Ausstellung von zollamtlichen Bestätigungen Lager-Nr. Za 52-1 rechtswidrig ausgeübt, mit welchen Straßenverkehrsbeiträge bescheidmäßig festgesetzt wurden und deren Einhebung unter Bekanntgabe der jeweils für die Verbuchung der Einnahme verwendeten Kassenregisterpost dem Abgabepflichtigen oder dem für ihn auftretenden Kraftfahrzeuglenker quittiert wurde (vgl OGH vom 12. April 1994, 14 Os 197/93, mit Bezug auf die Geldgebarung eines Postbeamten). Daß die - vom Angeklagten selbst oder unter seiner Mitwirkung als Subkassenregisterführer vorgenommene - Ausstellung solcher zollamtlicher Bestätigungen eine Organhandlung im Rahmen der Hoheitsverwaltung des Bundes, nämlich der zur Finanzverwaltung zählenden Zollverwaltung (Leukauf-Steininger Komm3 § 302 RN 26) ist, weil zwischen dem Rechtsträger und den Bescheidadressaten kein Verhältnis rechtlicher Gleichordnung besteht, bedarf keiner weiteren Ausführung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Norbert D***** war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht eine Vorverurteilung wegen Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt (Landesgericht Ried i.I. vom 5. Dezember 1991, AZ 7 Vr 297/91, teilbedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen) und die Wiederholung der amtsmißbräuchlichen Angriffe als erschwerend; als mildernd eine teilweise Schadensgutmachung (US 17, 29, 30: zurückgegebener "Überschuß" von 14.460 S). Es hielt an sich eine Freiheitsstrafe von einem Jahr für angemessen, verneinte zwar die Voraussetzungen für deren gänzliche bedingte Nachsicht im Hinblick auf den hohen Schaden und die einschlägige Verurteilung, hielt jedoch eine Strafenkombination gemäß § 43 a Abs 2 StGB für vertretbar und verhängte demnach über den Angeklagten eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen (zu 100 S) und eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten, die es für eine Probezeit von 3 Jahren bedingt nachsah. Zudem widerrief es gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO iVm § 53 Abs 1 StGB die bedingte Nachsicht des Geldstrafenteiles von 80 Tagessätzen aus der erwähnten Vorverurteilung.

Gegen den Strafausspruch wendet sich einerseits die Berufung der Staatsanwaltschaft mit dem Antrag, die Strafe zu erhöhen und eine unbedingte Freiheitsstrafe unter Entfall der Geldstrafe auszusprechen. Der Angeklagte hinwieder strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung des Freiheitsstrafteils sowie der Anzahl der Tagessätze an und beschwert sich im Rahmen seines Berufungsvorbringens außerdem über den Widerrufsbeschluß.

Nur die Berufung der Staatsanwaltschaft ist - teilweise - begründet.

Angesichts der Fortsetzung der amtsmißbräuchlichen Vermögensschädigung der Republik Österreich schon einen Monat nach jener Vorverurteilung wegen eines völlig gleichgelagerten Verbrechens, der Gesamthöhe des Schadens von ca 150.000 S und der Vielzahl der Angriffe über mehrere Jahre hin, wird die vom Erstgericht gewählte Strafsanktion der unrechtsbezogenen Schuld des Angeklagten nicht vollständig gerecht. Es wurde allerdings nur eine entsprechende Anhebung des Freiheitsstrafteils vorgenommen, weil der Senat der Überzeugung ist, daß es - mit Rücksicht auf die eben aus diesem Grunde bestätigten Geldstrafsanktionen - noch nicht des Vollzuges einer Freiheitsstrafe bedarf, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Im übrigen sind die Strafzwecke auch durch die mit der Verurteilung nunmehr nach dem Gesetz verbundene Rechtsfolge des Amtsverlustes (§ 27 Abs 1 StGB) gewährleistet.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.

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