OGH 15Os74/94

OGH15Os74/9416.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Juni 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Dr.Mayrhofer, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Würzburger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ingomar S***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 3 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. November 1993, GZ 12 e Vr 1430/93-162, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten und seiner Verteidigerin zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 StPO gefaßte Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.November 1993, GZ 12 e Vr 1430/93-162, verletzt das Gestetz in der Bestimmung des § 55 Abs 3 StGB, soweit er die Verlängerung der im Verfahren AZ 2 d E Vr 14983/92 des selben Gerichtes gewährten Probezeit auf fünf Jahre ausspricht.

Dieser Beschluß wird unter Aufrechterhaltung des darin gelegenen Ausspruches, vom Widerruf der dem Ingomar S***** mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.Jänner 1993, GZ 2 d E Vr 14983/92-9, gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen, hinsichtlich des Ausspruchs über die Verlängerung der Probezeit aufgehoben.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.Jänner 1993, GZ 2 d E Vr 14983/92-9, wurde Ingomar S***** des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt, die gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.November 1993, GZ 12 e Vr 1430/93-162, wurde Ingomar S***** des im Zeitraum vom 19.April 1990 bis Dezember 1992 begangenen Verbrechens des schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das oben angeführte Urteil sowie auf das Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 23.März 1993, GZ 9 U 1233/92-5, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 1/2 Jahren verurteilt; gemäß § 43 a Abs 4 StGB wurde ein Strafteil von zwei Dritteln hievon unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gleichzeitig wurde mit Beschluß gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 (sowie Abs 7 aF) StPO die im Verfahren 2 d E Vr 14983/92 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewährten Probezeit unter Berufung auf § 53 Abs 2 StGB auf fünf Jahre verlängert. Diese Entscheidung schließt begrifflich ein Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht in sich ein.

Der gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 (sowie Abs 7 aF) StPO gefaßte Beschluß steht mit dem Gesetz nicht im Einklang: Als Folge der Bedachtnahme nach § 31 Abs 1 StGB wäre die Frage des Widerrufs nicht (wie geschehen) anhand der Bestimmung des § 53 StGB, sondern nach § 55 Abs 1 StGB zu beurteilen gewesen. Unterbleibt aber der Widerruf und wird (wie hier) im zweiten Erkenntnis die bedingte Nachsicht einer Strafe, eines Strafteils oder der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher gewährt, so dauert gemäß § 55 Abs 3 StGB jede der zusammentreffenden Probezeiten bis zum Ablauf der Probezeit, die zuletzt endet, jedoch nicht länger als fünf Jahre. Die Verlängerung der Probezeit tritt nach dieser Bestimmung kraft Gesetzes ein; eine Verlängerung der Probezeit durch Richterspruch ist in einem solchen Fall nicht vorgesehen (EvBl 1990/166).

Da sich die gesetzwidrige Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre zum Nachteil des Angeklagten auswirkte, war ein Vorgehen des Obersten Gerichtshofes nach § 292 letzter Satz StPO geboten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte