OGH 6Ob571/94

OGH6Ob571/949.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg.Gen.m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Hellfried Stadler, Rechtsanwalt in Mistelbach, wider die beklagte Partei Peter G*****, vertreten durch Dr.Hermann Heller, Rechtsanwalt in Wien, wegen restl. 99.922,24 S samt Nebenforderungen, infolge Revision der beklagten Partei gegen das zum Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 26.August 1993, GZ 5 Cg 31/92-9, ergangene Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 21.Februar 1994, AZ 14 R 257/93(ON 13), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 6.086,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 1.014,40 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ließ sich durch einen hiezu beauftragten Polier den Keller für ein Wochenendhaus errichten, vereinbarte mit seinem Vertragspartner einen Pauschalpreis von 555.000 S und bevollmächtigte den Polier dabei, die für die Bauausführung benötigten Baumaterialien auf seinen Namen zu kaufen.

Der vom Beklagten solcherart bevollmächtigte Polier kaufte bei der örtlichen Lagerhausgenossenschaft im Namen des Bauherrn Baukalk, Zement, Baustahl, Gitter, Kellerfenster, Putz- und Isoliermaterial und anderes für den Kellerbau benötigtes Material. Die Lagerhausgenossenschaft folgte die gekaufte Ware teils dem Polier aus, teils stellte sie sie an die Baustelle zu. Liefer- und Gegenschein stellte sie jeweils ebenso wie dann die Rechnungen auf den Namen des Beklagten aus. Dieser beglich auch die ihm zugesandten Rechnungen jeweils ohne Verzug. Überdies leistete der Beklagte wiederholt Zahlungen an den Polier. Ende Mai 1989 stellte der Beklagte fest, daß er insgesamt bereits fast 60.000 S mehr als den vereinbarten Pauschalpreis bezahlt habe, die Arbeiten am Keller aber entgegen den Erklärungen des Poliers noch nicht fertiggestellt waren.

Der Beklagte vereinbarte daraufhin mit dem Polier, daß dieser eine mit 31.Mai 1989 datierte, an den Beklagten adressierte Rechnung der Lagerhausgenossenschaft (über Baumateriallieferungen) ebenso wie alle künftigen Rechnungen für Baumaterialien, die der Polier namens des Beklagten bei der Lagerhausgenossenschaft oder anderen Lieferanten bestellen sollte, bezahle. Der Polier bestätigte diese Vereinbarung auf einer mit 1.Juni 1989 datierten Urkunde.

Auf die Zusendung eines die Lieferungen im zweiten Halbjahr 1988 und im ersten Halbjahr 1989 erfassenden Kontoauszuges hin ersuchte der Beklagte die Lagerhausgenossenschaft um Zusendung von 9 Belegen und fügte wörtlich hinzu:

"Betreffend die Rechnungen

1567 v. 31.5.89 über 86.252,22

1867 v. 28.6.89 über 13.178,40

teile ich Ihnen mit, daß diese vom Polier meiner Baustelle, Herr..., direkt bezahlt werden, siehe beiliegende Vereinbarung.

Weiters bitte ich Sie alle zukünftig ausgefolgten Waren, die von Herrn...unter Hinweis auf meine Baustelle bezogen werden, an diesen direkt zu verrechnen."

Die diesem Schreiben in Kopie angeschlossene Bestätigung des Poliers lautete wörtlich:

"Hiemit bestätige ich die zwischen Herrn..." (Beklagten) "... und mir

getroffene Vereinbarung die Rechnung No.1567 vom 31.5.89 des...

Lagerhauses... zu bezahlen.

Diese Vereinbarung gilt auch für alle zukünftigen Rechnungen - auch

von anderen Lieferanten - bei denen Waren bzw Baumaterial von mir auf

den Namen von Herrn..." (Beklagten) "... bestellt werden."

Noch vor dem Erhalt dieses Schreibens hatte die Lagerhausgenossenschaft im Sinne von Bestellungen, die der Polier namens des Beklagten getätigt hatte, außer den in der Rechnung Nr.1567 vom 31.5.89 aufgelisteten Waren auch die in der Rechnung Nr.1867 vom 28.6.89 und die in der Rechnung Nr.50 vom 31.7.89 angeführten Waren zum angemessenen Preis von zusammen 119.922,24 S geliefert.

Im Anschluß an seine Zeugenvernehmung im anhängigen Rechtsstreit bot der Polier dem Klagevertreter eine Teilzahlung von 20.000 S an, die dieser unpräjudiziell seines Prozeßstandpunktes annahm, worauf die Klägerin ihr Begehren um den Betrag der Teilzahlung einschränkte.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten den Betrag der offenen Rechnungen über die vom Polier namens des Beklagten bestellten und ausgelieferten Waren.

Der Beklagte wendete ein, die Klägerin habe der von ihm mit dem Polier vereinbarten Schuldübernahme durch eine fernmündliche Erklärung eines in ihrer Buchhaltung tätigen Angestellten, mit dem Inhalt der zwischen dem Beklagten und dem Polier geschlossenen Vereinbarung einverstanden zu sein und den offenen Betrag dem Polier in Rechnung zu stellen und bei ihm einbringlich zu machen, ausdrücklich zugestimmt. Die Klägerin habe in der Folge tatsächlich versucht, die offenen Rechnungsbeträge beim Polier einbringlich zu machen und damit zumindestens schlüssig einer privativen Schuldübernahme durch den Polier zugestimmt.

