Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Cornelia Theresia H***** (in der Anklageschrift und im Urteil unrichtig: H*****) des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Darnach hat sie am 10.Jänner 1994 in S***** fremde bewegliche Sachen, nämlich Kosmetikartikel im Gesamtwert von 246,70 S den Berechtigten des Drogeriemarktes mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie bei ihrer Betretung auf frischer Tat dadurch, daß sie Andrea K***** einen heftigen Stoß versetzte, Gewalt gegen eine Person anwendete, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten.
Lediglich die rechtliche Beurteilung der Tat als räuberischen Diebstahl nach § 131 StGB bekämpft die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Mit der Behauptung, die angenommene Verbrechensqualifikation sei in subjektiver Hinsicht nicht verwirklicht, weil die Beschwerdeführerin sich wegen ihrer im Auto zurückgebliebenen Kinder, bei denen zu befürchten war, sie würden das Fahrzeug verlassen, nach der Tatbetretung geweigert hatte, mit ins Büro zu kommen, sie sei in einer Panikreaktion geflüchtet und habe keinen klaren Entschluß fassen können, es sei ihr nicht ernstlich darum gegangen, Waren im Wert von bloß 250 S unbedingt in ihrem Besitz erhalten zu wollen, sie habe gar nicht an die Möglichkeit gedacht, die Beute zurückzulassen, sie sei mit der Beute geflüchtet, ohne den Vorsatz gehabt zu haben, sich diese zu erhalten, zeigt die Nichtigkeitsbeschwerde keine rechtsfehlerhafte rechtliche Beurteilung eines festgestellten Sachverhaltes auf, sondern bekämpft nach Art und Zielsetzung einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung jene eingehenden, auf die Aussagen der Zeuginnen K***** und H***** gestützten beweiswürdigenden Ausführungen des Ersturteils, nach denen die Angeklagte keinen Vorschlag machte, die im PKW befindlichen Kinder vorerst versorgen zu wollen (US 9, 10), eine Panikreaktion der Beschwerdeführerin nicht angenommen wurde (US 10) sowie die Angeklagte bewußt mit der Beute flüchtete (um später - bei unbekanntem Verbleib der Beute mit höherer Erfolgschance - einen Diebstahl überhaupt leugnen zu können), wogegen damit zu rechnen war, daß das Kennzeichen ihres Kraftfahrzeuges festgestellt werden könnte und bei Zurücklassen der Beute der Diebstahl evident sei und damit eine erneute Abstrafung wegen Diebstahls unvermeidlich wäre (US 11).
Sofern die Beschwerdeführerin die Feststellung bekämpft, sie hätte schon mit Diebstahlsvorsatz das Geschäft betreten, ist ihr zu erwidern, daß dieser Einwand keinen für die Unterstellung der Tat unter das Strafgesetz oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes entscheidenden Umstand betrifft; genügt doch auch ein erst im Geschäft gefaßter Diebstahlsvorsatz.
Im übrigen ist auch die bekämpfte Annahme des Erstgerichtes auf Grund der Tatsache, daß die Angeklagte nichts gekauft und die Diebsbeute sofort in der Brusttasche ihrer Jacke versteckt hat, in Verbindung mit dem Versuch, die Kassierin in ein Gespräch über bestimmte Windeln zu verwickeln, mit den Denkgesetzen vereinbar. Auch insoweit versucht die Beschwerdeführerin lediglich, die Urteilsfeststellungen durch eine ihr genehmere Sachverhaltsvariante zu ersetzen.
Im bisher behandelten Umfang geht die Rechtsrüge somit nicht - wie es erforderlich wäre - von den erstinstanzlichen Feststellungen aus und ist daher nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.
Von den Urteilsfeststellungen geht sie allerdings insoweit aus, als sie vorbringt, räuberischer Diebstahl sei nicht gegeben, weil sich die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Gewaltanwendung noch im Geschäftslokal befunden habe, die letzte Gewahrsamsschranke (der Beauftragten des Drogeriemarktes) noch nicht überwunden gewesen sei und sie somit noch nicht die ausschließliche Herrschaft über die Sachen erlangt habe.
Diese Ausführungen folgen zwar der in einem Teil der Lehre (Leukauf-Steininger Komm3 § 131 RN 3, Kienapfel BT II3 § 131 Rz 8 ff) vertretenen Rechtsansicht, wonach die formelle Vollendung des Diebstahls Voraussetzung für dessen Qualifikation als räuberisch iSd § 131 StGB ist. Sie übersehen indes, daß die - nach der Gewaltanwendung mit der Beute flüchtende - Angeklagte auf der Basis dieser Rechtsansicht Raub nach § 142 Abs 1 StGB - von bloß unerheblicher Gewalt iSd § 142 Abs 2 StGB könnte nach den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen nicht gesprochen werden - zu verantworten hätte, mithin ein mit einem strengeren Strafsatz pönalisiertes Delikt als jenes, dessentwegen sie verurteilt wurde (Leukauf-Steininger aaO RN 3 und 5, Kienapfel aaO Rz 11). Unter diesem Aspekt fehlt es der Angeklagten daher an einer Beschwer (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 282 E 1).
Schon aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 1 und 2 StPO).
Demnach sei nur noch am Rande darauf hingewiesen, daß nach der neueren Rechtsprechung und einem Teil der Lehre § 131 StGB schon anwendbar ist, wenn der Dieb bloßen Mitgewahrsam an der Beute begründet hat - wie hier durch Einstecken der Sachen in eine Jackentasche unter Beobachtung durch eine Verkäuferin - und somit (zum Zeitpunkt der Gewaltanwendung im Bereich der Ausgangstür, jedoch noch innerhalb des Verkaufslokals) die Sachwegnahme noch in der Entwicklungsstufe des Versuchs lag (s Judikatur- und Literaturnachweise bei Leukauf-Steininger aaO RN 4).
Die Entscheidung über die Berufung fällt in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz (§ 285 i StPO).
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