OGH 11Os63/94

OGH11Os63/947.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juni 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Würzburger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Werner W* wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a und b FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 22. Februar 1994, GZ 9 Vr 2476/93‑13, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Weiss, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Eduard Wegrostek zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0110OS00063.940000.0607.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Werner W* wird gemäß §§ 21 Abs 133 Abs. 5 FinStrG unter Bedachtnahme gemäß § 21 Abs. 3 und Abs 4 FinStrG auf das Erkenntnis des Finanzamtes Graz‑Stadt vom 5.März 1991, Straflistennummer 188/90 zu einer (Zusatz‑)Geldstrafe von 240.000,‑ S (zweihundertvierzigtausend Schilling) verurteilt. Gemäß § 20 FinStrG wird für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 2 (zwei) Monaten festgesetzt.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Werner W* des (Finanz‑)Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § "31" (richtig: 33) Abs 1 und Abs 2 lit a und b FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er in Graz vorsätzlich

1. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs‑ und Wahrheitspflicht durch Nichterklären von Umsätzen und Betriebseinnahmen für die Jahre 1989 und 1990 eine Verkürzung von Umsatz‑, Einkommen‑ und Gewerbesteuer von insgesamt S 778.182,‑- bewirkt,

2. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer "für den Zeitraum 1 bis 12/87, 1 bis 12/88, 1 bis 12/89 in Höhe von S 704.290,‑‑" bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten,

3. unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § "56" (richtig: 76) des Einkommensteuergesetzes 1972 (jetzt 1988) entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen von insgesamt S 189.231,‑- bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten hiefür nach §§ 21, 33 Abs 5 FinStrG eine Geldstrafe von S 100.000,‑- (für den Fall der Uneinbringlichkeit drei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) "als Zusatzstrafe gemäß §§ 31, 40 StGB zum Urteil AZ 9 Vr 2895/91 vom 28. (richtig: 25.) August 1992 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz".

Rechtliche Beurteilung

Die Staatsanwaltschaft ist mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde, mit der sie den Strafausspruch wegen gesetzwidriger Anwendung der §§ 31, 40 StGB aus der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO bekämpft, im Recht:

Mit dem zum AZ 9 Vr 2895/91 ergangenen Urteil war der Angeklagte nämlich des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer ‑ teilbedingten (§ 43 a Abs 2 StGB) - Freiheitsstrafe verurteilt worden.

§ 22 Abs 1 FinStrG sieht aber für den Fall des Zusammentreffens von Finanzvergehen mit gerichtlich strafbaren Handlungen anderer Art die Verhängung gesonderter Strafen vor (Strafenkumulierung).

Das Erstgericht hat somit im vorliegenden Fall zwar zusätzlich zu der wegen § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB im Verfahren zum AZ 9 Vr 2895/91 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz ausgesprochenen Freiheitsstrafe für die nunmehr zur Aburteilung gelangten Finanzvergehen eine Geldstrafe verhängt, dabei aber gesetzwidrig die Bestimmungen der §§ 31 und 40 StGB angewendet. Eine Bedachtnahme auf frühere Abstrafungen (Zusatzstrafe), ist jedoch nur getrennt, nämlich bei Finanzvergehen einerseits (gemäß § 21 Abs 3 und Abs 4 FinStrG) und sonstigen gerichtlichen Straftaten andererseits (gemäß § 31 StGB) möglich. Wegen des beim Zusammentreffen von Finanzvergehen mit anderen gerichtlich strafbaren Handlungen geltenden Kumulierungsgrundsatzes ist eine wechselseitige Rücksichtnahme auf zeitlich nach der nunmehr zu ahndenden Tat erlittene Bestrafungen bzw die Verhängung von Zusatzstrafen zu Strafen betreffend die jeweils andere Deliktsgruppe nicht zulässig (Dorazil‑Harbich Komm § 22 FinStrG Anm 6, vgl auch E 4).

Dieser Verstoß gegen die Bestimmung des § 22 Abs 1 FinStrG bewirkt Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher der Strafausspruch zu kassieren und die Strafe neu zu bemessen.

Dabei war gemäß § 21 Abs 3 und Abs 4 FinStrG auf das rechtskräftige Erkenntnis des Finanzamtes Graz‑Stadt vom 5.März 1991, Straflistennummer 188/90, Bedacht zu nehmen, mit welchem über den Angeklagten wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG eine Geldstrafe von 35.000 S, im Uneinbringlichkeitsfall drei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt worden war.

Ausgehend davon und unter Berücksichtigung der vom Schöffengericht im wesentlichen zutreffend erfaßten Strafzumessungsgründe erachtete der Oberste Gerichtshof eine Geldstrafe von 240.000 S, für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Monaten (als Zusatzstrafe) für tatschuldgerecht.

Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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