Das vom Beklagten in seinen Einwendungen behauptete Telefongespräch nahm das Prozeßgericht erster Instanz nicht als erwiesen an.

Das Prozeßgericht erster Instanz wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne des (eingeschränkten) Klagebegehrens ab. Dazu sprach das Berufungsgericht aus, daß eine Revisionszulässigkeitsvoraussetzung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vorliege.

Während das Prozeßgericht erster Instanz in rechtlicher Beurteilung die Versuche der Klägerin, die offenen Rechnungsbeträge beim Polier einzutreiben, als eine schlüssige Einwilligung zu der ihr Anfang August 1989 schriftlich mitgeteilten Vereinbarung über eine nur als privativ zu verstehende Schuldübernahme durch den Polier und damit als Entlassung des Beklagten aus seiner Haftung wertete, verneinte das Berufungsgericht nach den festgestellten Umständen die Stringenz des Schlusses auf eine Entlassung des Beklagten aus seiner Haftung für die in seinem Namen bestellten Baumaterialien, wobei es die Eintreibungsversuche der Klägerin beim Polier lediglich als Entgegenkommen gegenüber einem Kunden und nicht als Einwilligung zur Ersetzung eines ihr als zahlungskräftig und zahlungswillig erscheinenden Schuldners durch einen solchen von entschieden minderer Bonität beurteilte.

Der Beklagte ficht das abändernde Berufungsurteil wegen qualifiziert unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Wiederherstellung des klagsabweislichen erstinstanzlichen Urteiles zielenden Abänderungsantrag an.

Die Klägerin strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Klägerin waren als gewerbsmäßiger Warenverkäuferin aus einer Mehrzahl von selbständigen, lediglich durch die Bauführung des Beklagten faktisch zusammenhängenden und von ihr als Verkäuferin voll erfüllter Warenkäufe Kaufschillingsforderungen erwachsen. Der Beklagte teilte hierauf der Klägerin seine mit dem - gewerberechtlich nicht befugten - Bauführer getroffene Vereinbarung mit, daß dieser eine nach Nummer und Ausstellungsdatum bezeichnete Rechnung ebenso wie alle künftigen Rechnungen bezahlen werde und ersuchte um entsprechende Vormerkung. Die Klägerin unternahm daraufhin ohne ausdrückliche Erklärung zu der ihr mitgeteilten Vereinbarung über die Zahlung offener Rechnungsbeträge durch den vom Beklagten bevollmächtigten Polier vergeblich gebliebene Versuche, die Rechnungsbeträge beim Polier einbringlich zu machen; daraufhin klagte sie den Warenbesteller.

Dessen Einwand, die Klägerin habe einer ihn befreienden Schuldübernahme durch seinen mit der Bauführung betrauten Polier schlüssig zugestimmt, hat das Berufungsgericht zu Recht als nicht stichhältig befunden:

Zur rechtsgeschäftlichen Ersetzung eines Schuldners durch einen anderen ist die Zustimmung des Gläubigers erforderlich. Diese Zustimmung kann auch schlüssig erfolgen, muß aber als schlüssige Willenserklärung den Erfordernissen des § 863 Abs 1 ABGB genügen. Dies wird im Fall einer Vertragsübernahme oder bei der Übernahme einer Einzelschuld im Zusammenhang mit einer Dauerrechtsbeziehung zum Gläubiger wegen dessen möglichen Interesses an der Aufrechterhaltung der Vertrags- oder sonstigen Beziehung im Einzelfall anders zu beurteilen sein, als im vorliegenden Fall eines vom Gläubiger bereits voll erfüllten Zielschuldverhältnisses, wo für den Gläubiger im Regelfall nur noch die Frage der Einbringlichkeit von Belang sein kann.

Bemühungen des Gläubigers, dem mitgeteilt wurde, daß er anstelle von seinem Schuldner von einem angeblich zahlungsbereiten Dritten Befriedigung erhalten soll, reichen in dem zuletzt erwähnten Fall, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, für sich allein nicht hin, um im Sinne des § 863 Abs 1 ABGB eine schlüssige Zustimmung zu einer den bisherigen Schuldner entlastenden Schuldübernahme durch einen neuen Schuldner anzunehmen (HS 9520 ua).

Ein unmittelbarer Anwendungsfall des § 362 Abs 1 HGB liegt

keinesfalls vor. Eine erweiterte Anwendung der Regelung auf die

Mitteilung eines Warenkaufpreisschuldners über die Übernahme der

Schuld durch einen Dritten scheiterte aber schon daran, daß vom

Beklagten nicht einmal behauptet wurde, derartige Erklärungen

(Anträge) seien in der Branche der Klägerin derart häufig, daß sich

eine Übung gebildet hätte, wie nach Treu und Glauben im Verkehr ein

Stillschweigen des Gläubigers auf die Mitteilung des Altschuldners

über eine Schuldübernahme von diesem aufzufassen wäre.

Der Revision war daher aus den im angefochtenen Berufungsurteil

dargelegten zutreffenden Gründen ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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